Echthaarersatz statt Perücke – Partieller Haarausfall gilt bei einer Frau als Behinderung

Wegen eines kreisrunden Haarausfalls aufgrund ihrer Schuppenflechte forderte eine Patientin von ihrer Krankenkasse die Kostenübernahme für ein Echthaarteil. Das Gericht gab ihr Recht.
Titelbild
Eine Frau mit gesundem, vollem Haar. Die Krankenkassen müssen für Echthaarersatz bezahlen.Foto: über dts Nachrichtenagentur
Epoch Times21. Mai 2019

Ein teilweiser Haarverlust bei einer Frau ist als Behinderung zu werten. Das hat das Landessozialgericht Niedersachen-Bremen entschieden. In der Begründung eines Urteils vom 26. März 2019 heißt es, dass die Kosten für ein maßgefertigtes Haarteil von der Krankenkasse zu erstatten sind.

Eine Patientin aus Niedersachsen litt wegen einer Schuppenflechte an kreisrundem Haarausfall. Die Übernahme der Kosten von 1.290 Euro für ein handgeknüpftes Echthaarteil beantragte die 55-jähirge Patientin bei ihrer Krankenkasse. Diese teilte jedoch mit, dass sie maximal 511 Euro übernehmen werde. Nach Ansicht der Krankenkasse könne die Patientin eine Perücke tragen, da sie sich ohnehin viel im privaten Umfeld bewege.

Die Patientin legte Widerspruch ein und verklagte schließlich die Krankenkasse. Sie berief sich darauf, dass eine Perücke niemals eine Haltbarkeit von mehr als sechs Monaten aufweisen würde. Die Kunsthaarperücken seien nur für rein modische Zwecke gedacht und für kurze tägliche Tragezeiten ausgelegt.  Zudem argumentierte die Klägerin, dass die Form der Verarbeitung eher nachteilig sei und zu Gesundheitsbeeinträchtigungen, etwa wegen unzureichender Beatmung der Kopfhaut, führen könne.

Krankenkasse kam mit Berufung nicht durch

Das Sozialgericht hatte der Klägerin bereits mit Urteil vom 26. November 2015 Recht gegeben. Die Krankenkasse hatte damals Berufung eingelegt.

Die Richter am Landessozialgericht (Az. L4 KR 50/16) bestätigten das erstinstanzliche Urteil. Wenn es aus medizinischen Gründen erforderlich sei, so seien alle Kosten für maßgefertigte Haarteile zu erstatten. In der Urteilsbegründung hieß es:

Ein partieller Haarverlust stellt bei einer Frau eine Behinderung im Sinne von § 33 Abs. 1 Satz 1 SGB V dar. Die Klägerin ist wegen ihres krankheitsbedingten Haarverlusts in ihrer körperlichen Funktion beeinträchtigt (vgl. dazu auch BSG, Urteil vom 23. Juli 2002, B 3 KR 66/01 R, zitiert nach juris).“

Eine Revision gegen des Urteil wurde nicht zugelassen. Eine Nichtzulassungsbeschwerde durch die Krankenkasse ist möglich.

Haarverlust bei Männern: gar keine Ansprüche

Haarlose Männer haben hingegen in der Regel nicht einmal einen Anspruch auf Erstattung der Kosten für eine Perücke. Bei Männern sei Haarverlust üblich, urteilte das Bundessozialgericht Kassel bereits im April 2015 (Az: B 3 KR 3/14 R). Ausnahmen bestünden lediglich bei Kindern und jungen Männern bis 30 Jahren, denen krankheitsbedingt auch Brauen, Wimpern und der Bartwuchs fehlten. (sua)



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