Dürre-Alarm vorschnell? Regen hat Böden durchfeuchtet – im Osten tiefe Erdschichten noch trocken

Wochenlanger Regen im Sommer hat Irritationen über Warnungen vor Dürre ausgelöst. Mittlerweile räumen Forscher ein, dass die Böden in Deutschland „gut durchfeuchtet“ sind. Trockenheit besteht aber noch in tiefen Erdschichten im Osten.
Insgesamt werden die Sommer in Deutschland trockener.
Bezüglich der Dürre in Deutschland haben Regenfälle im Sommer für Erleichterung gesorgt. Vollständige Entwarnung wollen Forscher aber noch nicht geben.Foto: Armin Weigel/dpa
Von 12. September 2023

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Nach Monaten der Warnungen vor Dürre in Deutschland räumen Forscher nun ein, dass die Böden „gut durchfeuchtet“ seien. Dies gelte zumindest für die meisten Teile des Landes. Grund dafür seien ein feuchtes Winterhalbjahr und ein teilweise sehr nasser Sommer.

Andreas Marx leitet den „Dürremonitor“ des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung (UFZ) in Leipzig. Wie die „Welt“ berichtet, attestiert er den Böden im Land bis auf eine Tiefe von 60 Zentimetern eine gute Versorgung mit Feuchtigkeit. Auch für die Landwirtschaft habe es deutschlandweit in diesem Jahr keine Probleme mit Dürre gegeben. Tatsächlich haben Bauern eher darüber geklagt, dass ununterbrochener Regen die Ernte und die Qualität des Getreides beeinträchtige.

Medien hatten noch inmitten ausgedehnter Niederschlagsphasen vor Dürre gewarnt

Die teils über mehrere Tage hinweg anhaltenden Regenfälle haben die zuvor verzeichnete Dürre in weiten Teilen Deutschlands aufgelöst. Darüber sind sich Forscher mittlerweile einig. Dies steht nach Auffassung vieler Nutzer sozialer Medien im Widerspruch zu einer Vielzahl von Dürrewarnungen aus Medien und Politik. Diese hätten das gesamte Jahr über die Berichterstattung geprägt – und Politiker hätten darauf gestützt Einschränkungen für Privatpersonen gefordert.

Noch im August, der zumindest zu Beginn von lang anhaltenden Niederschlägen gekennzeichnet war, sprach die „Tagesschau“ von einer flächendeckenden Dürre in Europa. Diese bedrohe den halben Kontinent und sei ein Ausdruck der „Klimakrise“. Zu Beginn desselben Monats hatte auch das ZDF von „vielerorts ausgetrockneten Böden“ in Deutschland berichtet.

Die Dürre bedrohe 47 Prozent des Kontinents, auf 17 Prozent der Flächen sei die Lage bereits „alarmierend“. So hieß es in einem Bericht der von der EU-Kommission betriebenen Europäischen Dürrebeobachtungsstelle. Die Ernte von Mais, Sojabohnen und Sonnenblumen sei gefährdet, niedrige Pegelstände von Flüssen beeinträchtigten auch die Wasserkraft und die Kühlsysteme von Kraftwerken.

Politiker der Grünen forderten vor diesem Hintergrund bereits Maßnahmen wie eine Obergrenze für den Wasserverbrauch oder den Verzicht auf die Nutzung von Gartenpools.

Dürre in Wäldern und tiefen Erdschichten teils immer noch nicht überwunden

Mittlerweile sprechen Forscher wie Andreas Marx von einer „sehr außergewöhnlichen“ Situation. Nicht nur die hohen Niederschlagsmengen des Sommers hätten die Dürre „von Schleswig-Holstein bis Thüringen über Hessen, Rheinland-Pfalz und das Saarland aufgelöst“. Zudem seien die Böden bereits „durch das vorangegangene feuchte Winterhalbjahr sehr nass“ gewesen.

Eine komplette Entwarnung will Marx allerdings nicht geben. Vor allem in tiefen Erdschichten und in Wäldern Ostdeutschlands sei es zu früh, von einer Erholung zu sprechen. Der Wald sei „immer noch im Stress, weil die Niederschläge nicht in tiefe Wurzelregionen von bis zwei Metern kommen“. Die Trockenheit der vergangenen Jahre hätten bundesweit zum Verlust von mehr als 500.000 Hektar Wald geführt.

Unterhalb von 60 Zentimetern und bis in eine Bodentiefe von zwei Metern sei es vor allem in Ostdeutschland und Teilen Niedersachsens immer noch trocken. Das Atlantische Klima im Westen und bis zu 2.200 Liter pro Quadratmeter Regen in den Alpen schafften dort eine günstigere Ausgangsposition. Im Osten herrsche hingegen ein Kontinentalklima mit lediglich bis zu 450 Litern vor.

Klimawandel steigert den Wasserbedarf von Pflanzen

Auch Fred Hattermann, Arbeitsgruppenleiter Hydrologie am Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK), hält die Trockenheit noch nicht für überwunden. Gegenüber dem NDR erklärte er, der diesjährige Regen habe das Niederschlagsdefizit der vergangenen Jahre nicht kompensieren können. Zudem sei der Sommer insgesamt warm gewesen und der Wasserbedarf der Vegetation steige nach wie vor:

Wir müssten also jedes Jahr mehr Niederschläge bekommen, um dies zu kompensieren.“

Im Jahr 2018 war in Deutschland das erste von drei Dürrejahren in Folge zu verzeichnen. Im Jahr 2022 habe sich die Entwicklung nach einem eher niederschlagsreichen 2021 fortgesetzt. Der Niederschlagsbedarf der Böden steigt Experten zufolge, weil der Klimawandel dazu führe, dass es früher im Jahr warm werde. Dies verlängere die Wachstumsperiode von Pflanzen – und in Hitzeperioden steigen die täglichen Verdunstungsraten.

Insgesamt hat die Zahl der Trockenperioden in Deutschland seit 1952 zugenommen, wobei seit 2018 die ausgeprägteste zu verzeichnen war. Die meisten Dürren sind von kurzer Dauer und kamen im 20. Jahrhundert drei- bis viermal pro Jahrzehnt vor.

Länger anhaltende Dürren von einem Jahr und mehr gibt es statistisch nur dreimal pro Jahrhundert. Aus diesem Grund gelten die gehäuften Dürreperioden in Europa als Ausdruck einer durch menschliche Einflüsse beschleunigten Erderwärmung.



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