Nur drei Medaillen: Aber für DSV-Team „nicht alles schlecht“
Während sich der neue Rekordweltmeister Johannes Thingnes Bö seine 20. Goldmedaille abholte, blieb für die deutschen Biathleten bei den letzten Siegerehrungen wieder nur die Zuschauerrolle.
Vanessa Voigt als Fünfte und Philipp Nawrath auf Rang zehn in den abschließenden Massenstarts offenbarten am letzten Tag der WM in Nove Mesto: Ausgerechnet zum Saisonhöhepunkt war das deutsche Team nicht in der erhofften Top-Verfassung, weder beim Material noch sportlich.
Voigt konnte zwar mit ihrem fehlerfreien Schießen sehr zufrieden sein. Doch in der Loipe fühlte es sich an „wie im Flugzeug, die vorn in der Business Class und wir zweite Klasse. Du rackerst dich ab und kommst einfach nicht hinterher“, sagte die 26-Jährige, übte aber auch Selbstkritik: „Vielleicht haben wir auch nicht die überragende Form.“
Nicht alle Hoffnungen erfüllen sich
Zwar sind das Einzel-Silber von Janina Hettich-Walz sowie Bronze durch die Frauenstaffel und Benedikt Doll im Einzel keine Bruchlandung. Aber nur drei von 28 möglichen Medaillen – und erstmals seit 2021 kein Gold bei einem Großereignis – kommen einer gewissen Ernüchterung gleich, waren die Erwartungen nach zuvor fünf Weltcup-Siegen und weiteren 15 Podestplätzen berechtigt hoch.
„Natürlich wäre es schöner gewesen, wenn wir 1:1 weitermachen mit den Erfolgen“, hatte Sportdirektor Felix Bitterling schon nach den Staffeln gesagt. Es sei aber „absolut nicht alles schlecht“, zumal man wie im Vorjahr in Oberhof drei Medaillen holte – und damals sei ja noch Denise Herrmann-Wick dabei gewesen.
Überraschende Erfolgsstorys
Positiv in Erinnerung bleiben die erste WM-Medaille von Hettich-Walz und Rang drei von Doll. Auch der Staffelerfolg war nach dem kurzfristigen Ausfall von Franziska Preuß eine kleine Überraschung. Die fast schon im Bus in Richtung Heimat sitzende Sophia Schneider als Ersatzfrau machte einen starken Job.
Zudem ließ die 19 Jahre alte WM-Debütantin Selina Grotian mit Rang vier im Einzel und einem guten Staffeleinsatz aufhorchen. Bei den Männern, die vorher vier Saisonsiege einfuhren, nutzte nur Doll bei seinem mutmaßlich letzten WM-Einsatz die Gunst der Stunde.
Rang vier in der Staffel war nach zuvor allen Rennen auf dem Podest eine Enttäuschung. Dominator Bö zog derweil mit seinem dritten Gold in Tschechien mit seinem Landsmann Ole Einar Björndalen gleich und stand wie im Vorjahr in Oberhof in allen sieben Rennen auf dem Podest.
In der Vysocina Arena, in der insgesamt mehr als 200.000 Fans bei zwölf Entscheidungen für eine unfassbare Stimmung sorgten, kamen bei den Deutschen viele Faktoren zusammen. Weder passte durchgehend die Tagesform mit Schieß- und Laufleistung noch die mentale Stärke, dazu fehlte auch immer mal wieder das nötige Quäntchen Glück.
Missglückte Suche nach dem perfekten Ski
Doch ein Thema überstrahlte die neun Wettkampftage: In der Materialschlacht nach dem Fluorwachs-Verbot fand das deutsche Techniker-Team bei den vorherrschenden Plusgraden trotz unermüdlicher Arbeit nicht die perfekten Skier – und das angesichts ausreichender finanzieller Mittel und Man-Power.
Außer bei den beiden erfolgreichen Einzelrennen, zu denen die Temperaturen etwas niedriger waren, war das DSV-Team in der Loipe bei diesen Bedingungen nicht konkurrenzfähig. „Das war hier wirklich jeden Tag ein Kampf“, sagte Hettich-Walz (27).
In Nove Mesto waren sechs Techniker in zwei Wachstrucks vor Ort, für die WM kamen noch extra drei Kollegen aus dem Oberhofer Technologiezentrum mit einer mobilen Schleifmaschine.
Selbst kleine Nationen wie Estland und Finnland hielten läuferisch mit. „Die haben wahrscheinlich einfach was gefunden. Nach der WM sind noch drei Weltcups, da sind wir noch mal dabei“, hofft Doll.
Massenstart-Weltmeisterin Justine Braisaz-Bouchet schwärmte derweil vom perfekten Material der Franzosen über die gesamten zwei Wochen – das Team gewann die Nationenwertung mit sechsmal Gold und sieben weiteren Medaillen.
Eine Lösung muss gefunden werden. Denn Bedingungen wie in Nove Mesto mit durchgehend deutlichen Plusgraden und Regen sowie einer daraus resultierenden verschmutzten Kunstschnee-Strecke inmitten einer grün-braunen Landschaft werden in Zukunft wohl eher Standard als Ausnahme sein.
Der Weltverband IBU arbeitet an Zukunftskonzepten. Bis zur Saison 2025/2026 steht das Programm aber fest, erst in der Periode bis 2030 wird es wohl erste Anpassungen geben. Eine Revolution sei aber selbst dann weiterhin nicht zu erwarten, ist zu hören. (dpa/red)
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