Vettels quälende Saison mit Ferrari: «Nicht konkurrenzfähig»
Besserung ist für Sebastian Vettel auch in Silverstone nicht in Sicht. Nach dem bitteren Saisonstart ohne Podestplatz in den ersten drei Formel-1-Rennen hat selbst der höchste Vorgesetzte des viermaligen Weltmeisters die Hoffnungen für 2020 so gut wie aufgegeben.
„Die Realität ist: Unser Auto ist nicht konkurrenzfähig“, sagte Ferrari-Chef John Elkann der „Gazzetta dello Sport“ und ergänzte: „Heute versuchen wir den Grundstein zu legen, um dann wieder konkurrenzfähig zu sein und zu gewinnen, wenn sich 2022 die Regeln ändern. Davon bin ich überzeugt.“
Vettel bringt das Hoffen auf die Zukunft nichts, er ist dann längst weg. Bis zu seinem Vertragsende bleibt ihm nur noch diese Saison, um wieder im roten Renner zu triumphieren. Das käme aber gerade einem kleinen Wunder gleich. Platz sechs wie zuletzt in Ungarn scheint für den 33-Jährigen aus Heppenheim aktuell fast das Maximum zu sein. Auf dem Hochgeschwindigkeitskurs von Silverstone droht im vierten Saisonlauf am 2. August (15.10 Uhr/RTL und Sky) die nächste Demütigung.
Auf der Mercedes-Paradestrecke gab es in den vergangenen sieben Jahren sechs Erfolge der Silberpfeile – unterbrochen nur durch Vettel 2018. „Ich freue mich jedes Jahr besonders auf Silverstone, weil es einfach eine ganz spezielle Rennstrecke ist. Jeder Fahrer liebt Silverstone“, sagte der Hesse zwar recht optimistisch. Allerdings weiß der zweimalige Renngewinner des Großen Preises von Großbritannien auch: „Wir sind gerade nicht da, wo wir sein wollen.“
Obwohl Vettel bald gehen muss, übt er keine öffentliche Kritik am Rennstall. Trotz des schlechtesten Ferrari-Saisonstarts seit 2014 und des beschämenden fünften Rangs in der WM-Teamwertung. Vettel bleibt zumindest nach außen loyal. Dabei wurde er in Budapest gerade erst von Weltmeister Lewis Hamilton überrundet und musste zweifelhafte Entscheidungen der Teamleitung um den angezählten Chef Mattia Binotto ertragen. Dieser genießt aber laut Konzern-Boss Elkann immer noch „vollstes Vertrauen“, da er „alle Kompetenzen und Charakteristiken hat, um einen neuen Siegerzyklus zu starten“.
Binotto war schon zu Zeiten von Michael Schumacher bei Ferrari und „weiß, wie man gewinnt“, sagte Elkann. Spekuliert wurde trotzdem über eine Absetzung des 50-Jährigen, stattdessen reagierte Ferrari mit strukturellen Veränderungen auf den Katastrophen-Start. Eine neue Abteilung für Leistungsentwicklung wurde eingerichtet. Davon erhofft sich das Werksteam, künftig effektiver und zielorientierter arbeiten zu können. Die anderen Hauptbereiche blieben (noch) unberührt.
„Es wird einige Zeit dauern, und wir werden Rückschläge erleiden, wie wir sie derzeit in Bezug auf Ergebnisse und Leistung erleben“, sagte Binotto. Weit entfernt von den eigenen sportlichen Ansprüchen sucht Ferrari nach Wegen aus der Krise. Auch Hoffnungsträger Charles Leclerc (21) konnte neben Vettel zuletzt wenig überzeugen und hat gegen Mercedes keine Chance. Beim Doppelpack in Silverstone ist nun ein starker Motor gefragt. Und den hat die Scuderia eben gerade nicht. „Wir können die Lücke erst dann schließen, wenn wir verstanden haben, warum unser Auto so langsam ist“, sagte Binotto.
Abseits der Piste gut 100 Kilometer nordwestlich von London geht es für Vettel in den kommenden Tagen auch darum, die Fragen nach seiner Zukunft zu klären. Im Raum steht weiter ein Wechsel zu Racing Point, das in der kommenden Saison das Werksteam des englischen Autobauers Aston Martin wird. Eigentlich besitzt der Mexikaner Sergio Perez dort neben Lance Stroll noch einen Vertrag bis Ende 2022, dieser könnte gegen ein üppiges Trennungsgeld jedoch schnell aufgekündigt werden.
Stichtag für eine Entscheidung soll laut Medienberichten der 31. Juli sein – dieser Freitag. Insider rechnen weiter damit, dass sich Vettel dem Rennstall ab 2021 anschließt, weil ihm die Optionen fehlen und es bei den Topteams keine freien Cockpits mehr gibt. „Mittelfristig kann Aston Martin für ihn eine gute Option sein“, schrieb der ehemalige Formel-1-Fahrer Nick Heidfeld in einer Kolumne für den TV-Sender Sky und fügte hinzu: „Sebastian wäre eine große Hilfe. Nicht nur aus Fahrersicht, sondern vor allem wegen seinem Wissen. (…) Zweifellos kann Sebastian für jedes Team mit Ambitionen den Unterschied machen.“ (dpa)
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