Was passiert, wenn man täglich zwei Dutzend Eier isst? Selbstversuch klärt auf

Harvard-Medizinstudent Nick Norwitz führte ein auffälliges Selbstexperiment durch, bei dem er einen Monat lang täglich 24 Eier aß und seinen Cholesterinspiegel beobachtete.
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Selbstversuch mit Eiern: Wie ein Medizinstudent die personalisierte Forschung mit einem ungewöhnlichen Experiment vorantreibt.Foto: AlexPro9500/ iStock
Von 14. Oktober 2024

Nick Norwitz, Medizinstudent an der Universität Harvard und promovierter Physiologe der Universität Oxford, erregte kürzlich mit einem Selbstexperiment öffentliche Aufmerksamkeit. Einen Monat lang konsumierte er insgesamt 720 Eier – im Durchschnitt 24 Stück pro Tag – und stellte dabei einen bemerkenswerten Rückgang seines LDL-Cholesterinspiegels um 18 Prozent fest, des sogenannten „schlechten Cholesterins“.

Norwitz hatte jedoch nicht die Absicht, eine extreme Eierdiät zu propagieren, die auf lange Sicht wohl nicht empfehlenswert wäre. Auch stellte sein Experiment keine bahnbrechende wissenschaftliche Neuerung dar, da bereits nachgewiesen wurde, dass diätetisches Cholesterin den Blutcholesterinspiegel bei den meisten Menschen nicht signifikant beeinflusst.

Dennoch ging die Geschichte viral und wurde von vielen als Ermutigung interpretiert, mehr Eier zu konsumieren. Dabei war die eigentliche Botschaft des Experiments weitaus tiefgehender und ging über bloße Ernährungsempfehlungen hinaus.

Ernährungsforschung im Alltag

Norwitz’ Experiment spiegelt einen wachsenden Trend in der Wissenschaft wider: Sowohl Einzelpersonen als auch Forscher wenden sich zunehmend personalisierten, praxisnahen Experimenten zu, die oft als N=1-Studien bezeichnet werden, um drängende gesundheitliche Fragen zu beantworten.

Die Idee, über einen Monat täglich zwei Dutzend Eier zu essen, diente als anschauliches Beispiel, um einem breiten Publikum ein komplexes ernährungsphysiologisches Phänomen verständlich zu machen – und dabei auch noch das Interesse zu wecken.

Dieser Ansatz signalisiert eine Abkehr von der traditionellen Forschung und bietet der Medizin eine neue Möglichkeit, mit der Öffentlichkeit in Dialog zu treten und Menschen dazu zu ermutigen, eine aktivere Rolle in der Verantwortung für ihre Gesundheit zu übernehmen.

„Dieses Video handelt nicht primär von Eiern. Es ist vielmehr ein soziales Experiment und eine Übung zur Selbstreflexion – sowohl für mich als auch für Sie“, erklärte Norwitz in einem Interview mit der Epoch Times. Dabei stellte er klar, dass sein gesenkter Cholesterinspiegel durch den Verzehr von Eiern keineswegs eine allgemeingültige Schlussfolgerung darstellt. Insbesondere sogenannte Hyperresponder, deren Cholesterinwerte nach dem Konsum von Nahrungscholesterin stark ansteigen, könnten andere Ergebnisse erleben.

Genau hier liegt der Kern des Experiments: Es geht darum, herauszufinden, welche Ansätze individuell am besten funktionieren.

Die Grenzen traditioneller Forschung

Seit Jahrzehnten gelten randomisierte kontrollierte Studien (RCTs) als der Goldstandard, um die Wirksamkeit von Medikamenten, medizinischen Geräten und chirurgischen Verfahren zu ermitteln. Diese Studien konzentrieren sich jedoch auf Durchschnittswerte großer Bevölkerungsgruppen.

Obwohl RCTs wesentlich zur Entwicklung verbesserter Behandlungen beigetragen haben, übersehen sie häufig entscheidende individuelle Unterschiede. Zum Beispiel könnte ein Mensch, der unter Stress steht oder sich ungesund ernährt, ganz anders auf eine Behandlung reagieren als jemand, der regelmäßig Sport treibt und auf eine ausgewogene Ernährung achtet.

