Vettel verzweifelt am neuen Ferrari-Liebling

Sebastian Vettel kommt nicht raus aus der Abwärtsspirale. Die Euphorie um den neuen Ferrari-Hoffnungsträger Charles Leclerc kann er nicht ignorieren. Der Deutsche erlebt vermutlich die schwerste Zeit seiner Formel-1-Karriere.
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Ist derzeit nicht nach Lächeln: Sebastian Vettel.Foto: Nicolas Lambert/BELGA/dpa
Epoch Times9. September 2019

Sebastian Vettel zupfte immer wieder an seiner Unterlippe. Er zog den roten Kragen seiner Regenjacke im wohltemperierten Motorhome von Ferrari nach oben, als wolle er sich dahinter verstecken. Ein Lächeln suchten Beobachter vergeblich.

„Ich liebe noch immer, was ich mache, aber wenn du es nicht gut machst, kannst du auch nicht glücklich sein“, räumte Vettel ein. Dem viermaligen Formel-1-Weltmeister droht das schlechteste WM-Abschneiden, seit er für Ferrari fährt.

Das fünfte Jahr bei der Scuderia sollte wie einst bei Vorbild Michael Schumacher zum Durchstarter mit dem ersten Titel für Ferrari werden. Weiter könnte Vettel davon nach dem Desaster von Monza kaum entfernt sein. Auf Rang fünf im Klassement rutschte der 32-Jährige nach Rang 13 beim hochemotionalen Großen Preis von Italien ab – überrundet vom eigenen Teamkollegen Charles Leclerc. „Leclerc schickt Vettel mit einem prächtigen Sieg in Monza in Rente“, urteilte die spanische Sportzeitung „Marca“ bereits.

Vettel also nur noch ein Auslaufmodell? Er macht wohl die schwerste Zeit seiner Formel-1-Karriere durch, die 2007 startete. „Der Schwan wurde zum hässlichen Entlein. Die Parabel von Sebastian Vettel ist ein Fall von Sportpsychologie“, kommentierte die italienische „La Stampa“ kühl, nachdem sich Vettel einmal mehr selbst um eine gute Platzierung gebracht hatte. „Er hat ein paar Fehler gemacht, aber das ist Monza“, sagte Ferraris Teamchef Mattia Binotto.

Monza ist für Vettel aber inzwischen fast überall. Seit dem 26. August 2018 wartet er sehnsüchtig auf den 53. Grand-Prix-Erfolg seiner Karriere. Der britische Sender BBC errechnete, dass Vettel sich in den vergangenen 27 Rennen neun kapitale Fehler leistete. So wird man nicht Weltmeister. So verliert man stattdessen die Gunst der Ferraristi.

In Belgien vor gut einer Woche musste sich der gebürtige Heppenheimer schon in die Rolle des Helfers für seinen über ein Jahrzehnt jüngeren Teamkollegen fügen. Und am Sonntag in Italien beim zweiten Leclerc-Sieg innerhalb einer Woche wurde für viele Beobachter die neue Rangordnung bei den Roten zementiert – auch wenn das die Beteiligten natürlich nicht zugeben würden.

Es reichen aber Momentaufnahmen als Belege. Mit der Qualität eines Champions verteidigte Leclerc seine Führung ebenso cool wie kompromisslos. Und das unter dem Druck des Ferrari-Heimrennens und mit WM-Spitzenreiter Lewis Hamilton zumeist großformatig im Rückspiegel. „Selbst Ayrton Senna wäre nach einem so einem Rennen stolz auf diesen so zarten, so unerbittlichen Jungen“, meinte Italiens „Corriere della Sera“. Die „Gazzetta dello Sport“ feierte den „siegreichen Prinzen: Alle sind verrückt nach ihm.“

Leclerc ist viel zu clever und smart, um seine neue Rolle allzu demonstrativ, genussvoll und vor allem vor Vettel zur Schau zu stellen. Man müsse als Team zusammenarbeiten, betonte der Monegasse, der vom Sohn des ehemaligen Ferrari-Teamchefs Jean Todt beraten wird. Nach einem Jahr beim Ferrari-Partner Sauber (jetzt Alfa Romeo) war Leclerc vor dieser Saison bereits zum Stammfahrer der Scuderia ernannt worden. Der in die Jahre gekommene Vettel-Kumpel Kimi Räikkönen musste Ferrari verlassen, mit seinem Titel 2007 ist der Finne noch immer der letzte Weltmeister der Marke aus Maranello.

Vettel verlor mit dem bald 40 Jahre alten Räikkönen seinen Wohlfühl-Teampartner und bekam in Leclerc den neuen Hoffnungsträger von Ferrari an die Seite gesetzt. „Natürlich war das früh und ich bin Ferrari dafür sehr dankbar“, sagte Leclerc nach seinem Sieg vor den Tifosi. Während Vettel in seiner roten Regenjacke nur neidische Blicke auf die Trophäe blieben, die neben dem 21 Jahre alten Monza-Gewinner stand, fügte Leclerc noch an: „Ich war aber mehr bereit als manche Leute gedacht haben.“ (dpa)



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