Elektronische Patientenakte: Besitzer dürfen nicht auswählen, welche Infos der Arzt oder Apotheker einsehen darf

Patienten werden in ihrer Elektronischen Patientenakte nicht auswählen können, welche persönlichen Informationen von ihnen andere sehen. Damit kann ein Apotheker von Zahnarzt-Daten oder auch vom Schwangerschaftsabbruch erfahren.
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Medizinische Akten.Foto: iStock
Epoch Times21. Mai 2019

Die elektronische Patientenakte, die von 2021 an für jeden Patienten in Deutschland zur Verfügung stehen soll, wird zunächst eine entscheidende technische Einschränkung haben. Es werde für Patienten am Anfang nicht möglich sein auszuwählen, welche ihrer persönlichen Informationen ein Arzt, Apotheker oder Therapeut einsehen darf und welche nicht, berichtete die „Süddeutsche Zeitung“ am Dienstag. Das Bundesgesundheitsministerium betonte: „Es gibt keine Abstriche beim Datenschutz.“

Dem Bericht zufolge könnte etwa ein Physiotherapeut, der Einblick in Daten des Orthopäden brauche, auch von einem Schwangerschaftsabbruch erfahren. Wenn Patienten vermeiden wollen, dass ihr Zahnarzt zum Beispiel die Informationen vom Urologen liest, gebe es zwei Möglichkeiten: Entweder, sie verbieten dem Urologen die Speicherung der Untersuchungsergebnisse in der Akte – dann könnten sie später aber weder von Krankenhäusern noch vom Hausarzt genutzt werden. Oder sie verbieten dem Zahnarzt den Zugriff auf die Akte.

Die elektronische Patientenakte ist freiwillig

Übrig bliebe laut „SZ“ dann nur noch ein Bereich in der elektronischen Akte, in dem Patienten Artikel oder Daten aus einer Gesundheitsapp abspeichern können. Doch mit solchen Informationen können Ärzte im Zweifel nicht viel anfangen. Die elektronische Patientenakte ist für Patienten freiwillig.

Die Gesellschaft für Telematikanwendungen der Gesundheitskarte (Gematik/Bertelsmann), die für die Entwicklung der Akte verantwortlich ist, sagte der Zeitung, eine „differenzierte Rechtevergabe soll in Folgestufen umgesetzt werden“. Wann genau Patienten die elektronische Akte wirklich individuell einstellen und bestimmte Informationen für sich behalten können, sollten nun die Gesellschafter der Gematik entscheiden. Zu den Gesellschaftern gehört laut „SZ“ auch das Bundesgesundheitsministerium, das kürzlich mit 51 Prozent eingestiegen sei.

Nach Informationen der „Süddeutschen Zeitung“ sagten Vertreter der Gematik mehreren Abgeordneten, der Grund für die technischen Abstriche sei die kurze Frist gewesen, die Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) ihnen gesetzt hatte. Aufgrund dieses Zeitdrucks habe man sich entschieden, die Patientenakte Anfang 2021 erst einmal einzuführen und dann die Rechte für Patienten nachzuliefern.

Erst die Sicherheit, dann die Entscheidungen des Patienten

Ein Sprecher des Bundesgesundheitsministeriums betonte am Dienstag: „Der Patient kann entscheiden, welchem Arzt er Einblick in die elektronische Patientenakte gibt.“ Mit Einwilligung des Patienten habe der Arzt dann Einblick in alle Daten. Diese Entscheidung treffe der Patient „genauso freiwillig wie er bei einer normalen Anamnese Auskünfte über seine bisherigen Vorerkrankungen gibt“. Ziel sei es, „die Möglichkeiten des Datenzugriffs bei der Weiterentwicklung der elektronischen Patientenakte zu modifizieren“, so der Sprecher.

Der Spitzenverband der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) erklärte, dass zuerst die Sicherheit der Daten in der elektronischen Patientenakte geregelt werde. „In der zweiten Stufe werden die Versicherten dann individuell entscheiden können, welche Gesundheitsdaten in der Akte von wem gesehen werden dürfen“, so GKV-Sprecher Florian Lanz. Auch er betonte, dass allein der Versicherte entscheide, „welche Gesundheitsdaten von ihm überhaupt in die elektronische Patientenakte kommen“.

Die gesundheitspolitische Sprecherin der Grünen, Maria Klein-Schmeink, erklärte, mit den fehlenden Datenschutzeinstellungen in der ersten Ausbaustufe der ePA setze die Regierung „die wichtige Akzeptanz bei Versicherten und Leistungserbringern aufs Spiel“. Dafür trage Spahn „durch seine ausschließlich politisch motivierte Fristsetzung die Verantwortung“.

ePA soll Mediziner besser verzahnen

Bislang liegen medizinische Daten dezentral bei Ärzten, Kliniken, Therapeuten und Kassen. Die Kommunikation untereinander läuft – auch wenn Mediziner oft schon digital speichern – weitgehend auf Papier. Die elektronische Patientenakte, über die seit Jahren diskutiert wird, soll Ärzte und Kliniken künftig besser verzahnen und zum Beispiel Informationen über Diagnosen und Medikamente bündeln.

Dadurch sollen etwa Doppeluntersuchungen vermieden werden. Die Nutzung der elektronischen Patientenakte ist für Versicherte freiwillig, sie können Dokumente auch wieder löschen.

Zunächst sollen in der Akte Informationen wie Notfalldaten, Arztbriefe oder Medikationspläne abgelegt werden. Auch Impfausweis, Mutterpass, das U-Heft für Vorsorgeuntersuchungen von Kindern und das Zahn-Bonusheft können gespeichert werden. Patienten sollen dort zudem eigene Daten wie zum Beispiel ein Tagebuch zur Blutzuckermessung ablegen können. Sie sollen per Smartphone und Tablet auf die Akte zugreifen können.

Es gibt verschiedene Modelle

Als erste führte die Techniker Krankenkasse (TK) im vergangenen Jahr eine elektronische Gesundheitsakte für ihre Versicherten ein. Auch die AOK baut ein digitales Gesundheitsnetzwerk aus, das eine E-Patientenakte für alle Versicherten beinhaltet.

Im Herbst starteten mehr als ein Dutzend gesetzliche und private Krankenkassen eine App namens Vivy, die als elektronische Gesundheitsakte fungiert. All diese Kassenangebote werden vermutlich später in die elektronische Patientenakte integriert.

Bedenken gibt es vor allem bei der Datensicherheit. Der Marburger Bund etwa forderte, dass Informationen über Behandlungen, Medikamenteneinnahmen und andere gesundheitsrelevante Dinge „nicht in die Hände unbefugter Dritter gelangen“. Auch die Grünen mahnen zu „höchsten Anforderungen“ an den Datenschutz.

(afp)



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