Siegreiche Bayern «gerade am Limit»

Der FC Bayern bewegt sich seit Wochen sichtbar an der Belastungsgrenze. Eine Diskussion über den extremen Spielplan wehrt Trainer Flick aber auch nach dem 3:1 in Stuttgart ab. Dabei könnten seine Personalsorgen zunehmen. Eine echte Pause gibt es wieder nicht.
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Für Leon Goretzka (l) und den FC Bayern geht es am Dienstag schon wieder in der Champions League weiter.Foto: Tom Weller/dpa/dpa
Epoch Times29. November 2020

Leon Goretzka war sich nicht mal sicher, wie er sich denn nun ausdrücken darf. Sein Trainer Hansi Flick habe ja gesagt, dass das mit der Müdigkeit keine Ausrede sei, erklärte der Nationalspieler nach dem 3:1-Sieg des FC Bayern beim VfB Stuttgart.

Der 25-Jährige gab es dann doch zu, aber er tat es mit einem Lächeln, das jedoch nicht über die spürbare Erschöpfung hinwegtäuschen konnte: „Ich bin definitiv sehr müde“, räumte Goretzka ein. Flick nahm es mit einem Schmunzeln: „Wenn der Leon das so sagt, muss man das so stehen lassen“, sagte der 55-Jährige. Die dringend benötigte Pause wird er seinem Schlüsselspieler aber trotzdem wohl nicht gönnen können.

Seit Wochen kämpfen die Bayern – zumeist erfolgreich – gegen einen extremen Spielplan und ihre eigene Müdigkeit an. Schon am Dienstag (21.00 Uhr) müssen sie wieder in der Champions League bei Atlético Madrid ran. Am nächsten Samstag empfängt der Tabellenführer dann Verfolger RB Leipzig zum Spitzenspiel der Fußball-Bundesliga. Spuren hinterlässt die Mehrfachbelastung schon jetzt. Joshua Kimmich und Alphonso Davies fehlten schon in Stuttgart verletzt, im schlimmsten Fall kommen nun weitere Spieler hinzu: Jérôme Boateng, Corentin Tolisso, Lucas Hernández und Javi Martínez sind angeschlagen.

Untersuchungen am Sonntag sollten Aufschluss über Art und Schwere ihrer Verletzungen geben. Trotzdem jammerte Flick auch in Stuttgart nicht. Seine Mannschaft machte erneut ungewohnte Fehler, ja, aber sie gewann auch dieses Spiel beim mutigen Aufsteiger – und profitierte zudem vom überraschenden Dortmunder 1:2-Patzer gegen den 1. FC Köln. Es reicht diesen Bayern im Moment, sich auf ihre individuelle Klasse zu verlassen, wenn sie benötigt wird. Sie müssen und können gerade keine Spiele über 90 Minuten dominieren, und für Flick ist das in Ordnung, so lange wie in Stuttgart gewonnen wird. Beschweren würde er sich so oder so nicht, weil er seinen Spielern kein Alibi geben will.

„Wir wissen alle, dass wir aktuell keinen Schönheitspreis bekommen. Aber wir liefern Ergebnisse“, sagte Flick, der immerhin zugab, dass seine Mannschaft sich „gerade am Limit“ bewegt. Gleich mehrfach hatten die Stuttgarter die Möglichkeit, dem Rekordmeister wehzutun, doch sie scheiterten an ihren eigenen Nerven. Tanguy Coulibaly (20. Minute) hatte die Gastgeber nach einem Fehler von Manuel Neuer beim Herauslaufen zwar in Führung geschossen. Doch anschließend nutzte Philipp Förster (35./36.) gleich zwei hervorragende Chancen nicht, um zu erhöhen. Und das bestraften die Münchner auf ihre ganz eigene, eiskalte Art.

„Man sieht, dass die Bayern personell angeschlagen sind, dass sie zu viele Spiele und zu wenig Urlaub haben“, sagte VfB-Kapitän Gonzalo Castro. „Sie gehen jetzt schon auf dem Zahnfleisch.“ Aber die Bayern sind eben die Bayern. Darum drehten sie wenige Minuten nach Försters Top-Chancen das Spiel und bestraften die Schwaben für ihre Nachlässigkeiten. Zwei Glanzmomente und ein bisschen zu viel Platz reichten Kingsley Coman (38.) und Robert Lewandowski (45.+1), um noch vor der Halbzeit auf 2:1 zu stellen. Mitten in einer erneuten Stuttgarter Drangphase kurz vor dem Abpfiff schlug dann der eingewechselte Douglas Costa (88.) zu und markierte den Endstand.

„Wir haben gerade eine Phase, in der nicht alles mit einem Fingerschnippen geht“, bekannte Thomas Müller. Doch es reicht aus. Die Frage ist nur, wie lange noch. Doch diese Frage wird Hansi Flick mit Sicherheit nicht öffentlich stellen. Stattdessen empfahl er seinen Profis für die Zeit vor dem Spiel in Madrid „viel zu schlafen, sich viel zu erholen, sich gut zu ernähren“. Möglicherweise wird er auch einige Stammkräfte daheim lassen, weil seine Mannschaft ohnehin schon als Gruppensieger für das Achtelfinale der Königsklasse qualifiziert ist. Nur jammern wird er nicht, denn: „Wer es am besten annimmt, hat den größten Erfolg. Und das wollen wir sein.“ (dpa)



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