Diese „Einheitslösung“ offenbart die Schwächen traditioneller Forschung bei der Entdeckung komplexer Zusammenhänge in Bezug auf individuelle Gesundheit. Oft werden Menschen Therapien verschrieben, die sich zwar in der breiten Bevölkerung als wirksam erwiesen haben, jedoch möglicherweise nicht optimal zu ihrer einzigartigen Biologie passen.

„Was dabei verloren geht, ist die Berücksichtigung von Spezifität und Individualität“, bemerkte Norwitz. Infolgedessen profitieren oft nur kleine Teile der Bevölkerung von den aus diesen Studien hervorgehenden Behandlungsansätzen, wie etwa Medikamente zur Senkung des Cholesterins oder zur Kontrolle des Blutzuckerspiegels.

Besonders auffällig wird dieses Problem im Bereich der metabolischen Gesundheit. Weniger als 12 Prozent der amerikanischen Bevölkerung gelten als metabolisch gesund. Krankheiten wie Adipositas (Fettleibigkeit) und Typ-2-Diabetes reagieren sehr unterschiedlich auf therapeutische Maßnahmen, abhängig von genetischen Faktoren und Lebensgewohnheiten.

Viele der meistverkauften Medikamente helfen, auch wenn sie bei einigen Patienten wirksam sind, nur einem von vier Patienten. Dies lässt die Mehrheit ohne zufriedenstellende Lösung zurück, so Norwitz.

Norwitz ist überzeugt, dass die Zukunft der medizinischen Forschung in einer stärker individualisierten Herangehensweise liegt.

N=1-Wissenschaft: Ein individualisierter Ansatz

Die N=1-Wissenschaft, auch als personalisierte Forschung bekannt, beschreibt Experimente mit nur einem einzigen Teilnehmer und stellt eine Alternative zur traditionellen, bevölkerungsbasierten Forschung dar. Anstatt allgemeine Schlussfolgerungen aus großen Stichproben zu ziehen, konzentrieren sich N=1-Studien auf das Individuum. Dies ermöglicht es, gezielt zu untersuchen, wie spezifische Interventionen die Gesundheit eines einzelnen Menschen beeinflussen.

„N=1 ist die Zukunft“, erklärt Michael Snyder, führender Professor für Genetik an der Stanford University School of Medicine, in einer E-Mail an Epoch Times. „Wir sind alle verschieden, und dank moderner Technologien können wir heute eine Fülle von Daten über eine einzelne Person sammeln, um äußerst präzise Empfehlungen zu geben“, fügt er hinzu.

Indem persönliche Gesundheitsparameter wie Blutzucker, Cholesterin oder Körpergewicht überwacht werden, können Menschen den Einfluss von Interventionen – sei es eine Ernährungsumstellung, ein neues Trainingsprogramm oder die Einnahme von Medikamenten – auf ihre individuelle Gesundheit beobachten und bei Bedarf anpassen.

Ein praktisches Beispiel hierfür wäre jemand, der an einem Reizdarmsyndrom (IBS) leidet. Durch den schrittweisen Verzicht auf bestimmte Lebensmittel, die als Auslöser gelten, und das systematische Beobachten von Symptomen wie Blähungen oder Unwohlsein, könnte der Betroffene herausfinden, welche Nahrungsmittel oder Gewohnheiten seine Beschwerden lindern oder verschlimmern. Diese Erkenntnisse würden dann eine gezielte Anpassung der Lebensweise ermöglichen.

Snyder betonte die Wichtigkeit, die individuellen Gesundheitsgrundwerte zu kennen, um frühzeitig potenzielle gesundheitliche Probleme zu erkennen oder das allgemeine Wohlbefinden zu optimieren. „Langfristige, kontinuierliche Daten sind von zentraler Bedeutung“, merkte er an.

Dieser Artikel ersetzt keine medizinische Beratung. Bei Gesundheitsfragen wenden Sie sich bitte an Ihren Arzt oder Apotheker.
Zuerst erschienen auf theepochtimes.com unter dem Titel „Harvard Med Student Eats 720 Eggs in 30 Days, Highlighting a Trend in N=1 Science“. (deutsche Bearbeitung kr)



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