Viel Symbolik beim Deutschland Cup in Krefeld
In diesem Jahr zählt fast nur die Symbolik. Mit aller Macht kämpfte der Deutsche Eishockey Bund um den Deutschland Cup in Krefeld, der allen Widerständen zum Trotz von Donnerstag bis Sonntag stattfindet und kaum etwas mit dem Vier-Nationen-Turnier in gewohnter Form zu tun hat.
„Ganz klar, das ist ein Lebenszeichen unseres Sports: Wir sind wieder da“, sagte DEB-Präsident Franz Reindl der Deutschen Presse-Agentur vor dem Turnierstart.
Damit beendet der Verband fast mit Gewalt einen knapp achtmonatigen Stillstand im deutschen Eishockey und nimmt einen finanziellen Verlust wegen fehlender Zuschauereinnahmen in Kauf. „Das sind etwa 300.000 Euro, die fehlen“, sagte Reindl, aber: „Die Tatsache, präsent zu sein, den Eishockeysport zu zeigen, die Nationalmannschaft zusammenkommen zu lassen, geht einfach vor.“
Bundestrainer Toni Söderholm betreute das Nationalteam zuletzt vor einem Jahr in Krefeld. Länderspiele und die WM im Mai fielen danach der Coronavirus-Pandemie zum Opfer. Auch jetzt hat Söderholm nur per Videostream Kontakt zu seinen Spielern – der 42 Jahre alte Finne wurde positiv auf Corona getestet. „Das ist ganz klar die größte persönliche Enttäuschung, die ich selbst als Spieler oder Trainer erlebt habe“, klagte Söderholm, der von U18-DEB-Coach Stefan Ziesche und vom Bremerhavener DEL-Trainer Thomas Popiesch vertreten wird.
Auch dass in Russland, Norwegen, der Schweiz und der Slowakei reihenweise mögliche Teilnehmer absagten, ließ das Turnier nicht platzen. Aus dem Vier-Nationen- wurde ein Zwei-Nationen-Turnier mit drei Teams. Neben Lettland ist Deutschland mit dem Nationalteam und dem Olympia-Perspektivteam vertreten. Den Auftakt macht das deutsch-deutsche Duell am Donnerstag (19.45 Uhr/Sport1 und MagentaSport). Vom fehlenden sportlichen Reiz wollen Spieler und Trainer aber nichts wissen. Selbst das interne DEB-Duell könnte spannend werden, meinte DEB-Veteran Yannic Seidenberg (36). „Wir wollen ja auch alle zeigen, dass wir noch hierhin gehören und nicht die jungen Wilden“, sagte der Olympia-Silbergewinner von 2018.
„Die Jungs sind absolut happy, hier zu sein. Die Freude kann man greifen. Es ist toll, wie motiviert sie sind“, sagte Söderholm-Vertreter Ziesche. „Das ist ein ganz wichtiges Turnier für unseren Verband. Man darf die Bedeutung nicht unterschätzen.“
Seit dem coronabedingten Saisonabbruch in der DEL im März gab es keinen professionellen Spielbetrieb in Deutschland mehr. „Ein echtes Horrorszenario“ nennt Reindl die aktuelle Situation: Ob die in höchstem Maße von Zuschauereinnahmen abhängige DEL in diesem Winter noch in eine Saison starten kann, ist unklar und soll am 19. November entschieden werden. „Die Folgen wären besonders für die Spieler und die Angestellten, aber auch für alle Organisationen dramatisch. Für den Nachwuchs ganz besonders, das macht mir langfristig echt Sorgen“, sagte Reindl zu einem möglichen Jahr ganz ohne Erstliga-Eishockey.
Die Folgen spürt auch der DEB, der sich nach der Etablierung in der erweiterten Weltspitze zuletzt im Aufwind befand. „Wir sehen den Aufschwung schon jetzt absolut als unterbrochen an“, meinte Reindl. Umso mehr kämpften er, Sportdirektor Stefan Schaidnagel und Bundestrainer Söderholm für den Deutschland Cup, von dem eine Art Signalwirkung ausgehen soll. „Wir wollen die Spiele sinnvoll nutzen, um der Sportart Leben zu geben“, bekräftigte Stürmer Marcel Noebels.
Am Wochenende starten die DEL2 und die drittklassige Oberliga wieder ihren Spielbetrieb. Nach dem Deutschland Cup beginnen dann acht der 14 Erstliga-Clubs zumindest mit einem Vorbereitungsturnier auf eine etwaige DEL-Saison. „Jedes Spiel in Deutschland ist derzeit ganz wichtig, um das Eishockey in Deutschland zum Leben zu erwecken. Wir stehen vor richtungsweisenden Wochen“, sagte Noebels.
Dafür scheint das Turnier selbst wichtiger als jeder sportliche Sieg. „Alle wollen Eishockey jetzt sehen. Es ist wichtig, dass es jetzt einen Push gibt“, meinte Söderholm und Noebels fügte hinzu: „Ich hoffe, dass dieses Turnier einwandfrei über die Bühne geht. Wir wollen mit unserem Alltag auch danach weitermachen.“ (dpa)
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