„Eiskalte“ Wissenschaft: Wie die Wim-Hof-Methode zur Heilung beiträgt
Im Dezember 2021 verkündete der Solari Report den Helden des Jahres: einen Mann namens Wim Hof. Laut dem Report könnte dieser Mann mit der nach ihm benannten Wim-Hof-Methode in den nächsten Jahren einen enormen Unterschied in der natürlichen Gesundheitsfürsorge vieler Menschen machen.
Doch Wim Hof ist kein Arzt, und das, was er weitergeben möchte, keine Medizin. Der 63-Jährige ist ein niederländischer Extremsportler mit einer bewegenden Geschichte.
Kälte als Lösung
Wim Hof, auch „Iceman“ genannt, hat es sich zur Aufgabe gemacht, sein auf Erfahrungen beruhendes Wissen mit dem Rest der Welt zu teilen. Er ist vor allem für seine Fähigkeit bekannt, extreme Temperaturen zu ertragen. Dies bescherte ihm eine Vielzahl von Rekorden, unter anderem:
- das längste Eisbad: 1 h 53 min 12 s
- 66 Meter unter dem Eis tauchen
- Besteigung des Mount Everest bis etwa 7.500 Meter Höhe in kurzer Hose und Sandalen
- Marathon bei Temperaturen nahe -20 °C über den Polarkreis in Finnland
- Marathon in der Wüste Namibias bei Temperaturen von 40 °C ohne Wasser zu trinken
Doch wie konnte Wim Hof solche Höchstleistungen erbringen? Seine Lebensgeschichte ist ebenso außergewöhnlich wie tragisch, wie er in seinem Buch „Die Wim-Hof-Methode“ beschreibt. Schon als Kind sammelte er erste Erfahrungen mit der Kälte. Seine Familie rettete ihn vor dem eisigen Tod, als er in einem selbstgebauten Iglu einschlief. Es folgten weitere Erfahrungen mit dem eisigen Nass, mit den Kräften der Natur, mit denen sich Wim Hof ausgesprochen verbunden fühlte.
1995 nahm sich die Frau des Niederländers, die unter extremen Depressionen litt, das Leben. Zurück blieb Wim Hof mit vier kleinen Kindern. Ein Bad in einem eisigen See ermöglichte ihm eine kurze, aber intensive Flucht aus der Trauer. Hier sammelte er auch die Kraft, um für seine vier Kinder zu sorgen. Die Wirkung des eiskalten Wassers verlangte von ihm nichts Geringeres als seine volle Aufmerksamkeit, sodass alles andere in den Hintergrund rückte.
Die später entwickelte Wim-Hof-Methode ist ein Zusammenspiel aus Atmung, Kältereiz und starkem Willen, wodurch das vegetative Nervensystem des Körpers stimuliert und belastet wird. Das Ergebnis ist Gesundheit und allgemeines Wohlbefinden.
Was kann die Wim-Hof-Methode?
Die Wim-Hof-Methode steigert nicht nur die Energie und baut Stress ab, sondern regt auch die körpereigene Immunabwehr an. Dies macht tödliche Krankheitserreger wiederum praktisch unschädlich. Wie kann das sein? Und wie wirksam ist diese Technik bei der Reduzierung von Krankheitserregern? Hierüber gibt es verschiedene wissenschaftliche Forschungen.
In einer 2014 an der Radboud-Universität in Nijmegen (Niederlande) durchgeführten Studie ließen sich zwölf junge Männer, die die Wim-Hof-Methode erlernt hatten, ein Endotoxin verabreichen, worauf der Körper üblicherweise mit Symptomen reagiert. Die Substanz wurde auch einer Kontrollgruppe aus weiteren zwölf jungen Männern injiziert, die mit der Wim-Hof-Methode jedoch nicht vertraut waren.
„Wir konnten tatsächlich beobachten, dass bei den geschulten Probanden die Freisetzung von Entzündungsproteinen gedämpft war. Außerdem wiesen sie weitaus weniger grippeähnliche Symptome auf“, sagte der Intensivmediziner Dr. Matthijs Kox.
Im starken Gegensatz dazu litt die Kontrollgruppe unter einer Vielzahl intensiver und unangenehmer Krankheitssymptome wie Fieber, Schüttelfrost, Kopfschmerzen und allgemeine Körperschwäche.
