Vom Schicksal schwer geprüft: Wie ein Vater nach dem Tod seines Sohnes wieder ins Leben fand

Brett Boman stürzte nach dem tragischen Tod seines Sohnes in eine Abwärtsspirale aus Sucht und Obdachlosigkeit. Getrieben von Wut und Schuld, verlor er alles, was ihm wichtig war – bis er den Mut fand, sein Leben wieder in die Hand zu nehmen.
Titelbild
Vom Abgrund zurück ins Leben: Brett Boman begann, innerlich Frieden zu schließen mit dem tragischen Verlust seines Sohnes. Im Bild mit seinen zwei weiteren Kindern, Yvonne and Brett Jr.Foto: John Fredricks/The Epoch Times
Von 22. Oktober 2024

Brett Boman, der in Kalifornien lebt, hätte sich vor einem Jahrzehnt nie vorstellen können, eines Tages als drogensüchtiger Obdachloser durch die Straßen Kaliforniens zu streifen und in Mülltonnen nach Nahrung zu suchen.

Doch ein schwerer Schicksalsschlag veränderte sein Leben grundlegend: Sein 13-jähriger Sohn Skyler wurde in Paradise, Kalifornien, auf einem Zebrastreifen von einem Auto erfasst und tödlich verletzt.

Der tragische Unfall ereignete sich am 31. Mai 2013, dem letzten Schultag des Jahres. Skyler, der leidenschaftlich gerne joggte, war unterwegs zu einem Freund. Doch er kam nie an. Skylers Schädel wurde bei dem Unfall schwer verletzt. Nur eine Woche vor seinem 14. Geburtstag wurde Skyler für hirntot erklärt und die lebenserhaltenden Maßnahmen wurden eingestellt.

Von unermesslicher Trauer und Schuldgefühlen geplagt, begann Boman, den Fahrer des Fahrzeugs für den Verlust seines Sohnes verantwortlich zu machen. Der einst erfolgreiche Schreiner und alleinerziehende Vater von drei Kindern konnte den Schmerz nicht bewältigen.

Vor dem Unfall hatte Boman gelegentlich Alkohol getrunken, doch nach dem Tod seines Sohnes verfiel er zunehmend dem Alkohol und betäubte seinen Schmerz mit einer Mischung aus Wodka und Marihuana.

Als ihm ein Bekannter Methamphetamin anbot, geriet Boman in eine unkontrollierbare Abwärtsspirale. „Die Wut und der Hass fraßen mich innerlich auf“, erinnert er sich. „Die Drogen halfen mir, dem zu entfliehen.“

Schon bald verlor Boman seinen Job und die Möglichkeit, seine Familie zu versorgen. Er und seine Kinder, Yvonne und Brett Jr., landeten in einem heruntergekommenen Motel in Chico. Als er die Miete nicht mehr bezahlen konnte, wurden sie obdachlos.

Im November 2016 lebte Boman mit seinen beiden Kindern in seinem Truck, bis die Polizei einschritt und die Kinder dem Jugendamt übergab. Sie kamen in Pflegefamilien, während Boman allein auf der Straße zurückblieb.

Fast zwei Jahre lang lebte er obdachlos.

Obdachlosigkeit und Drogenabhängigkeit: Ein langer Weg zurück ins Leben

Wie viele andere Obdachlose in Chico lebte Boman in einem der weitläufigen Zeltlager, die in der Region entstanden waren. Die Betroffenen finanzierten ihren Drogenkonsum größtenteils durch Ladendiebstähle.

Boman berichtet von einem Vorfall, bei dem ein Angestellter eines Einzelhandelsgeschäfts ein elektronisches Sicherheitsdeaktivierungsgerät an einer Bushaltestelle zurückließ – ein wertvolles Gut in der Welt der Abhängigen. Boman verkaufte das Gerät für knapp 60 Euro.

Brett Boman, ein ehemaliger Obdachloser und Meth-Abhängiger, verbrachte fast zwei Jahre auf den Straßen von Chico, Kalifornien, bevor er den Weg in ein Rehabilitationsprogramm der Heilsarmee fand. Foto: Brett Boman, mit freundlicher Genehmigung

Doch der ständige Konflikt mit der Polizei, wiederholte Festnahmen und der Verlust seiner wenigen Besitztümer setzten ihm zunehmend zu. „Es wurde mir zu viel – immer wieder wurde ich verhaftet, und mein Einkaufswagen, mein ganzes Leben auf der Straße, wurde mir genommen“, erklärt er.

