Arzneimittelkontrolle: Anti-Spionage-Gesetz in China versetzt Bundesländer in Sorge
Die Erfahrungen der Corona-Zeit hatten in Deutschland eine Vielzahl an politischen Bekenntnissen zu einer Diversifizierung der Lieferketten zur Folge. Dies bezog sich nicht zuletzt auf pharmazeutische Produkte, wo eine erhebliche Abhängigkeit von China besteht. Den Ankündigungen folgten bislang kaum nennenswerten Taten – nun könnte ein neues Anti-Spionage-Gesetz des kommunistischen Regimes die Lage weiter verschärfen. Immerhin bezieht sich dieses auch auf Arzneimittelkontrollen.
Regelmäßige Arzneimittelkontrollen vor Ort Voraussetzungen für Zertifizierung
Wie die „Welt“ berichtet, sehen sich immer mehr Bundesländer, die gemäß Art. 83 Grundgesetz für die Arzneimittelkontrolle zuständig sind, außerstande, diese vor Ort durchzuführen. Dass diese Inspektionen erfolgen, ist jedoch einer geltenden Verwaltungsvorschrift zum Arzneimittelgesetz zufolge die Voraussetzung für die Zertifizierung eines Pharma-Produkts in Deutschland.
Einer Erhebung des Blattes unter den zuständigen Länderbehörden zufolge haben Berlin, Schleswig-Holstein und Hessen im laufenden Jahr noch keine entsprechenden Reisen durchgeführt. Es ist noch unklar, wann und ob überhaupt noch welche stattfinden werden. Zur Begründung werden unter anderem „erhebliche Sicherheitsbedenken“ ins Treffen geführt.
Baden-Württemberg hatte bislang stets die meisten der sogenannten GMP-Kontrollen durchgeführt, wobei das Kürzel für „Good Manufactoring Practice“ (Gute Herstellungspraxis) steht. Dort werde eine Inspektionsreise zurzeit „geprüft“. Es wird jedoch kaum ein Hehl daraus gemacht, dass es noch offene Fragen betreffend „die persönliche Freiheit und Sicherheit“ gebe.
Was Spionage ist, bestimmt allein die KPC
Das seit 1. Juli des Vorjahres in Kraft befindliche Anti-Spionage-Gesetz ist so weitreichend, dass EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen es als Form exzessiver Überwachung qualifiziert. Sie sprach im Vorfeld des Inkrafttretens von einem Ende der „Zeit der Reform und Öffnung“ in China. Stattdessen stünden Sicherheit und Kontrolle im Vordergrund. Dies gehe so weit, dass es „die Logik der freien Märkte und des offenen Handels“ untergrabe.
Was die Spionageabwehr und den Begriff der Spionage selbst anbelangt, gebe es dafür keinen objektiven Maßstab, der sich an international anerkannten Standards orientiere. Stattdessen orientiere sich die Begriffsbestimmung „an der zentralen und einheitlichen Führung des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei Chinas (KPC) “.
Primär sind es private Unternehmen, die das kommunistische Regime regelmäßig ins Visier nimmt, vertraute ein leitender Angestellter eines ausländischen Unternehmens in China der englischsprachigen Epoch Times an. Die erste Kategorie sind Wirtschaftsprüfer wie Deloitte oder KPMG, die potenziell an sensible Informationen gelangen könnten.
Derzeit finden Beratungen über Zukunft der Arzneimittelkontrollen statt
Die zweite besonders gefährdete Kategorie seien Unternehmen, deren Aufgabe die Erstellung von Investitionsanalysen sei. In die dritte fielen „Unternehmen, die in China in den Bereichen medizinische Biotechnologie und Software kooperieren oder Wirtschafts- und Handelsaustausch betreiben“.
Zwar sind im Auftrag staatlicher Behörden tätige Organe der Arzneimittelkontrolle in einer vermeintlich stärkeren Ausgangsposition als Vertreter privater Einrichtungen. Die diplomatischen Verwicklungen im Fall eines Vorgehens der KP-Behörden wären potenziell heikler. Allerdings deutet nichts in dem Gesetz darauf hin, dass diese nicht von repressiven Maßnahmen gefährdet wären.
Genauso sieht man die Lage auch in den zuständigen Behörden der deutschen Bundesländer. Für 2024 sind bislang 17 Anträge auf GMP-Inspektionen registriert – und laut Gesetz müssen diese auch maximal im Abstand von drei Jahren stattfinden. Derzeit gebe es intensive Beratungen über das weitere Vorgehen zwischen dem Bundesgesundheitsministerium, dem Auswärtigen Amt und den Ländern.
Welche Rolle spielt China für die heimische Pharmaversorgung?
Pharmaverbände befürchten erneute Engpässe in der Lieferkette, sollten die vorgeschriebenen Inspektionen nicht zustande kommen. Die Versorgungsengpässe während der Corona-Pandemie seien auch darauf zurückzuführen gewesen, dass die gesetzlichen Arzneimittelkontrollen ausgefallen seien. Ähnliches drohe erneut, sollten diese nicht vorschriftsmäßig stattfinden.
Der Verband Pharma Deutschland warnt vor erheblichen Lieferengpässen und weist darauf hin, dass andere EU-Länder deutlich flexibler mit der Angelegenheit umgingen. Etwa 70 Prozent der in der EU und Japan produzierten Medikamente enthalten Wirkstoffe aus China.
Das Land ist zudem führend beim Vertrieb preiswerter Generika, die von ablaufendem Patentschutz profitieren. Nicht zuletzt ist China auch Ursprungsort zahlreicher sogenannter Blockbuster-Produkte im Bereich weitverbreiteter Zivilisationskrankheiten wie Diabetes.
Fernkontrollen würden gesamten Prozess unter die Regie der KPC stellen
Eine mögliche Alternative zu Vor-Ort-Besuchen wären Fernkontrollen. Diese setzen jedoch Vertrauen in die Richtigkeit und Vollständigkeit von Prüfungsunterlagen durch die im Machtbereich der KPC operierenden Hersteller voraus. Auf dem Papier spräche nichts dagegen: Formal sind die GMP-Prüfungsrichtlinien in China, jenen in den USA oder der EU angepasst.
Real hingegen sind Pharma-Skandale und Korruption in diesem Bereich in China an der Tagesordnung. In der Corona-Zeit hatten Schwarzmarktunternehmen einfache Kochsalzlösung als vermeintliche Corona-Impfstoffe verkauft. Im Jahr 2001 starben schätzungsweise 192.000 Menschen in China infolge der Verwendung von Fake-Produkten aus dem Pharmabereich. Dazu kamen Bestechungsaffären, in die mehrere global operierende Konzerne involviert waren. Das Vertrauen in die Integrität der chinesischen Partner im Fall einer Fernkontrolle würde augenscheinlich auf eigene Gefahr gesetzt.
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