Mehr Adrenalin als beim ersten Bungee-Sprung
Verblüfft stellten die Forscher fest, dass durch die Wim-Hof-Methode, in diesem Fall einer Kombination zwischen Atmung und Fokussierung, bei den Teilnehmern doppelt so viel Adrenalin ausgeschüttet wurde wie vor einem erstmaligen Bungee-Sprung. Die Adrenalinwerte der trainierten Teilnehmer erreichten vor und zum Zeitpunkt der Injektion ihren Höhepunkt.
Die Forscher erklärten, dass die erhöhten Adrenalinwerte die Produktion von entzündungsfördernden Zytokinen einschränkten. Gleichzeitig wurde im Körper die Bildung des entzündungshemmenden Interleukin-10 erhöht. Das Ergebnis: Ein nachweislich deutlicher Rückgang der Entzündungsreaktion des Körpers. Gleichzeitig löste das erhöhte Adrenalin im Blut einen Anstieg der weißen Blutkörperchen aus. Diese sind für ihre tragende Rolle bei der Immunabwehr bekannt. Bereits innerhalb der ersten Stunde nach der Aufnahme des Krankheitserregers war das körpereigene Immunsystem also am Werk und machte das Toxin unschädlich.
Bislang glaubten Wissenschaftler, dass das körpereigene sympathische Nervensystem und das Immunsystem nicht willentlich beeinflusst werden können. Diese Aussage war wie in Stein gemeißelt. Die Experimente mit der Wim-Hof-Methode beweisen das Gegenteil. Es ist also möglich, mit dieser speziellen Technik die Kontrolle über seinen Körper zu erlangen und daraus gesundheitliche Vorteile zu ziehen. Und für Wim Hof ist klar: Jeder kann das erreichen.
Wim Hof und sein Team arbeiten weiterhin mit Forschungseinrichtungen zusammen, um das Potenzial dieser Methode zu analysieren. Derartige Studien sind von immenser Bedeutung für die Behandlung einer Vielzahl von entzündungsbedingten Erkrankungen, finden aber in der Medizin bislang nur wenig Beachtung.
Die Wissenschaft hinter der Wim-Hof-Methode
2007 – Erstes Interesse
2007 wurde die wissenschaftliche Gemeinde erstmals auf Wim Hof aufmerksam. Im selben Jahr folgten Bluttests während Meditation und Atemübungen unter der Leitung von Prof. Dr. K. Tracey am Feinstein Institut in New York.
2009 – Weltrekord im Eisbaden
Im Anschluss an Wim Hofs Weltrekord im Eisbaden – 1 Stunde 43 Minuten – schrieben die Mediziner Dr. Ken Kamler und Granis Stewart, die ihn während der TV-Show beobachtet und medizinisch begleitet haben:
„Wim war die ganze Zeit über völlig in Ordnung und gesprächig, und zeigte kaum Anzeichen von Zittern – ein Prozess, der Wärme erzeugt. […] Die medizinische Lehrmeinung besagt, dass man aufhört zu zittern, sobald die Kerntemperatur unter 90 Grad fällt [Anm. d. Red.: Grad Fahrenheit, 90 °F = 32,2 °C]. Wenn von diesem Zeitpunkt an keine externe Wärmequelle zur Verfügung steht, wird die Körpertemperatur immer weiter sinken und man wird schließlich an Unterkühlung sterben. Wim hat das Gegenteil bewiesen. Seine Körpertemperatur fiel auf 88 Grad [Fahrenheit = 31,1 °C] ab und stieg dann wieder auf 94 Grad [Fahrenheit = 34,4 °C] an – OHNE JEDE EXTERNE WÄRMEQUELLE. Er hat uns auf eindrucksvolle Weise gezeigt, dass der menschliche Körper über eine unglaubliche Kraft verfügt, die die moderne Medizin nicht klar versteht.“ [Hervorhebung im Original]
In ihrem Dokument führen sie zudem die während des Weltrekords gemessenen Körperkerntemperaturen auf. Dazu hatte Wim Hof im Vorfeld eine Messkapsel geschluckt.
Kamler, Stewart (2009); https://www.wimhofmethod.com/cache/uploads/kcfinder/files/WHM_DataInfo%20Kamler.pdf
2012 – Fallstudie: Konzentration/Meditation beeinflussen autonomes Nervensystem und angeborene Immunantwort
Nachdem Wim Hof bei seinem Weltrekord 2009 bewiesen hatte, dass die medizinische Lehrmeinung falsch war, untersuchten Forscher um Dr. Matthijs Kox vom Radboud University Medical Center den „Fall“ Wim Hof genauer: Während eines 80-minütigen Ganzkörper-Eisbadens untersuchten Kox und andere die Entzündungsreaktionen von Wim Hof. In einem zweiten Experiment wurde der Niederländer mit einem Endotoxin infiziert, um seine angeborene Immunantwort in vivo – also direkt im Körper – zu untersuchen. Die Ergebnisse bestätigten, was Kamler und Stewart drei Jahre zuvor nicht erklären konnten.
