Sportliches E-Bike – nicht nur für Manager
Auf den ersten Blick sieht der „Voltist“ nicht wie ein Elektrofahrrad aus. Nur bei genauem Hinsehen sind die im Rahmen integrierten elektrischen Komponenten zu erkennen. Auch die futuristische Form erinnert eher an ein Highend-Rennrad. Entwickelt wurde das Carbon-E-Bike von den Professuren Sportgerätetechnik sowie Schaltkreis- und Systementwurf der Technischen Universität Chemnitz gemeinsam mit dem hessischen Fahrradhersteller Storck. Die Entwicklung des Prototyps, der zahlreiche Innovationen in sich vereint und 2012 in Serie gehen soll, wurde von der Arbeitsgemeinschaft industrieller Forschungsvereinigungen (AiF) gefördert.
„Der Voltist verfügt über ein neuartiges Multi Size Concept. Der kohlenstofffaserverstärkte Rahmen lässt sich in Radstand, Oberrohrlänge und Sitzhöhe auf Fahrer von etwa 1,60 bis zu 1,95 Meter Körpergröße anpassen“, erläutert Stephan Odenwald, Professor für Sportgerätetechnik, und ergänzt: „Die künftige Serienfertigung des Rahmens wurde rationalisiert, da nur noch ein Formwerkzeug statt bisher vier bis fünf zur Herstellung notwendig ist.“ Zudem wurden die Antriebskomponenten und Anbauteile in die Rahmenstruktur integriert, ein Akku mit intelligenter Ladeelektronik entwickelt und eine RFID-basierte Wegfahrsperre vorgesehen. Eine weitere wesentliche Innovation stellt die Nutzung eines GPS-fähigen Smartphones zur dynamischen Anpassung der Motorunterstützung dar. Prof. Dr. Ulrich Heinkel von der Professur Schaltkreis- und Systementwurf erläutert: „In Abhängigkeit von der geplanten Fahrstrecke, der noch zur Verfügung stehenden Akkukapazität und dem Fahrerverhalten wird die Motorleistung dosiert. So wird vermieden, dass der Akku vor Erreichen des Fahrziels leer ist.“ Eine Schaltung ist am Rad nicht vorgesehen.
Das E-Bike deckt dank einer angepassten Übersetzung und der Motorunterstützung einen weiten Geschwindigkeitsbereich ab. Zudem schützt ein vollständig gekapselter und damit wartungsarmer Antriebsstrang mehrere Komponenten wie Kette und Ritzel vor Verschmutzung. Umgekehrt ist auch eine Berührung des Hosenbeines mit der öligen Kette ausgeschlossen. „Dieses E-Bike dürfte somit auch für Kunden interessant sein, die beim Radfahren Business-Kleidung tragen. Zudem wird die Fahrt zum Arbeitsplatz nicht länger zum schweißtreibenden Kraftakt“, sagt Odenwald.
Erstmals wurde das Konzeptrad 2011 auf Europas größter Fahrradmesse, der Eurobike, vorgestellt. „Begeistert aufgenommen wurde von vielen Standbesuchern das progressive, sportliche Design und die gelungene Systemintegration“, berichtet Projektleiter Stefan Schwanitz von der Professur Sportgerätetechnik und fügt hinzu: „Viele bemerkten gar nicht, dass es sich beim Voltist um ein Elektrofahrrad handelt, denn alle Elektrokomponenten sind im Rahmen versteckt.“ Die Entwickler folgen damit dem Wunsch vieler potentieller E-Bike-Kunden, die im vergangenen Jahr an einer wissenschaftlichen Erhebung auf der Eurobike teilgenommen haben.
Dank moderner Entwicklungstools dauerte der Weg von der Idee zum Prototyp nur zwölf Monate. Beispielsweise wurde der Entwurf im „Virtual Reality Center Production Engineering“ der Professur für Werkzeugmaschinen und Umformtechnik der TU Chemnitz dreidimensional visualisiert und hinsichtlich seiner Formsprache überprüft. Anschließend erfolgte die Herstellung des Messeprototypen im „Rapid Prototyping“-Verfahren.
„Am fertig lackierten und montierten Messeprototyp werden nun erforderliche Anpassungen für die Serienfertigung analysiert“, sagt Jens Buder, Leiter Forschung und Entwicklung der Storck Bicycle GmbH. In den nächsten zwei Monaten erfolgen darüber hinaus weitere Optimierungsarbeiten zur Abstimmung des intelligenten Elektroantriebs. Deshalb dauert es noch etwas, bis Radsportfreunde ein solches Rad käuflich erwerben können. „Bis zur Eurobike 2012 soll das E-Bike serienreif sein. Wer möchte, kann es dann in Friedrichshafen auf dem Messetestparcours ausgiebig Probe fahren“, ergänzt Buder, der übrigens Sportgerätetechnik an der TU Chemnitz studierte. Anschließend war er an der Universität in diesem Bereich als wissenschaftlicher Mitarbeiter tätig und kam über seine sportliche Bindung als Crosstriathlet zu Storck und später über das gemeinsame E-Bike-Projekt zu seinem heutigen Job. (idw/Steinebach)
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