Eigentlich sind wir Menschen von Grund auf großzügig
Großzügigkeit und Gerechtigkeit sind unbezahlbare, wertvolle Charaktermerkmale einer ausgeglichenen Persönlichkeit. Neueren Forschungsergebnissen zufolge sind sie jedoch keineswegs schwer zu erlernen. Forscher der Tamagawa Universität in Tokio haben jetzt entdeckt, dass Großzügigkeit oder das Bedürfnis nach Fairness in jedem Menschen angelegt sind und auf der Aktivierung eines Gehirnbereiches beruhen, der Intuition und Emotion kontrolliert.
Die Neuroökonomin Carolyn Declerck von der Universität Antwerpen sagte gegenüber New Scientist, dass auch ihre noch nicht veröffentlichten Ergebnisse zeigten, dass so genannte prosoziale Menschen tatsächlich von einem Sinn für Moral angetrieben werden und instinktiv kooperieren wollen. Neuropsychologen bezeichnen jene Menschen als prosoziale Persönlichkeiten, die es in einer Situation vorziehen, gerecht zu teilen und keinen größeren Anteil für sich selbst reservieren wollen. Im Gegensatz dazu stehen die als Individualisten bezeichneten Menschen, die beim Teilen mehr an sich denken. Alle bisherigen Untersuchungen und Bildgebungen hätten ergeben, dass die untersuchten Personen wirklich primär kooperierten.
Mandelkern nennt sich der entsprechende Gehirnbereich, der eine wichtige Rolle bei der emotionalen Bewertung von Situationen hat. Er befindet sich im linken und rechten Schläfenlappen der Großhirnrinde. Bei Patienten, die eine Schädigung im Bereich des Mandelkerns aufweisen, ist das Erleben von Gefühlen grundlegend verändert. Außerdem haben diese Patienten die Fähigkeit zum Empfinden von Aggressivität verloren und können sich in vielen lebensgefährlichen Situationen nicht mehr durch Abwehrreaktionen schützen.
Selbstloses Handeln ist ein Automatismus des Menschen
Im Bereich der Neuropsychologie gibt es dementsprechend eine Theorie, nach der Menschen von einem grundlegenden Trieb der Selbsterhaltung angetrieben werden. Laut dieser Theorie ist die Natur des Menschen ich-bezogen, egoistisch. Doch Haruno hat kürzlich Untersuchungen zur Klärung der Frage eingeleitet, ob Menschen nicht vielmehr eine „automatische Abneigung“ gegen Ungerechtigkeiten haben. Diese Forschungsergebnisse unterlegen nun, dass der Mensch automatisch die Tendenz hat, selbstlos zu handeln.
Doch woher kommt es, dass es vielen Menschen auch an Festtagen nicht gelingt, großzügig zu sein? Einer der Gründe spiegelt sich in der modernen Lebensweise wider. Haruno plant in einem nächsten Schritt, Forschungen über die Ursachen für diesen Unterschied einzuleiten. Erwiesen ist bereits, dass Erfahrungen und Umwelteinflüsse während der Kindheit eine wesentliche Rolle spielen.
Erfahrungen und Umwelteinflüsse während der Kindheit
Es ist ein bekanntes Problem, dass ein Teil der Kinder in zerrissenen Kleinfamilien mit nur einem Elternteil und ohne Geschwister aufwachsen. Zudem erfahren Kinder oft einen Überfluss an eigenen Sachen wie ein eigenes Zimmer, eigene Spielsachen oder übertrieben viel Aufmerksamkeit. Man kann nicht sagen, dass all diese Faktoren von Nachteil für das Kind wären, die Betonung liegt auf einem Ebenmaß an Liebe und Individualität.
Durch diese wie auch durch andere Faktoren, wie ein unruhiges Familienmilieu, kann das Kind eine Neigung entwickeln, mehr und mehr selbstbezogen zu denken und schließlich auch zu handeln. Leider bleiben die konkreten Entwicklungsschritte, die zu einem prosozialen oder individualistischen Charakter führen, bei diesen wissenschaftlichen Untersuchungen im Dunkeln.
Messung der Gehirnaktivität im Untersuchungslabor
Den genauen Ablauf der Studie hat Haruno in dem Fachjournal „Nature Neuroscience“ veröffentlicht. Er untersuchte die Gehirnaktivität von 25 prosozialen und 14 individualistischen Probanden. Die Probanden wurden zuvor mit Hilfe eines Verhaltenstests in die jeweilige Gruppe eingeteilt. Während der Untersuchung sollten die Probanden Geldverteilungen zwischen sich und anderen imaginären Menschen vornehmen. Auffallend war, dass sich bei der Gruppe der prosozialen Probanden eine starke Aktivität im Mandelkern zeigte, wenn sie während des Tests mit einer ungerechten Geldverteilung konfrontiert wurden.
Die Forscher bezogen auch die gegenläufige Hypothese in ihr Projekt mit ein. Nach dieser Hypothese ist der Selbsterhaltungstrieb des Menschen vorherrschend. Nur durch die Unterdrückung dieses Selbsterhaltungstriebes kann er selbstlose Entscheidungen fällen. In einem zweiten Test gaben die Forscher den Probanden gleichzeitig zusätzliche Gedächtnisaufgaben, um sie von den eigentlichen Aufgaben abzulenken. Der Hypothese zufolge müsste es nun dem Gehirn wegen der Ablenkung weniger gut gelingen, den Selbsterhaltungstrieb zu unterdrücken. Doch in den Versuchsergebnissen konnte kein Unterschied festgestellt werden. Diese Ergebnisse liefern einen weiteren Hinweis darauf, dass beim Menschen die Tendenz zu Gerechtigkeit und Großzügigkeit natürlich und vorherrschend ist.
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