Kox und Kollegen stellten fest, dass die Techniken der Wim-Hof-Methode eine kontrollierte Stressreaktion hervorzurufen scheinen. Diese Reaktion ist durch die Aktivierung des sympathischen Nervensystems gekennzeichnet, das das angeborene Immunsystem abzuschwächen scheint. Damit bewies Wim Hof erneut, dass er in der Lage war, sein autonomes Nervensystem zu beeinflussen.
Kox et al. (2012); doi.org/10.1097/PSY.0b013e3182583c6d
2014 – Ein Dutzend Wim Hofs, sein Zwillingsbruder und der Kilimandscharo
Um die Ergebnisse aus 2012 zu bestätigten, vergrößerten Dr. Matthijs Kox und Kollegen die Testgruppe auf 24 Personen und wiederholten Teile der Untersuchungen. Bei ihnen wurde wiederum eine Entzündung ausgelöst, die normalerweise zu grippeähnlichen Symptomen führt. Die zwölf Teilnehmer, die zuvor die Wim-Hof-Methode erlernt hatten, zeigten weniger grippeähnliche Symptome, niedrigere Werte an proinflammatorischen Mediatoren und einen erhöhten Epinephrinspiegel im Plasma. Daraus lässt sich schließen, dass die trainierte Gruppe in der Lage war, ihr sympathisches Nervensystem bewusst zu aktivieren – und dass Wim Hof keine Ausnahme war.
Kox et al. (2014); doi.org/10.1073/pnas.1322174111
Ebenfalls 2014 veröffentlichten Forscher um Dr. Maarten J. Vosselman vom Maastricht University Medical Center ihre Studie über Auswirkungen häufiger Kälteerlebnisse auf das braune Fettgewebe (BAT) und die kälteinduzierte Thermogenese (CIT). Das Experiment verglich Wim Hof – der an extreme Kälte gewöhnt war – mit seinem eineiigen Zwillingsbruder, der mit Kälte eigentlich nichts am Hut hatte, aber von seinem Bruder trainiert wurde. Die Ergebnisse zeigten zwischen den beiden Probanden keinen signifikanten Unterschied in BAT oder CIT. Allerdings sank die Kerntemperatur von Wim im Vergleich zu seinem Bruder weniger stark ab und seine subjektive Reaktion auf die Kälte war positiver.
Vosselman et al. (2014); doi.org/10.1371/journal.pone.0101653
Ein weiterer Beitrag aus diesem Jahr befasste sich mit den Auswirkungen der Wim-Hof-Methode auf die akute Höhenkrankheit (AMS). Während einer Expedition zum Kilimandscharo hat eine Gruppe von 26 Wanderern – die in der Wim-Hof-Methode geschult wurden – die Methode angewandt, um die Symptome von AMS weitgehend zu verhindern oder wenn nötig, zu beseitigen.
Buijze, Hopman (2014); doi.org/10.1016/j.wem.2014.04.009
2015 – Optimismus beeinflusst Realität
In Bezug auf Dr. Kox‘ Arbeit von 2014 untersuchten seine Kollegen vom Radboud University Medical Center die Fähigkeit, wie persönliche Erwartungen der Teilnehmer das Ergebnis beeinflusst haben könnte. Konkret fanden die Forscher Hinweise darauf, dass „insbesondere verallgemeinerter Ergebniserwartungsoptimismus eine potenzielle Determinante der autonomen und immunologischen Reaktion auf induzierte Entzündungen nach dem Training ist“. Mit anderen Worten, unsere positiven Gedanken verändern wahrscheinlich unserer Gesundheit.
H. van Middendorp et al. (2015); doi.org/10.1007/s10067-015-3009-8
2018 – Gehirn vor Körper
In ihrer Studie zur „willentlichen Regulation der autonomen Funktion bei Kälteexposition“ erfasste der Neurologe Dr. Otto Muzik, was den „Iceman“ dazu befähigte, der Kälte zu widerstehen. Die bildgebende Studie über das Gehirn lieferte „überzeugende Beweise für die Vorrangstellung des Gehirns (ZNS) vor dem Körper (periphere Mechanismen)“ bei der Vermittlung der Reaktionen des Iceman auf Kälteexposition. Mit anderen Worten: Der Mensch kann auch üblicherweise unbewusste Teile des Körpers bewusst steuern. Laut Dr. Muzik kann dies dazu beitragen, ein höheres Maß an Kontrolle über Schlüsselkomponenten des autonomen Systems zu entwickeln, was wiederum andere klinische Syndrome verbessern könnte.
