Rechtsgutachten zu CETA: Handelsabkommen gefährdet Schutz von Verbrauchern und Umwelt

Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) hat die versuchte Einflussnahme von Industrielobbyisten sowie der kanadischen Regierung auf den Gesetzgebungsprozess beispielhaft nachgewiesen. Ein neues Rechtsgutachten der Umweltrechtsexpertin Cornelia Ziehm im Auftrag des BUND zeigt auf, dass die geplante regulatorische Kooperation in CETA erhebliche negative Folgen für Bestand und Fortentwicklung des Umweltrechts in der Europäischen Union haben würde.
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Protest gegen CETA und TTIPFoto:  Olivier Hoslet/dpa
Epoch Times9. September 2016

Am Beispiel der EU-Regulierung riskanter hormonell wirksamer Chemikalien – sogenannter endokriner Disruptoren (EDC) – hat der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) die versuchte Einflussnahme von Industrielobbyisten sowie der kanadischen Regierung auf den Gesetzgebungsprozess nachgewiesen. Ein neues Rechtsgutachten der Umweltrechtsexpertin Cornelia Ziehm im Auftrag des BUND zeigt in Verbindung mit einer aktuellen Analyse des Gesetzgebungsprozesses zu EDC auf, dass die geplante regulatorische Kooperation in CETA, dem fertig verhandelten Handels- und Investitionsabkommen der EU mit Kanada, erhebliche negative Folgen für Bestand und Fortentwicklung des Umweltrechts in der Europäischen Union haben würde.

„Wir haben uns den CETA-Text genau angesehen und sind entsetzt über die Vielzahl von Möglichkeiten, die Umwelt- und Verbraucherschutzstandards schwächen würden“, sagte der BUND-Vorsitzende Hubert Weiger. „Auch ohne CETA und TTIP haben wirtschaftliche Interessen bei der Planung von Gesetzen in der EU bereits einen starken Einfluss. Die Abkommen würden noch weiter gehen und die Zielvorgabe, so genannte unnötige Handels- und Investitionshemmnisse zu vermeiden, vertraglich festschreiben. CETA macht die Tür weit auf für Lobbyisten, die umwelt- und gesundheitsschädliche Stoffe und Produkte auf den Markt bringen wollen. Handelspartner erhielten das Recht, in die Gestaltung neuer Gesetzesmaßnahmen eingebunden zu werden. Auch wenn dies auf freiwilliger Basis geschehen soll, müssten die Handelspartner eine Weigerung stets begründen“, so Weiger. Zudem seien die Vertragsparteien „verpflichtet“, die Regulierungszusammenarbeit „weiterzuentwickeln“, auf dieses Recht könne sich der Handelspartner mit CETA stets berufen.

Dass diese „Weiterentwicklung der Regulierungszusammenarbeit“ in der Praxis den Umwelt- und Verbraucherschutz unter Druck setzt und schwächt, belegt in Verbindung mit dem Rechtsgutachten die aktuelle BUND-Analyse zur EDC-Regulierung. Auf Drängen der Industrie und der US-amerikanischen und kanadischen Regierung sei die Europäische Kommission hier bereits dem Imperativ in CETA gefolgt, „unnötige Regulierungsunterschiede“ zu vermeiden. So habe die EU-Kommission dem Druck vonseiten der Industrie und des Handelspartners Kanada nachgegeben und ihren ersten Regulierungsvorschlag, der das Vorsorgeprinzip noch berücksichtigte, verändert. Der neue Vorschlag der EU-Kommission zur Regulierung hormonell wirksamer Schadstoffe würde das Vorsorgeprinzip ignorieren und geltende Schutzstandards – trotz Warnungen von unabhängigen Wissenschaftlern – erheblich schwächen.

„Die EU-Kommission zeigt sich offen gegenüber dem massiven Einfluss von Lobbyisten der Chemieindustrie. Im Namen des Freihandels sollen schwer erkämpfte Umwelt- und Verbraucherschutzstandards geopfert werden, nur um die Gewinne von Chemie- und Gentechnikkonzernen zu steigern. Die Strategie, den Umwelt-, Gesundheits- und Verbraucherschutz als Handelshemmnis zu diffamieren, darf nicht aufgehen. Angesichts dieser Vorgänge darf die Bundesregierung weder der vorläufigen Anwendung noch einer für später geplanten Unterzeichnung von CETA zustimmen“, sagte der BUND-Vorsitzende.

Der BUND-Handelsexperte Ernst-Christoph Stolper forderte insbesondere von der SPD klare Signale gegen CETA: „CETA ist keinesfalls besser als TTIP, beide Abkommen untergraben den Umwelt- und Verbraucherschutz. Dass beim Parteikonvent in Wolfsburg die Mehrzahl der 47 Anträge zu CETA das Abkommen und damit auch die Beschlussvorlage des Parteivorstands ablehnen werden, belegt die deutliche Spaltung innerhalb der Partei. Sollte die Entscheidung der SPD am 19.September entgegen allen Protesten trotzdem zugunsten von CETA ausfallen, kann dies nicht das letzte Wort sein. Die SPD braucht, nachdem sich mehrere Landesverbände und die Jusos gegen CETA gestellt haben, eine Basisbefragung nach Vorbild der österreichischen Sozialdemokraten. Es ist richtiger, die betroffenen Menschen zu fragen, anstatt in Hinterzimmern zu verhandeln“, sagte Stolper.

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(BUND/mh)



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