20-mal stärker als Fentanyl: Nitazene, die neue, tödliche Straßendroge auf dem Vormarsch
Auf dem illegalen US-Drogenmarkt ist ein neuer Killer aufgetaucht, der eine Spur von Leichen hinterlässt. Synthetische Opioide, sogenannte Nitazene, die bis zu 20-mal stärker sind als Fentanyl, werden Straßendrogen von Heroin bis Benzodiazepinen beigemischt und verstricken Konsumenten in ein Netz aus Abhängigkeit und tödlicher Überdosierung.
Nitazene gehören zu einer Klasse synthetischer Opioide, die Isotonitazene oder ISOs genannt werden. Diese Verbindungen haben starke schmerzstillende Eigenschaften. Die erstmals in den 1950er-Jahren entwickelten Nitazene wurden nie für die medizinische Verwendung zugelassen und waren lange Zeit nur in wissenschaftlichen Kreisen bekannt.
Ein charakteristisches Merkmal der Nitazene ist ihre extrem hohe Potenz – hundert- bis tausendmal stärker als Morphin und andere ältere Opioide und zehn- bis 20-mal stärker als Fentanyl, das bereits die aktuelle Drogenkrise in den USA anheizt.
Es wird zwar vermutet, dass diese Verbindungen aus China stammen, aber „niemand weiß es wirklich genau“, so Dr. Jarid Pachter von Stony Brook Medicine, der auf Familien- und Suchtmedizin spezialisiert ist, gegenüber The Epoch Times.
Bislang wurden 20 verschiedene Arten von Nitazenen in illegalen Straßendrogen nachgewiesen. In den Vereinigten Staaten sind alle Nitazene illegal, da sie zu den Drogen der Kategorie I gehören, die keinen anerkannten medizinischen Nutzen haben und ein hohes Missbrauchs- und Abhängigkeitspotenzial aufweisen.
Nach Angaben der US-Drogenbehörde (DEA) werden Nitazene verwendet, um illegale Drogen zu verstärken und billiger herzustellen. Diese chemische Manipulation hat bereits zu tödlichen Überdosierungen geführt.
Nitazene erfordern mehrere Naloxon-Dosen
Synthetische Opioide, zu denen auch die Klasse der Nitazene zählt, gehören zu den sich am schnellsten verbreitenden Opioiden in den USA.
Die meisten Patienten mit einer Überdosis Nitazene oder anderer neuartiger Opioide benötigen zwei oder mehr Naloxon-Dosen zu ihrer Rettung, während bei einer Überdosis von Fentanyl nur eine Dosis erforderlich ist, so die im „JAMA Network Open“ veröffentlichten Forschungsergebnisse.
Ihre extreme Potenz und ihr pharmakologisches Profil erhöhen auch das Risiko einer bisweilen tödlichen Überdosierung, insbesondere in Kombination mit anderen das zentrale Nervensystem betäubenden Substanzen wie Benzodiazepinen oder Alkohol.
Über 100.000 Todesfälle durch Überdosierung allein im Jahr 2023
Seit 2009 ist ein wachsender Anteil der Todesfälle in den USA durch Überdosierung auf Opioide zurückzuführen, die im Jahr 2019 für fast 71 Prozent aller tödlichen Überdosierungen verantwortlich waren. Vorläufige Daten der U.S. Centers for Disease Control and Prevention (CDC) gehen von landesweit über 106.000 Todesfällen durch Überdosierung bis September 2023 aus, was aufgrund unvollständiger Meldungen noch eine Unterschätzung ist.
Über 40 Prozent der amerikanischen Erwachsenen kennen jemanden, der an einer tödlichen Überdosis gestorben ist, so eine aktuelle Umfrage der US-amerikanischen Denkfabrik RAND Corporation. Darüber hinaus gaben 13 Prozent an, dass der Tod durch eine Überdosis in ihrem persönlichen Umfeld ihr Leben erheblich beeinträchtigt hat.
Noch relativ entspannte Lage in der EU
In der EU stellt sich die Situation weniger dramatisch dar, auch wenn die Europäische Beobachtungsstelle für Drogen und Drogensucht (European Monitoring Center for Drugs and Drug Addiction, EMCDDA) im europäischen Drogenbericht 2023 (European Drug Report 2023) zu erhöhter Aufmerksamkeit rät.
Heroin sei nach wie vor für die meisten opioidbedingten Todesfälle verantwortlich. Die Zahl der Länder, in denen dies der Fall sei, habe aber abgenommen. Gleichzeitig hätten andere Opioide an Bedeutung gewonnen.
Dem Bericht zufolge könnten synthetische Opioide in der EU eine wachsende Bedrohung darstellen. Sie spielten aber „auf dem europäischen Drogenmarkt insgesamt eine relativ geringe Rolle, obwohl sie in einigen Ländern ein erhebliches Problem darstellen. So gibt es beispielsweise Informationen, die darauf hindeuten, dass im Jahr 2022 die Verfügbarkeit und die Schäden einschließlich drogenbedingter Todesfälle im Zusammenhang mit synthetischen Opioiden in einigen nördlichen und baltischen Ländern zunehmen werden.“
Bisher konzentrierten sich die Bedenken in diesem Bereich vor allem auf die Verfügbarkeit und den Konsum von Fentanylderivaten, wie Carfentanil. In jüngster Zeit wurde jedoch das Auftauchen hochpotenter Benzimidazol-(Nitazen-)Opioide, einschließlich Protonitazol, Metonitazol und Isotonitazol sowie die Entdeckung von Opioidmischungen mit neuen Benzodiazepinen und Beruhigungsmitteln, wenn auch in geringem Umfang, festgestellt, heißt es in dem Bericht.
Schätzungsweise 0,33 Prozent der EU-Bevölkerung, das heißt rund eine Million Menschen, haben dem Bericht zufolge im Jahr 2021 Opioide konsumiert. Der Bericht schätzt, dass im Jahr 2021 in der Europäischen Union über 6.100 Todesfälle im Zusammenhang mit einer oder mehreren illegalen Drogen gemeldet wurden. Zum Vergleich: Das US-amerikanische National Institute on Drug Abuse meldete für das Jahr 2021 106.000 Todesfälle durch Überdosierung.
Dieser Artikel erschien im Original auf theepochtimes.com unter dem Titel „Much Stronger Than Fentanyl, Nitazene Presents a Looming Crisis“. (deutsche Bearbeitung jw)
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