Er sprach von den strapaziösen Wetterbedingungen, Hunger und dem Schlafen auf dem Boden. Vor allem aber quälten ihn die Schuldgefühle, seine Kinder verlassen zu haben. Der Wunsch, aus diesem Kreislauf auszubrechen, wuchs.

Boman entschied sich, einen Schritt in Richtung Veränderung zu wagen, und suchte Zuflucht in einer örtlichen Obdachlosenunterkunft. „Ich schaffte es, für etwa drei Monate clean zu bleiben“, erinnert er sich. Doch das Leben in der Unterkunft bot keine langfristige Stabilität. „Man verbringt die Nacht dort, aber um 6 Uhr morgens wird man wieder auf die Straße geschickt. Und dort sind dieselben Menschen, ist dieselbe Versuchung – und irgendwann begann ich wieder, Drogen zu nehmen.“

Ein Freund, der bereits erfolgreich bei der Heilsarmee einen Entzug durchlaufen hatte, schaute gelegentlich bei Boman vorbei und ermutigte ihn, sich ebenfalls helfen zu lassen. Doch der Weg dorthin war nicht einfach. „Um bei der Heilsarmee aufgenommen zu werden, muss man einen Drogentest bestehen. Sie nehmen niemanden auf, der sich noch in der Entgiftungsphase befindet. Man muss vorher schon eine Woche clean sein.“

Boman versuchte es immer wieder, hielt ein paar Tage durch, doch dann kam der Rückfall. „Es war ein ständiger Kampf. Ein paar Tage ging es gut, aber dann gab ich wieder nach.“ Doch er gab nicht auf.

Schließlich bat er seine Mutter um Hilfe. „Ich rief sie an und sagte: ‚Mama, ich brauche einen Ort, um clean zu werden, damit ich bei der Heilsarmee aufgenommen werde.‘“ Seine Mutter holte ihn ab, und er verbrachte vier Tage bei ihr – genug Zeit, um den notwendigen Drogentest zu bestehen. Dank der Unterstützung seines Freundes wartete bereits ein freies Bett bei der Heilsarmee auf ihn.

Der Entzug, so berichtet Boman, sei schwierig gewesen.

Jedoch habe er sich immer wieder vor Augen gehalten, dass seine Kinder wichtiger seien als der nächste Rausch.

„Das war mein Antrieb“, sagte er.

Vergebung

Boman zog sich für sechs Monate in die stationäre Einrichtung der Heilsarmee in Chico zurück, um an seiner inneren Heilung zu arbeiten. Dort nahm er an Arbeitstherapie, Beratungen, Kursen und einem Zwölf-Schritte-Programm teil mit dem Ziel, seine Wut und den Schmerz, die ihn begleiteten, zu verarbeiten.

„Ich war bereit, alles hinter mir zu lassen, sogar meine Familie für eine Weile. Es ging darum, mich auf mich selbst zu konzentrieren, meine Probleme anzugehen – meine Wut, die Frustration über alles, was im Leben schiefgelaufen war und wofür ich anderen die Schuld gegeben hatte. Schließlich musste ich meine eigene Verantwortung erkennen und akzeptieren, dass ich selbst eine Rolle in fast allem spielte, was schiefging“, erklärte er.

Während dieser Zeit begegnete Boman einem Mann, der die wöchentlichen Treffen der Anonymen Alkoholiker leitete und später sein Sponsor werden sollte. Anfangs empfand Boman eine Abneigung gegen den „strengen Mann“, doch nach einigen Wochen änderte sich seine Sichtweise grundlegend. Dieser Mann hatte seinen eigenen Sohn durch einen betrunkenen Fahrer verloren, was eine tiefe Verbindung zwischen beiden herstellte.

Sein Sponsor stellte ihm schließlich eine besondere Aufgabe: Er sollte einen Brief an den Fahrer schreiben, der seinen Sohn getötet hatte, um die Wut in sich zu bewältigen. Als Boman den Brief fertiggestellt hatte, lobte sein Sponsor ihn und bat um Erlaubnis, den Brief in anderen AA-Gruppen zu teilen.

