Erkältete Familien: Oft kursieren mehrere Erreger gleichzeitig
Erst läuft dem kleinen Bruder die Nase. Dann niesen Vater und Schwester. Schließlich fesseln Husten und Schnupfen auch noch die Mutter ans Bett. Kaum ist sie wieder gesund, geht das Ganze von vorne los. Dr. Claudius Meyer vom Universitätsklinikum Mainz interessiert, warum Erkältungen in der kalten Jahreszeit derart grassieren. Wer steckt sich bei wem an? Welche Erreger sind es, die ganze Familien lahm legen? Welche Keime kursieren zu welcher Jahreszeit? Meyer hat knapp 50 Familien untersucht und ihnen immer wieder während einer langen Erkältungssaison Abstriche aus Rachen und Nase entnommen. Die Ergebnisse überraschten ihn. So kursieren in den Familien mehrere verschiedene Viren gleichzeitig, und zwar mehr als erwartet. Meyer: „Wenn ein Kind drei Wochen lang Husten und Schnupfen hat, denkt man ja meistens, die Erkältung ziehe sich dieses Mal eben etwas länger hin. Nach unseren Ergebnissen könnte das Kind in dieser Zeit aber eher mehrere verschiedene Infekte hintereinander durchmachen.“ Unangenehme Konsequenz: Auch die anderen Familienmitglieder können sich mit weiteren Erregern anstecken. Meyer: „Das heißt, selbst wenn Mutter und Vater aufgrund einer früheren Infektion gegen einen der Erreger immun sind, kann ein anderer sie sehr wohl erwischen.“ Zudem hinterlassen einige der häufigeren Atemwegsinfektionen keine bleibende Immunität – auch das zeigt die Mainzer Studie. Das Immungedächtnis gegen den jeweiligen Erreger sinkt oft schon nach ein paar Monaten drastisch ab. Der Immunschutz ist also schnell dahin, derselbe Keim kann erneut zuschlagen.
Warum immer im Winter?
Die Mainzer Studie erfolgte im Rahmen des vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderten Pediatric Infectious Disease Network on Acute Respiratory Tract Infections (PID-ARI-net). Dieses Forschungsnetzwerk befasst sich intensiv mit Atemwegsinfektionen bei Kindern. Es analysiert wann und wo welche Keime auftreten, wie schwer die Infektionen verlaufen und wie sich Medikamente am sinnvollsten einsetzen lassen. Die Arbeit des PID-ARI.net stützt sich auf Untersuchungen an sechs Kliniken und acht Praxen, die zusammen ein Einzugsgebiet mit etwa 1,5 Millionen Menschen versorgen. Ständig aktualisierte Daten zu den kursierenden Erregern sind im Internet abrufbar (www.pid-ari.net). Sie erleichtern Ärzten die Diagnose und ermöglichen dadurch bei betroffenen Patienten von Anfang an die richtige Therapie. Grund für die Forschungsarbeiten im PID-ARI.net: Die scheinbar so banalen Erkältungskrankheiten geben noch immer viele Rätsel auf. So ist zum Beispiel nicht wirklich geklärt, warum die Keime vor allem im Winter ihr Unwesen treiben. Meyer: „Dass wir im Winter mehr drinnen sind, dadurch engeren Kontakt zueinander haben und Keime schneller vom Einen zum Anderen wandern, kann das Phänomen nur teilweise erklären.“ Sonderbar ist auch das Verhalten der so genannten RS-Viren. Sie verschwinden im Sommer komplett und niemand weiß wohin. Im Winter sind sie plötzlich wieder da und verursachen alle paar Jahre besonders schwere Epidemien. Aber warum?
Erreger kleben noch Stunden an der Computermaus
Kann man sich angesichts solcher Unsicherheiten überhaupt effektiv schützen? Meyer hält sich mit Ratschlägen zurück: „Da gibt es natürlich die bekannten Tipps, um das Immunsystem zu stärken – Vitamine, Sport, Sauna, viel an die frische Luft und so weiter. Ein wissenschaftlich begründetes Allheilmittel gibt es aber nicht.“ Eines kann der Infektionsforscher immerhin empfehlen. Beim Niesen und Husten sollte man die Hand vor den Mund halten, damit die Erreger nicht in der gesamten Raumluft verteilt werden. Gut wäre es, anschließend noch die Hände zu waschen. Auch wenn Kinder aus der Kita oder der Schule kommen, sollten die Hände unter dem Wasserhahn mit Seife gereinigt werden. Erkältungserreger gelangen zwar vor allem durch Tröpfcheninfektion, also über Luft und Atemwege, in den Körper, zusätzlich aber auch über die so genannte Schmierinfektion. Ein Beispiel aus der Arbeitswelt: Hat ein erkälteter Mensch am Computer gearbeitet, kleben an der Maus noch mehrere Stunden infektionsfähige Keime.
Quelle: BMBF, Newsletter Gesundheitsforschung, Thema Infektionsforschung, November 2005
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