Vor WM: Deutsche Schwimmer nach Olympia-Pleite bescheiden
Im Jahr eins nach dem Rücktritt von Ausnahmekönner Paul Biedermann und dem Olympiadebakel braucht das deutsche Schwimmen dringend positive Nachrichten.
Weltmeister Marco Koch sowie die Weltranglisten-Ersten Philip Heintz und Franziska Hentke sind die Hoffnungsträger im Mini-Team der Beckenschwimmer vor der an diesem Freitag beginnenden WM in Budapest. Von Medaillen spricht Chefbundestrainer Henning Lambertz nach den Olympia-Nullnummern von London (2012) und eben von Rio (2016) vor dem ersten Wegweiser für die Sommerspiele in drei Jahren in Tokio lieber nicht.
„Ich werde keine Prognosen mehr aufstellen“, sagte Lambertz der Deutschen Presse-Agentur. „Damit kann man nur verlieren.“ Mutiger formulieren Wasserspringer und Freiwasserschwimmer, die traditionell wie die Synchronschwimmerinnen den Auftakt machen, ihre Weltmeisterschaftsvorstellungen. Nach insgesamt sieben Medaillen des Deutschen Schwimm-Verbandes bei der WM 2015 und nur einer einzigen in Rio wird es auch diesmal nicht viele Plaketten geben. Ein deutsches Wasserballteam ist in Ungarn nicht am Start, Medaillenhoffnungen gibt es beim Klippenspringen zum WM-Ende.
„Ein bis zwei Medaillen wären schön und möglichst viele Finalplatzierungen“, sagte Wassersprung-Bundestrainer Lutz Buschkow zu den WM-Ambitionen seines Teams. Rekordeuropameister Patrick Hausding startet am Freitag in den Vorkämpfen im Kunstspringen vom Ein-Meter-Brett als einer der ersten deutschen Sportler. „Wir haben hier eine sehr gute Wettkampfstätte, die keine Wünsche offenlässt“, sagte Buschkow auf der Sportler-Tribüne. Am Feintuning wurde am Donnerstag in der noch fast leeren Arena gearbeitet. Die Freiwasser-Asse stimmten sich am Plattensee auf ihre Wettkämpfe ein.
Rund ums Becken in Budapest beobachteten nicht nur Wasserspringer die Konkurrenz. Auch der designierte WM-Star, die dreimalige Olympiasiegerin Katinka Hosszú, schaute vorbei. Die ungarische Lokalmatadorin will wieder reihenweise Titel einheimsen. Wenn man die internationalen Sportler sehe, „kommt schon das große Kribbeln“, sagte Buschkow. Allerdings nicht bei den TV-Zuschauern: Die DSV-Athleten werden nicht im Hauptprogramm von ARD und ZDF gezeigt.
Die Hoffnungen beim Wasserspringen ruhen vor allem wieder auf Edelmetall-Garant Hausding. Der Synchronsprung-Weltmeister von 2013 will den Ein-Meter-Wettkampf auch als Warm-Up nutzen. „Vielleicht kann man da ein gutes Achtungszeichen setzen“, meint Hausding. Sein Fokus liegt aber auf den danach anstehenden Sprüngen aus drei Metern, einzeln und synchron mit dem angeschlagenen Stephan Feck, sowie der Abschiedsvorstellung vom Zehn-Meter-Turm mit Sascha Klein.
Buschkow traut dem erfahrenen Duo Hausding/Klein, den Silber-Gewinnern von Olympia in Peking 2008, „eigentlich alles“ zu. Und das Training macht Mut: Nach einem Übungssprung klatschte Buschkow laut in die Hände.
Großes Vertrauen in seine Athleten hat auch Freiwasser-Trainer Stefan Lurz. „Schön wären ein bis zwei Medaillen und drei bis vier zusätzliche Top-8-Ergebnisse“, sagt er. Er setzt vor allem auf Finnia Wunram, Rob Muffels, Angela Maurer und die Staffel. Die Freiwasserschwimmer kämpfen als einzige Teilnehmer nicht in der ungarischen Hauptstadt um WM-Ehren, sondern im rund 130 Kilometer entfernten Plattensee.
Wenn dort am Samstag Marcus Herwig und Ruwen Straub als erste Schwimmer für Deutschland ins Fünf-Kilometer-Rennen starten, arbeiten die Beckenleute noch am letzten Form-Feinschliff. Ihre Rennen finden ab dem 23. Juli statt. Lagen-Spezialist Heintz und Schmetterlingsschwimmerin Hentke wollen dann an ihre starken Leistungen von den deutschen Meisterschaften Mitte Juni anknüpfen. Beide sind in Berlin Weltjahresbestzeiten geschwommen und zählen zu den Medaillenkandidaten. Auch Weltmeister Koch, der in Kasan vor zwei Jahren neben dem Freiwasser-Team für das einzige Gold sorgte, gehört wieder dazu.
Hinter den drei wird es aber dünn. Nur Rückenschwimmerin Lisa Graf knackte neben Heintz und Hentke noch die harten WM-Normen. Selbst Koch scheiterte an den Vorgaben. Für ihn machte der DSV eine Ausnahme – ebenso für einige Sportler, die über die Staffeln ins Team rutschten. Hinzu kommen einige U23-Athleten. Mit 14 Beckenschwimmern schickt der DSV den kleinsten Kader seit der Wiedervereinigung zur WM.
„Die Mannschaft ist etwas kleiner, das finde ich im Grundprinzip nicht verkehrt“, sagt Stefan Lurz zum Beckenteam. Wichtig sei die Stimmung in der Mannschaft. „Verlaufen die ersten zwei, drei Starts positiv, wird es laufen“, prognostiziert er. „Verlaufen sie nicht positiv, kommen aufgrund der negativen Vergangenheit gleich wieder die Fragen und Diskussionen auf. Dann werden es wieder sechs bis sieben schwere Tage.“ (dpa)
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