Olympia: Nach Eklat im Frauenboxen warnt IOC vor „Hexenjagd“ auf Imane Khelif

Nach dem Skandalkampf zwischen der von der IBA disqualifizierten Algerierin Imane Khelif und der Italienerin Angela Carini wächst die Kritik am IOC. Dieses verteidigt seine Starterlaubnis für zwei Boxerinnen mit XY-Chromosomen bei den Olympischen Spielen und warnt vor einer „Hexenjagd“.
Titelbild
Imane Khelif.Foto: Richard Pelham/Getty Images
Von 3. August 2024

Die Debatte um den Start sogenannter Athleten mit sexuellen Entwicklungsunterschieden (DSD) in olympischen Frauenbewerben hat seit Donnerstag, 1. August, an Schärfe gewonnen. Anlass ist der Kampf zwischen der algerischen Starterin Imane Khelif und der Italienerin Angela Carini im Boxwettbewerb der Klasse bis 66 Kilogramm bei den Olympischen Spielen in Paris.

Dieser dauerte nur 46 Sekunden, nachdem Carini nach mehreren Treffern aufgegeben hatte – eigenen Angaben zufolge, um „ihr Leben zu retten“. Der Kampf hatte bereits im Vorfeld für Aufregung gesorgt. Grund dafür ist, dass Khelif im Vorjahr bei den IBA-Weltmeisterschaften in Neu-Delhi disqualifiziert worden war. Dies hatte der Verband veranlasst, nachdem bei dieser XY-Chromosomen und ein erhöhter Testosteronwert nachgewiesen worden waren.

Imane Khelif (l.) aus Algerien im Duell gegen Angela Carini aus Italien am 1. August 2024. Foto: Richard Pelham/Getty Images

Erkrankung verschafft Khelif potenziellen Vorteil im Wettbewerb

Khelifs Testosteronwerte waren im männlichen Bereich angesiedelt. Der Verband ging deshalb von einem unfairen Wettbewerbsvorteil aus und fürchtete um die Sicherheit anderer Teilnehmerinnen. In den meisten Sportarten gibt es eigene Frauenkategorien, um Vorteilen Rechnung zu tragen, die sich aus der männlichen Pubertät ergeben.

Neben Khelif ist auch die aus Taiwan stammende Lin Yu-ting bei den olympischen Boxwettbewerben in der 57-Kilogramm-Kategorie am Start. Ihr erkannte die IBA (International Boxing Association) im Vorjahr aus den gleichen Gründen ihre Bronzemedaille bei der Weltmeisterschaft ab.

Anders als in zahlreichen Social-Media-Beiträgen und sogar manchen Überschriften traditioneller Medien anklang, handelt es sich bei Imane Khelif um keine Transgender-Person. Khelif ist als Frau geboren und als solche aufgewachsen. Allerdings leidet sie unter sogenanntem Hyperandrogenismus. Diese Erkrankung ist mit zu hohen Androgenwerten im Blut verbunden, die erhöhte Testosteronwerte und das Vorhandensein von XY-Chromosomen bewirkt. Es handelt sich demnach um eine Krankheit, die allerdings im sportlichen Wettbewerb potenzielle Vorteile mit sich bringt.

IBA: Haltung des IOC „wirft ernsthafte Fragen zu Fairness und Sicherheit auf“

Die IBA hatte zwei Testergebnisse von Weltmeisterschaften mit Blick auf Sicherheit und Integrität des Sports zum Anlass für Disqualifikationen genommen. Dies hatte der Verband 2023 in einer Erklärung bekannt gegeben. In dieser klang auch Kritik an der abweichenden Praxis des IOC an, indem es hieß:

„Die abweichenden Regelungen des IOC in diesen Angelegenheiten, in die die IBA nicht involviert ist, werfen ernsthafte Fragen sowohl zur Fairness im Wettbewerb als auch zur Sicherheit der Athleten auf.“

Das IOC hingegen verteidigt seine Position und warnt vor einer „Hexenjagd“ auf die Sportlerinnen. Sprecher Mark Adams erklärte, es sei nicht hilfreich, diese zu „dämonisieren“. Khelif und Lin hätten den Boxsport bereits seit ihrer Kindheit betrieben und hätten bereits an mehreren internationalen Turnieren teilgenommen.

IOC beschuldigt IBA „willkürlichen“ Vorgehens gegen Khelif und Lin

In den aktuell geltenden IOC-Richtlinien aus dem Jahr 2021 heißt es, dass in Fällen von sexuellen Entwicklungsunterschieden (DSD) Inklusion der Standard sein solle. Betroffene sollten nur dann von Frauenwettbewerben ausgeschlossen werden, wenn es „eindeutige Fairness- oder Sicherheitsprobleme“ gebe.

Das IOC wirft der IBA vor, die beiden Boxerinnen in einer „willkürlichen Entscheidung ohne ordentliches Verfahren“ ausgeschlossen zu haben. Das Komitee entzog der IBA im Juni letzten Jahres den Status als Weltverband für den Boxsport. Das IOC wirft der IBA vor, „Reformen in den Bereichen Führung, Finanzen und Ethik“ verabsäumt zu haben.

Einziger Transgender im Olympia-Boxen gegen Zulassung von Starterinnen mit XY-Chromosomen

Khelif selbst äußerte nach ihrer Disqualifikation im Vorjahr, es gebe „einige Länder, die Algerien keine Goldmedaille gönnen wollen“. Der Beschluss sei „eine Verschwörung und sogar eine große Verschwörung, und wir werden dazu nicht schweigen“.

Nach dem Olympia-Kampf übte Italiens Premierministerin Giorgia Meloni Kritik an der Haltung des IOC. Am Rande eines Besuchs im olympischen Dorf äußerte sie:

„Ich denke, Athletinnen mit männlichen genetischen Merkmalen sollten nicht an Frauenwettbewerben teilnehmen dürfen. Nicht, weil wir jemanden diskriminieren wollen, sondern um das Recht der weiblichen Athleten zu schützen. Man muss in der Lage sein, auf gleicher Augenhöhe zu kämpfen. Von meinem Standpunkt aus war es kein Wettbewerb unter Gleichen.“

Der einzige tatsächliche Transgender im olympischen Boxwettbewerb, Hergie Bacyadan, hat sich übrigens gegen eine Zulassung von Kämpferinnen mit XY-Chromosomen im Wettkampf ausgesprochen. Im Sparring sei es kein Thema, aber unter Wettkampfbedingungen sollten klare Regeln gelten. Der als biologische Frau geborene selbsterklärte Transmann von den Philippinen startete in der Frauenkategorie, schied aber bereits in der Vorrunde aus. Gegenüber der „Daily Mail“ äußerte Bacyadan:

„Ich bin im Herzen trans, aber ich nehme keine Hormone oder Steroide, um wie ein Mann auszusehen. Wenn ich in der Frauenkategorie antrete, sollte das, denke ich, kein Problem sein.“



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