Schluss mit allen fossilen Kraftstoffen 2035 und hundert Prozent Ökolandbau
Die Organisation GermanZero arbeitet an einem kompletten Gesetzeswerk, das Deutschland auf 1,5-Grad-Kurs bringen soll. Den ersten Schritt bildet ein ehrgeiziges Maßnahmenpaket, das am Mittwoch vorgestellt werden soll. Mehr als hundert Juristinnen und Juristen sind nach Angaben der Organisation dabei, dieses bis zum Jahresende in konkrete Gesetzestexte zu gießen.
„Es haben bislang weder die Bundesregierung noch eine der großen Parteien eine Strategie vorgelegt, wie wir die 1,5 Grad-Grenze einhalten könnten“, begründet GermanZero-Klimaexpertin Lea Nesselhauf gegenüber der Nachrichtenagentur AFP das Vorgehen. Schon die deutschen Klimaziele reichten dafür auch in der im Sommer nachgeschärften Form nicht aus, und die Wahlprogramme der Parteien bleiben selbst hinter diesen „schwachen Zielen“ noch zurück. „Da haben wir gesagt, dann machen wir das eben.“
Die von GermanZero in einem 500-Seiten-Katalog geforderten Maßnahmen sind weitreichend: Hundert Prozent erneuerbare Energien ab 2035, Abschied von neuen Pkw mit Verbrennungsmotor ab 2025 und für Lkw ab 2030, Nullenergie-Standard für alle Neubauten ab sofort. Ab 2035 sollen keine CO2-Emissionszertifikate mehr ausgegeben werden, was das Aus für alle fossilen Kraftstoffe sowie für Treibhausgasemissionen der Industrie bedeuten würde, die Landwirtschaft soll bis dahin komplett auf Öko-Landbau umgestellt sein.
Damit soll dann ab 2035 Treibhausgasneutralität erreicht sein, zehn Jahre früher als derzeit im Klimaschutzgesetz vorgesehen. Auch Nesselhauf räumt ein, dass dies nicht einfach sein wird: „Den Hochlauf der erneuerbareren Energien in der Zeit hinzubekommen, wird eine große Herausforderung werden.“ Helfen soll in diesem Bereich ein neues Ausschreibungsprogramm, „das für den nötigen Ausbau von großen Wind- und PV-Anlagen sorgen würde.“
GermanZero ist sich sicher: Ziele umsetzbar
Das Argument, dass Zeitrahmen und Ziele von GermanZero so nicht umsetzbar seien, weist Nesselhauf zurück: „Alle Vorschläge sind durch Expertinnen und Experten geprüft worden“, stellt sie klar. Sie argumentiert umgekehrt: „Es ist radikal unrealistisch, einfach so weiterzumachen wie bisher.“ Das 1,5-Grad-Ziel des Pariser Klimaschutzabkommens sei schließlich „nicht ’nice-to-have‘, sondern es geht um unsere natürlichen Lebensgrundlagen“.
Auch sei das Erstzulassungsverbot für Pkw mit Verbrennungsmotor ab 2025 schließlich kein Fahrverbot. Regenerativ erzeugte synthetische Kraftstoffe – wenn auch ineffizient – könnten sogar nach 2035 noch einen Weiterbetrieb ermöglichen. Konventionelle Agrarbetriebe sollten nicht geschlossen werden, sie müssten sich jedoch dann an die bereits für Ökolandbau geltenden Regeln halten.
Die Idee hinter dem GermanZero-Konzept ist der auch von der Klimawissenschaft favorisierte Budgetansatz. Demnach ist für Deutschland für einen 1,5-Grad-Pfad insgesamt noch ein CO2-Ausstoß von rund drei Gigatonnen akzeptabel, so Berechnungen des Sachverständigenrats für Umweltfragen.
Bei Klimaversprechen aus der Politik, etwa wenn SPD-Kandidat Olaf Scholz sich auf Plakaten als „Klimakanzler“ bewerben lässt, ist Nesselhauf skeptisch. Sie verweist auf dessen Festhalten am Kohleausstieg erst 2038, was mit dem Ziel möglichst rascher Treibhausgasneutralität „überhaupt nicht vereinbar“ sei. Unterschiede zwischen den Parteien sieht sie jedoch schon, auch wenn sie mit keiner ganz zufrieden ist. „Linke und Grüne sind da noch einigermaßen nah dran“, sagt Nesselhauf mit Blick auf die Klimaziele. (afp/oz)
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