Zweifel an Platinis Erklärung für FIFA-Millionenzahlung
Die Erklärung des Franzosen, der höchst umstrittene Fußball-Weltverbandschef Joseph Blatter habe ihm ein Berater-Honorar in Millionenhöhe wegen angeblich knapper FIFA-Kassen erst mit neun Jahren Verspätung auszahlen lassen, sorgte für Verwunderung. Der französische Sportminister Patrick Kanner forderte Platini auf, „alle Verdächtigungen aus dem Weg“ zu räumen. Sogar Frankreichs einflussreiche Sportzeitung „L’Equipe“ titelte: „Platini in Gefahr“.
Internationalen Medien konterten Platinis Argumentation umgehend mit dem Verweis auf die FIFA-Bilanzen. Im Jahr 2002 hatte Blatter demnach einen Gewinn von 115 Millionen Schweizer Franken verkündet. Dass der Schweizer im gleichen Zeitraum seinen damaligen Intimus Platini für dessen Dienste angeblich nur anteilig entlohnen konnte, weil das Geld fehlte, erscheint zumindest seltsam. Erst im Jahr 2011 seien dann auf Nachfrage weitere zwei Millionen Schweizer Franken für seine Arbeit zwischen Januar 1999 und Juni 2002 geflossen, erklärte Platini.
Der 60-Jährige wischte in einem Interview der Nachrichtenagentur AFP alle Zweifel an seiner Integrität beiseite und bekräftigte seine Absicht, für die Nachfolge Blatters zu kandidieren. Doch Platinis wacklige Beteuerungen allein dürften kaum reichen. Platini müsse belegen, dass die FIFA-Zahlung „sowohl juristisch haltbar als auch moralisch vertretbar“ sei, sagte Alfons Hörmann, Präsident des Deutschen Olympischen Sportbundes, der „Sport Bild“.
Genau das erwartet wohl auch die Schweizer Bundesanwaltschaft, die Platini bereits als Auskunftsperson im Strafverfahren gegen Blatter vernommen hat. Der UEFA-Chef sei eben nicht bloß als Zeuge im Visier der Justiz, sondern als „etwas zwischen Zeuge und Beschuldigter“, stellte Bundesanwalt Michael Lauber noch einmal klar. Zudem schloss Lauber nicht aus, dass nach der FIFA-Zentrale auch das Hauptquartier der UEFA nach Beweisen durchsucht werden könnte. Auch die Eröffnung eines Strafverfahrens gegen Platini erscheint keineswegs unmöglich.
Platini will seine Karriere mit einer Aussage vor der Ethikkommission der FIFA retten, die über mögliche Sperren für ihn und Blatter offenbar noch nicht entschieden hat. Ohnehin müsste der frühere Weltklasse-Fußballer einen Integritätscheck des FIFA-Wahlkomitees bestehen, ehe er zur Präsidentenwahl zugelassen wird. Für den Weltverband wäre Platini als Chef eine große Chance, versicherte Frankreichs Sportminister Kanner dem Sender France Info. „Aber ich stelle auch fest, dass es einen neuen Fall gibt“, fügte der Spitzenpolitiker unter Verweis auf die dubiose FIFA-Zahlung hinzu.
Borussia Dortmunds Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke sieht Platini in der Pflicht, „zügig und detailliert“ die Hintergründe der Finanzspritze aufzudecken. Es gehe dabei auch um die Reputation des Franzosen. „Aber das muss er schon sehr gut erklären“, sagte Watzke der „Sport Bild“.
DFB-Präsident Wolfgang Niersbach hatte vor einer Vorverurteilung Platinis gewarnt, aber eine „aktive, transparente Darlegung der Vorgänge“ angemahnt. Niersbach gilt als möglicher Anwärter auf den UEFA-Chefposten, sollte Platini auf den FIFA-Thron wechseln – oder über die Affäre stolpern.
Platini war bislang Favorit auf die Nachfolge von Blatter. Die Schweizer Justiz ermittelt gegen Blatter „wegen des Verdachts der ungetreuen Geschäftsbesorgung“ und Veruntreuung. DOSB-Chef Hörmann forderte im Lichte der jüngsten Entwicklungen einen umgehenden Rückzug Blatters. „Ich bin der Meinung, dass nun schnell gehandelt werden muss und eine Änderung an der FIFA-Spitze sofort notwendig ist“, sagte Hörmann.
Blatter aber bestreitet die Vorwürfe und will wie angekündigt bis Februar 2016 im Amt bleiben. In einer Rede vor FIFA-Mitarbeitern versicherte der 79-Jährige zu Wochenbeginn, er habe nichts Illegales getan.
(dpa)
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