Sorgen statt Vorfreude: Handballer fürchten Länderspiele
Mit einem mulmigen Gefühl im Bauch reisten Deutschlands Handballer am Montag zum Lehrgang in Neuss an.
Mitten in der zweiten Pandemie-Welle beendet die DHB-Auswahl mit den EM-Qualifikationsspielen gegen Bosnien-Herzegowina am Donnerstag in Düsseldorf und gegen Estland am Sonntag in Tallinn ihre achtmonatige Corona-Zwangspause. Die Sorgen sind daher größer als die Vorfreude.
„Ich halte es für nicht sinnvoll und zumutbar, solch eine Länderspielwoche stattfinden zu lassen“, kritisierte Kiels Kreisläufer Hendrik Pekeler beim Pay-TV-Sender Sky die Europäische Handball-Föderation. Seine größten Bedenken: „Ich weiß nicht, wie intensiv und genau woanders getestet wird.“
Ähnliche Töne schlug Kapitän Uwe Gensheimer an. „Wir freuen uns auch, dass wir uns alle wieder treffen können. Aber man muss sich fragen, ob es in dieser Phase der Saison so sinnvoll ist, dass alle Nationalspieler quer durch Europa reisen müssen“, sagte der Linksaußen von den Rhein-Neckar Löwen. Man könne gar nicht abschätzen, „wie am nächsten Montag die Verordnung ist. Das ist keine Situation, die wir uns wünschen, denn dann ist die Gefahr groß, dass Spielabsagen in der Bundesliga kommen werden.“
Wegen der Coronavirus-Pandemie musste die EHF bereits zehn in dieser Woche geplante Qualifikationsspiele für die EM 2022 in Ungarn und der Slowakei verschieben. Davon betroffen sind unter anderem der WM-Zweite Norwegen und der WM-Dritte Frankreich. Eine Komplett-Absage der Länderspielwoche kam für den Kontinentalverband aber nicht in Betracht. „Die Spiele sind von größter Bedeutung für die Nationalverbände“, betonte EHF-Generalsekretär Martin Hausleitner.
Bundestrainer Alfred Gislason hat Verständnis für die Bedenken innerhalb der Mannschaft. „Ich verstehe, dass die Spieler sich Sorgen machen“, sagte er. Eine intensive Vorbereitung auf die Spiele ist für den 61 Jahre alten Isländer, der gegen Bosnien-Herzegowina mit fast achtmonatiger Verspätung sein Debüt feiern wird, unter den gegebenen Bedingungen nicht möglich.
„Ich habe keine Ahnung, wie es wird“, räumte Gislason am vergangenen Samstag im „Aktuellen Sportstudio“ des ZDF ein. „Ich muss erst einmal abwarten, bis alle Testergebnisse da sind. Natürlich hoffe ich, dass alle negativ sind und die Bosnier auch kommen.“ Beim deutschen Gegner, der seinen Lehrgang in Sarajevo am Sonntag planmäßig begann, soll es laut Flensburgs Torwart Benjamin Buric zehn positive Corona-Fälle geben.
Doch auch die DHB-Auswahl plagen personelle Probleme. Am Montag musste Gislason seinen Kader wegen des Ausfalls von Torwart Andreas Wolff sowie der Rückraumspieler Philipp Weber und Steffen Weinhold kurzfristig umbauen. Neu ins Team kamen Rückraumspieler Paul Drux von den Füchsen Berlin und Wetzlars Torwart Till Klimpke.
Polen-Legionär Wolff verzichtete trotz eigener negativer Tests wegen positiver Corona-Fälle bei seinem Verein Vive Kielce auf eine Reise nach Deutschland. Der Leipziger Weber musste sich nach einigen Infektionen mit dem Coronavirus beim sächsischen Bundesligisten in häusliche Quarantäne begeben. Der Kieler Weinhold fällt mit einer Gehirnerschütterung aus.
„Wir folgen mit unseren Nationalmannschaften einem strengen Hygienekonzept, um Risiken zu minimieren“, sagte DHB-Sportvorstand Axel Kromer und kündigte an: „In der kommenden Woche werden wir weiter sehr flexibel reagieren, sobald dies nötig ist.“ (dpa)
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