Muzik et al. (2018); doi.org/10.1016/j.neuroimage.2018.01.067
2019 – Chronische Krankheiten heilen
Erneut beteiligte sich Dr. Matthijs Kox an der Untersuchung der Wim-Hof-Methode – diesmal mit Kollegen vom Amsterdam Medical Center. Im Mittelpunkt stand dabei, ob und wie die Wim-Hof-Methode bei einer chronischen rheumatischen Entzündung der Wirbelsäule helfen kann. Die Studie untersuchte in erster Linie die Sicherheit der Methode für diese Patientengruppe, befasste sich aber auch mit Veränderungen bei Entzündungsmarkern und der von den Patienten angegebenen Krankheitsaktivität und Lebensqualität. Im Ergebnis zeigte sich, dass die Wim-Hof-Methode nicht nur gesunde Personen in die Lage versetzt, die Immunantwort bei akuten Entzündungen zu beeinflussen.
Buijze et al. (2019); doi.org/10.1371/journal.pone.0225749
2020 – Atemtechnik beeinflusst Stoffwechsel beeinflusst Immunsystem
Jelle Zwaag vom Radboud University Medical Center vertiefte die Forschung seines Kollegen Dr. Kox. In seiner Arbeit untersuchte der Doktorand, ob die Wim-Hof-Atemmethode das Plasmametabolom – die Stoffwechseleigenschaften des Blutplasmas – beeinflusst und ob diese Veränderungen mit den beobachteten immunmodulatorischen Wirkungen zusammenhängen. In alle Kürze: Ja. Etwas länger: Personen, die Wim Hofs Technik anwendeten, wiesen unter anderem höhere Plasmakonzentrationen von Laktat und Pyruvat auf. Beide Stoffe rufen in ausreichenden Mengen eine entzündungshemmende Reaktion unseres Immunsystems hervor. Es stellte sich damit heraus, dass das menschliche Immunsystem von unserem Stoffwechsel beeinflusst wird, der wiederum mittels Atemtechnik gesteuert werden kann.
Zwaag et al. (2020); doi.org/10.3390/metabo10040148
2022 – Jeder kann von der Wim-Hof-Methode profitieren
Aufbauend auf den Erkenntnissen von 2014 und 2020 forschten Zwaag und Kox weiter. Die Pilotstudie konzentrierte sich auf drei Kernfragen: 1. Welche Elemente am effektivsten sind, um die Entzündungsreaktion zu verringern. 2. Ob die Anwesenheit von Wim selbst die Symptomatik beeinflussen würde. 3. Ob eine kurze Einführung mit einem intensiveren Training (z.B. Bergsteigen bei eisigen Temperaturen) vergleichbar ist.
Die Ergebnisse zeigten, dass 1. die Kombination aus Atemübung und Kälteexposition die wirksamste ist, um die Entzündungsreaktion des Körpers zu verringern und die Symptome zu lindern. 2. Es keine Rolle spielt, wer die Atemtechnik unterrichtet. 3. Die Dauer des Trainings keinen Unterschied macht. Die Techniken können also innerhalb eines kurzen Zeitrahmens erworben werden. Das wiederum zeige, dass praktisch jeder von der entzündungshemmenden Wirkung profitieren und die Wim-Hof-Atemmethode potenziell zur Behandlung verschiedener Autoimmunkrankheiten eingesetzt werden kann.
Zwaag et al. (2022); doi.org/10.1097/psy.0000000000001065
Laufende Forschung
Wim Hof arbeitet kontinuierlich mit Forschungseinrichtungen auf der ganzen Welt zusammen, um neue Erkenntnisse und Anwendungsmöglichkeiten zu finden. Aktuelle Schwerpunkte sind in den Niederlanden die Auswirkungen der Atemtechnik und des Eisbadens auf Entzündungen und Schmerzen. In Michigan (USA) steht die Wirkung auf das Gehirn im Vordergrund und in San Fransisco in Kalifornien (USA) untersuchen Forscher die Auswirkungen auf die psychische Gesundheit und die Stressresistenz.
(Mit Material von The Epoch Times USA)
vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.
Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.
Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.
Ihre Epoch Times - Redaktion