Sarah Köhler holt Silber – Wellbrock enttäuscht

Erst der Schock, dann Riesenjubel. Die deutschen Schwimmer haben bei der WM in Südkorea einen turbulenten Tag erlebt. Neun Stunden nach dem ernüchternden Vorlauf-Aus von Florian Wellbrock schlägt Freundin Sarah Köhler silbern zu. Ein Weltmeister sorgt wieder für Ärger.
Titelbild
Sarah Köhler feiert ihren zweiten Platz über 1500 Meter Freistil.Foto:  Bernd Thissen/dpa
Epoch Times23. Juli 2019

Sarah Köhler ballte nach WM-Silber die Faust und winkte jubelnd ins Publikum, Florian Wellbrock feierte seine Freundin hoch oben unterm Hallendach mit Deutschland-Fahne.

Rund neun Stunden nach dem ernüchternden Vorlauf-Aus von Shootingstar Wellbrock hat die 25 Jahre alte Freistilspezialistin mit der ersten Medaille für die Becken-Asse die Stimmung der deutschen WM-Schwimmer wieder aufgehellt. Mit ihrer deutschen Rekordzeit musste sich Köhler am Dienstag nur der Italienerin Simona Quadarella geschlagen geben.

„Das hätte ich mir nie erträumt als kleines Kind, dass ich mal bei einer WM mit Silber nach Hause gehen darf“, sagte Köhler der Deutschen Presse-Agentur kurz nach der „sehr emotionalen“ Siegerehrung. Für die Magdeburgerin war es nach Gold mit der Freiwasser-Staffel die zweite Medaille in Südkorea. Zehn-Kilometer-Weltmeister Wellbrock schien zumindest für einige Minuten sein frustrierendes Vorlauf-Aus verdrängt zu haben.

Der 21-Jährige erwischte sportlich einen schwarzen, seine Partnerin einen Sahnetag. Auch, wenn sie es zuerst nicht so wahrnahm. „Ich habe immer noch die Befürchtung gehabt, dass jemand von hinten angeschwommen bekommt. Aber auf der letzten Bahn wusste ich: Okay – das reicht“, sagte Köhler nach ihrem größten internationalen Erfolg im Becken in klarer nationaler Bestzeit von 15:48,83 Minuten.

Sie profitierte auch vom Fehlen der Seriensiegerin Katie Ledecky (USA), die ihren Start aus gesundheitlichen Gründen abgesagt hatte. „Jeder hat mit Gold geliebäugelt, nachdem Katie das Finale abgesagt hat“, sagte Köhler erschöpft, aber lächelnd. Bei der Siegerehrung klatschte sie erst zur italienischen Hymne der Gold-Gewinnerin mit und umarmte Quadarella dann herzlich.

Die Athletensprecherin sorgte für die erste Einzelmedaille einer deutschen Freistil-Frau seit Gold von Britta Steffen vor zehn Jahren. Die 1500 Meter sind im kommenden Jahr in Tokio erstmals im Olympischen Programm der Frauen. Dementsprechend hat Köhler auch noch lange nicht genug: „Ich hoffe, dass es nächstes Jahr nochmal schneller wird.“ Zunächst einmal füllte sie das WM-Konto des Verbandes auf sieben Medaillen auf.

Zu Wellbrock wollte sich Köhler nicht äußern, wünscht sich aber einen positiven Effekt auf das gesamte Team. „Ich hoffe, es pusht die ganze Mannschaft“, sagte sie. Einen Schub hat besonders Wellbrock bitter nötig. Als Vorlauf-17. war er viel zu langsam fürs Finale gewesen, hatte direkt nach dem Rennen geschockt und ratlos seine Sachen gepackt und sich zum Ausschwimmen verzogen. Öffentlich reden wollte der Freiwasser-Champion nicht.

„Er ist natürlich gar nicht glücklich mit dem Ergebnis und auch ein bisschen verzweifelt, weil er nicht weiß warum“, beschrieb Teamchef Bernd Berkhahn den Gemütszustand seines Top-Schwimmers. Wellbrock blieb über 800 Meter Freistil in 7:53,75 Minuten mehr als zehn Sekunden über seiner persönlichen Bestzeit. „Ich bin überhaupt nicht ins Rennen reingekommen. Und ich kann es mir zurzeit auch nicht erklären, eigentlich hatte ich mich ganz gut gefühlt“, lautete das rund eine Stunde nach dem Rennen vom Deutschen Schwimm-Verband verbreitete Statement Wellbrocks.

Ein derart misslungener Auftritt des Mitfavoriten war trotz starker Konkurrenz absolut nicht abzusehen gewesen. Im Freiwasser hatte Wellbrock geglänzt und sich anschließend locker und selbstbewusst gezeigt. War der Druck doch zu groß?

Der Magdeburger bekam schon das Etikett des deutschen Schwimm-Retters angeheftet, nun braucht er Hilfe. „Wir müssen sehen, dass wir ihn jetzt klarkriegen“, sagte Berkhahn. Köhlers Erfolg kann Wellbrock zeigen, wie es geht. Auf Sun Yang, der als Achter so gerade das Finale über 800 Meter Freistil erreichte, fehlten gut fünf Sekunden.

Der umstrittene Chinese ist weiter Thema in Gwangju. Über 200 Meter profitierte er von der Disqualifikation von Danas Rapsys aus Litauen, der als Erster angeschlagen hatte. Sun Yang ließ sich von Fans feiern, wurde von einem Teil der Zuschauer aber auch laut ausgebuht. Bei der Siegerehrung pöbelte der unter Doping-Verdacht stehende Sportler gegen den Briten Duncan Scott, der ihm nicht die Hand gab.

Für positive Nachrichten sorgen bei dieser WM die deutschen Wasserballer. Das Team von Bundestrainer Hagen Stamm verpasste nach einer couragierten Leistung mit einer 8:10-Niederlage nur knapp den sensationellen Halbfinaleinzug. Ziel ist nun Olympia. (dpa)

Über 800 Meter Freistil im Vorlauf gescheitert: Florian Wellbrock. Foto: Bernd Thissen

Nach dem Spiel hebt Bundestrainer Hagen Stamm vor dem Maskottchen der Veranstaltung, einem Otter, resignierend die Arme. Foto: Bernd Thissen

Die deutschen Wasserballer motivieren sich während einer Pause im Spiel gegen Kroatien. Foto: Bernd Thissen

Der chinesische Freistilschwimmer Sun Yang steht im Verdacht des Dopings. Foto: Lee Jin-Man/AP



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