Rummenigge und Seifert fordern Veränderungen beim DFB
Immer mehr Top-Funktionäre im deutschen Fußball fordern den DFB nach dem historischen WM-Aus der Nationalelf in Russland zu Veränderungen und Reformen auf.
Bayern-Boss Karl-Heinz Rummenigge prangerte bereits zum zweiten Mal in weniger als zwei Wochen die Spitze des Verbandes an und attackierte Präsident Reinhard Grindel. Der Chef der Deutschen Fußball Liga (DFL), Christian Seifert, forderte eine strukturelle Neuaufstellung, und auch der frühere Trainer Matthias Sammer will beim größten Sportfachverband der Welt mehr Fachmänner in der Spitze sehen. Der Druck auf den DFB und dessen Präsidenten Grindel sowie den sportlich verantwortlichen Bundestrainer Joachim Löw wächst.
„Ich habe grundsätzlich ein gutes Verhältnis zu Herrn Grindel. Aber er neigt zum Populismus, um öffentlich Beifall zu bekommen“, sagte der Vorstandschef des FC Bayern der „Sport Bild“ (Mittwoch). „Das hängt womöglich damit zusammen, dass er nicht aus dem Fußball, sondern der Politik kommt.“ So konsequent sich die DFB-Spitze nach dem PR-Desaster beim folgenschweren Abgang von Nationalspieler Mesut Özil zurückhält und damit die Zahl der offenen Fragen und den Druck wachsen lässt, so konsequent rügen Rummenigge und Bayern-Präsident Uli Hoeneß seither Verband, Strukturen – und auch Özil.
Dieser spiele „seit Jahren einen Dreck“, hatte Hoeneß Anfang vergangener Woche geurteilt – und musste sich anschließend selbst für fehlendes Feingefühl kritisieren lassen. Der 62 Jahre alte Rummenigge legte nun gegen die Berater des Arsenal-Profis nach. „Bitte: Er ist doch nicht kritisiert worden, weil er türkischer Abstammung ist. Das ist eine Fabel, die von seinen Beratern erzählt wird. Das geht mir ohnehin zunehmend auf die Nerven: Die Berater geben heute immer mehr die Statements und die Interviews. Das ist teilweise wie Märchenstunde“, sagte der Bayern-Chef.
Die komplette Rassismus-Diskussion halte er für eine Phantomdebatte, erklärte Rummenigge. „Mit der Nummer und diesem Statement hat sich Özil endgültig ein Eigentor geschossen.“ In der so schwierigen Aufarbeitung des WM-Debakels samt den Folgen scheint der Verband in Rummenigge und Hoeneß zwei externe Ratgeber gefunden zu haben, auf deren öffentliche Kritik er wohl gerne verzichten könnte. Zwar erklärte Grindel nach Rummenigges erster Attacke, er arbeite „sehr gut“ mit dem Bayern-Boss zusammen. Jedoch treiben ihn die vielschichtigen Angriffe der Mächtigen aus München weiter in die Enge. Zudem bringt Rummenigge immer wieder Bayerns Weltmeister-Kapitän Philipp Lahm für einen DFB-Posten ins Spiel.
Die Social-Media-Aktivitäten des DFB-Präsidenten gefallen Rummenigge auch nicht. „Sein Twittern irritiert die gesamte Fußballbranche. Ein Fußballpräsident muss über den Dingen stehen, wie das bei Franz Beckenbauer immer der Fall war“, sagte Rummenigge. Und nicht nur er wünscht mehr Profis in der Spitze des Verbandes. „Wir brauchen Fußball-Kompetenz in den Top-Positionen“, forderte Matthias Sammer am Mittwoch beim Internationalen Trainer-Kongress in Dresden.
DFL-Geschäftsführer Seifert stellte sich immerhin vor Grindel und betonte: „Ich sehe keinen Grund für irgendeinen Rücktritt. Ich habe aber verstärkt den Eindruck, dass es durchaus innerhalb des DFB möglicherweise Akteure gibt, die daraus gerne einen Anlass kreieren würden“, sagte der 49-Jährige in seinem ersten Statement nach dem historischen WM-Aus bei der Weltmeisterschaft in Russland am Mittwoch in Frankfurt am Main. Er werde weitere, „sehr klare“ Gespräche mit den DFB-Funktionären intern führen.
Nicht intern, sondern öffentlich forderte Seifert neue Strukturen beim Deutschen Fußball-Bund ein. „Die Frage muss irgendwann gestellt werden, ob jahrelange Verbandsarbeit an der Basis automatisch dazu befähigt, einen DFB in der Ausprägung aus einem Präsidium heraus aktiv mitzuführen“, sagte er.
Seifert fordert ein hauptamtliches Management sowie ein Aufsichtsgremium bestehend aus Amateur- und Profivertretern, „das sich aber auch auf die Aufsicht konzentriert“. Chefkritiker Rummenigge hatte dazu schon vor eineinhalb Wochen gesagt, dass der DFB „eigentlich nur noch von Amateuren durchsetzt“ sei. Bevor einschneidende Maßnahmen ergriffen werden, will der DFB am 27. September zunächst den Zuschlag für die EM 2024 erhalten. Auch deshalb ist von dem Verband derzeit deutlich weniger zu hören als von seinen Kritikern und Ratgebern. (dpa)
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