Viele Medikamente begünstigen Demenz – das sollten Patienten wissen

Es ist bekannt, dass Demenz häufig eine Folge des Alterns ist. Manchmal kann sie aber auch durch Medikamente verursacht werden. Am bekanntesten sind Anticholinergika, manche Antidepressiva oder Mittel gegen Sodbrennen.
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Demenz ist nicht immer nur eine Folge des Alterns. Auch die Einnahme von bestimmten Medikamenten kann eine Rolle spielen.Foto: iStock
Von 21. Februar 2024

Mehrere Medikamentengruppen erhöhen das Demenzrisiko. Die bekanntesten sind Anticholinergika, Antiepileptika, Krebsmedikamente, Beruhigungsmittel und seit einigen Jahren auch Antidepressiva. Sie werden vor allem älteren Menschen verschrieben.

Die durch Medikamente ausgelöste Demenz ist reversibel. Das unterscheidet sie von den üblichen neurodegenerativen Erkrankungen, so der verstorbene Neurologe und Neurochirurg Dr. K.K. Jain.

Medikamente als Auslöser von Demenz

Der Psychiater Dr. Peter Breggin, der mehrere Bücher über Psychopharmakologie veröffentlicht hat, erklärte gegenüber The Epoch Times, dass die meisten auf dem Markt befindlichen Medikamente ein gewisses Maß an Neurotoxizität aufweisen, was zu kognitiven und neurologischen Nebenwirkungen führen kann.

Nicht bei jedem haben diese Medikamente nervenschädigende Wirkungen, obwohl ältere Menschen und solche mit Hirnschäden anfälliger sind.

Aufgrund der Krankheiten, die im Alter auftreten, und der Medikamente, die zur Behandlung der verschiedenen Symptome verschrieben werden, sind ältere Menschen am ehesten von der Verordnung von Arzneimitteln betroffen, die ihre kognitiven Fähigkeiten beeinträchtigen.

Die in der Literatur bekannteste Medikamentenklasse, die Demenz auslösen kann, sind die Anticholinergika. Sie blockieren die Freisetzung von Acetylcholin. Bereits 1977 zeigten Experimente mit dem Anticholinergikum Scopolamin, dass junge medizinische Probanden in den Zwanzigern 40 Minuten nach der Verabreichung des Medikaments demenzähnliche Symptome entwickelten und sich schlechter an gerade Gelerntes erinnerten.

Anticholinergika blockieren auch autonome Muskelbewegungen und verschiedene Körperfunktionen und werden häufig bei Krämpfen und Spasmen verschiedener Organe verschrieben. Sie dienen auch als Beruhigungsmittel.

So sind beispielsweise viele Medikamente, die zur Behandlung der Parkinsonkrankheit verschrieben werden, um Zittern und plötzliche Bewegungen bei den Patienten zu verhindern, mit einem Demenzrisiko verbunden, weil sie Acetylcholin im Gehirn blockieren. Acetylcholin ist ein Neurotransmitter, der auch die kognitive Funktion unterstützt.

Der Neurowissenschaftler Dayan Goodenowe, der in Medizin und Psychiatrie promoviert hat, erklärte in der Epoch TV-Sendung „Vital Signs“, dass das Acetylcholin-System das gleiche System ist, das die Wahrnehmung und Beweglichkeit steuert, zwei wichtige Funktionen, die bei Demenz beeinträchtigt sind.

Wenn Nervenzellen nicht mehr in der Lage sind, Acetylcholin freizusetzen, sei es aus Altersgründen oder durch die Wirkung von Medikamenten, wird ihr Kontakt zu anderen Nervenzellen reduziert. Die Nervenzellen und das Gehirn beginnen zu schrumpfen.

Dies wurde auch in einer Studie von Shannon Risacher, Professorin für medizinische Neurowissenschaften an der Indiana University, beobachtet. Sie fand heraus, dass Menschen, die Anticholinergika einnehmen, eine stärkere Schrumpfung des gesamten Gehirnvolumens aufweisen.

„Von der Einnahme von Medikamenten mit signifikanter anticholinerger Wirkung sollte bei älteren Erwachsenen wahrscheinlich abgeraten werden, wenn alternative Therapien zur Verfügung stehen“, schrieben Risacher und ihre Mitautoren in einer Studie im medizinischen Onlinedienst „JAMA Neurology“.

Beispiele für anticholinerge Medikamente sind Diphenhydramin (der Wirkstoff von Vivinox, Halbmond in Deutschland, Benocten in der Schweiz oder Noctor und Calmaben in Österreich), sowie Parkinson-Medikamente wie Benzatropin (Handelsname Cogentin) und Trihexyphenidyl (Handelsname Akineton, Artane).