Für Boman war dieser Brief ein entscheidender Schritt auf dem Weg zur Vergebung. „Am Ende ging es für mich darum zu akzeptieren, dass weder Gott noch jemand anders mir absichtlich Leid zufügen wollte. Es war kein Vorsatz, sondern ein Unfall gewesen“, sagte er.

In einem Moment der inneren Klarheit erkannte Boman, dass er dem Mann, der seinen Sohn getötet hatte, vergeben konnte. „Ich empfinde keinen Groll mehr gegen ihn. Ich fühle Mitleid mit ihm, denn er muss mit dieser Schuld leben. Er ist nicht mit der Absicht aufgestanden, meinen Sohn zu töten. Ich habe für mich akzeptiert, dass ich diesen Mann nicht mehr hasse. Es war keine Absicht“, erklärte er.

Dieser Akt der Vergebung war für Boman ein entscheidender Wendepunkt in seinem Leben, der ihm half, die Last des Zorns abzulegen und sich auf die Heilung zu konzentrieren.

Brett Boman betrachtet am 12. März 2023 in Chico, Kalifornien, ein Foto seiner Kinder, darunter sein verstorbener Sohn Skyler (r.). Foto: John Fredricks/The Epoch Times

Boman wuchs in einer eng verbundenen Familie auf und genoss eine religiöse Erziehung.

„Mein Großvater war Pfingstprediger. Der Glaube war ein fester Bestandteil meines Lebens, ich besuchte die Sonntagsschule“, erinnerte er sich.

Im Laufe der Jahre begann Boman jedoch, seinen Glauben zu hinterfragen. Er hatte Schwierigkeiten, Wissenschaft und Religion miteinander in Einklang zu bringen, und es gab Phasen, in denen er Gott für sein Leid und seine Herausforderungen anklagte, sagte er.

„Aber letztlich glaube ich doch. Ich erarbeite mir das“, sagt er. „Ich bin ein spiritueller Mensch. Es gibt etwas Größeres da draußen.“

Wiedereingliederungsprogramm

Nach seinem Abschluss stellte das Jugendamt klar, dass es Boman nicht gestattet würde, mit seinen Kindern zusammen zu leben, solange er nicht bewiesen hätte, dass er als verantwortungsvoller Vater selbstständig für sie sorgen kann.

Er stand vor einer schwierigen Entscheidung: entweder die Heilsarmee zu verlassen und auf die Straße zurückzukehren oder um Aufnahme in das Wiedereingliederungsprogramm der Heilsarmee zu bitten. In diesem Programm konnte er weiterhin an Kursen und Beratungen teilnehmen, erhielt aber auch die nötige Zeit, um nach einer Arbeitsstelle zu suchen.

„Ich musste nur zwei Tage in der Woche in einem Warendepot arbeiten, was mir drei Tage Zeit ließ, um eine Anstellung zu finden“, erzählt er.

Als erfahrener Zimmermann konnte Boman schließlich eine Anstellung bei einem lokalen Bauunternehmer finden, der Wohnhäuser errichtete. Durch harte Arbeit und sorgfältiges Sparen schloss er am 10. Oktober 2019 sein zweites sechsmonatiges Programm erfolgreich ab.

Zusammen mit einem Freund, der ebenfalls kurz vor dem Abschluss des Wiedereingliederungsprogramms stand, suchte er nach einer Mietwohnung. Schließlich fanden sie eine und zogen zusammen.

Boman erinnert sich an das Gespräch mit einem potenziellen Vermieter, der ihn fragte, ob er eine Bonitätsprüfung bestehen könne. Daraufhin schilderte Boman ihm seine Lebensgeschichte und betonte, dass er keine Almosen suche, sondern lediglich jemanden, der ihm eine faire Chance geben würde.

Als der Vermieter die Programmkoordinatorin der Heilsarmee kontaktierte, riet sie ihm: „Geben Sie diesen Männern eine Chance“, so Boman.

„Er erlaubte uns den Einzug“, erinnert sich Boman. „Wir mussten lediglich die doppelte Kaution zahlen.“

Sein Mitbewohner zog vor einigen Jahren aus, doch Boman blieb in der Wohnung und lebt heute mit seinen Kindern dort. Seit sechs Jahren ist er clean und trocken.

Dieser Artikel erschien im Original auf theepochtimes.com unter dem Titel „Former Homeless Addict Finds Forgiveness, Recovery, Redemption“. (deutsche Bearbeitung kr)



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