Da Acetylcholin mit zunehmendem Alter natürlicherweise abnimmt, haben Goodenowe und sein Team versucht, Therapeutika zu finden, die den Acetylcholinspiegel des Gehirns erhöhen, ohne die allgemeine Gehirnfunktion zu beeinträchtigen.

Antidepressiva, andere Medikamente und Polypharmazie

Auch Antidepressiva, Antiepileptika, schlaffördernde Beruhigungsmittel und Opioide erhöhen nachweislich das Demenzrisiko. Zusammen mit den Parkinson-Medikamenten sind sie alle psychoaktiv.

Die Hauptfunktion von Antidepressiva besteht darin, die Wirkung der Neurotransmitter wie Serotonin oder Noradrenalin zu verstärken. Allerdings haben diese Medikamente auch starke anticholinerge Eigenschaften und können, wenn sie zusammen mit anderen Anticholinergika eingenommen werden, die Gesamtbelastung erhöhen und möglicherweise Nebenwirkungen wie Delirium und Demenz hervorrufen.

Älteren Menschen mit Demenz werden häufig Antidepressiva, Antiepileptika und Beruhigungsmittel verschrieben, um mögliche Depressionen und Aggressionen zu behandeln.

Dr. Breggin wies jedoch auf die Ironie hin, dass die Medikamente, die den Patienten verschrieben werden, um diese Zustände zu lindern, ihre Krankheit verschlimmern können.

Auch Medikamente, die nicht zu den Psychopharmaka zählen, wurden mit Demenz in Verbindung gebracht.

Histaminblocker vom Typ 1 (H1) – zum Beispiel in Cetirizin und Loratadin – die zur Behandlung von Allergien verschrieben werden, erhöhen bei manchen Menschen nachweislich das Demenzrisiko. Im Vergleich zu Histaminblockern vom Typ 2 (H2) – zum Beispiel in Cimetidin, Famotidin, Ranitidin – können einige H1-Blocker die Blut-Hirn-Schranke überwinden und die Freisetzung von Acetylcholin verhindern.

Darüber hinaus kann die Verschreibung mehrerer Medikamente an einen Patienten – eine Praxis, die als Polypharmazie bekannt ist – zu kumulativen unerwünschten Wirkungen führen.

„Ob ein Patient eine kognitive Beeinträchtigung entwickelt, wenn ihm ein bestimmtes Medikament mit anticholinergen Eigenschaften verschrieben wird, ist nicht vorhersehbar und hängt von Faktoren wie der Begleitmedikation ab, die ebenfalls anticholinerge Wirkungen haben kann“, schreiben Dr. Alan Moore und Shaun O’Keefe, Professoren für geriatrische Medizin, in ihrem Artikel über medikamenteninduzierte neurologische Effekte.

„Studien deuten darauf hin, dass oft die Gesamtbelastung durch anticholinerge Medikamente für die Entwicklung eines Delirs ausschlaggebend ist und nicht ein einzelner Wirkstoff.“

Das komplexe Gehirn

Während viele der auf dem Markt befindlichen Psychopharmaka versuchen, das Gehirn zu „reparieren“, bleibt es doch weitgehend ein Rätsel, wie das Organ im Normalfall funktionieren soll.

Psychopharmaka werden oft verschrieben, um chemische Ungleichgewichte im Gehirn zu korrigieren, aber die Forscher wissen nicht, wie der Normalzustand des Gehirns wirklich aussieht, wie Avram Holmes, Professor an der Yale University, in seinem Kommentar von 2018 über den „nicht definierten Normalzustand“ des Gehirns darlegte.

„Es gibt Hunderte von Neurotransmittern, die wir nicht kennen, und vielleicht tausende Botenstoffe“, sagte Dr. Breggin. „Wir haben nur ein paar, die stark von Psychopharmaka beeinflusst werden, und [diese] können wir untersuchen, weil die Pharmaunternehmen dafür bezahlen.“

Dr. Breggin argumentiert, dass Psychopharmaka, die biochemische Ungleichgewichte im Gehirn beheben sollen, das Gehirn in Wirklichkeit noch mehr aus dem Gleichgewicht bringen.

Als Beispiel nannte er die SSRI, die den Serotoninspiegel erhöhen, indem sie den Abbau von Serotonin blockieren.

Dr. Breggin hat beobachtet, dass das Gehirn während der Einnahme des Medikaments zwei Veränderungen erfährt: Zum einen wird die Serotoninproduktion reduziert, zum anderen wird aber auch die Leistung des Serotoninabbausystems verringert.

Dieser Artikel erschien im Original auf theepochtimes.com unter dem Titel: „Several Common Drugs Are Linked to Dementia“ (deutsche Bearbeitung jw)



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