«Noch sehr viel Arbeit» für Vettel und Ferrari
Es klingt nach den üblichen Durchhalteparolen und purem Zweckoptimismus, wenn Sebastian Vettel momentan über Ferraris Siegchancen in der Formel 1 spricht.
„Ich glaube, dass wir bald ein Auto haben, das gewinnen kann“, sagte der viermalige Weltmeister vor dem Grand Prix von Großbritannien an diesem Wochenende, musste aber auch zugeben: „Wir haben schon noch sehr viel Arbeit vor uns.“
Seit weit über 300 Tagen wartet Vettel sehnsüchtig auf einen Triumph, zuletzt stand er Ende August 2018 im belgischen Spa ganz oben. Zwar reist der 32-Jährige als Vorjahressieger nach Silverstone, doch im Duell mit den überlegenen Dauersiegern von Mercedes sind die Aussichten auf dem Hochgeschwindigkeitskurs ziemlich trüb. „Wir erwarten nicht, dass Silverstone besonders gut zu unserem Auto passt“, sagte Ferraris Teamchef Mattia Binotto ganz offen.
Zuletzt in Österreich hatte Mercedes mit der enormen Hitze und dem welligen Streckenprofil zu kämpfen. Während Max Verstappen im Red Bull siegte und damit 2019 erstmals kein Silberpfeil als Erster über die Ziellinie fuhr, endete Ferraris bittere Sieglos-Serie auch in Spielberg nicht. „Das Auto hat sich das ganze Wochenende gut angefühlt, aber uns fehlt noch ein bisschen“, sagte Vettel, der Vierter wurde, und ergänzte trotzig: „Wir kämpfen weiter.“
Auf das Wetter kann Ferrari in England nicht setzen, denn für den Rennsonntag (15.10 Uhr/RTL und Sky) sind Maximaltemperaturen von 21 Grad vorhergesagt. Auch die Chance auf Regen besteht. Alles klingt nach idealen Voraussetzungen für die dominanten Mercedes, deren Lauf erst in Österreich von Temperaturen jenseits der 30 Grad gestoppt wurde. Die starken Motoren drohten zu überhitzen, da die Kühlung nicht stark genug war. Deswegen konnten Weltmeister Lewis Hamilton und Valtteri Bottas nicht die volle Leistung ihrer Antriebe abrufen.
Ein kleines Aerodynamik-Update für die Autos von Vettel und Stallrivale Charles Leclerc soll nun bei Ferrari für etwas Besserung sorgen. „Hoffentlich bringt uns das einen Schritt nach vorne“, sagte Vettel. Aber der WM-Titel scheint nach neun von 21 Rennen wie auch in den vergangenen Jahren wieder unerreichbar für den Deutschen. Und das noch früher als in der Vergangenheit. Der Heppenheimer hat als Vierter bereits 74 Punkte Rückstand auf den fünfmaligen Champion und Titelverteidiger Hamilton, der klar vor Bottas an der Spitze liegt.
Die Silberpfeile sind für den gebürtigen Hessen aber längst nicht mehr die einzigen Gegner. Der 21-jährige Monegasse Leclerc verpasste in Österreich als Zweiter nur denkbar knapp seinen ersten Sieg in der Motorsport-Königsklasse. Auch in Silverstone wird der aufstrebende Youngster dem Routinier das Leben wieder schwer machen. „Wir werden kämpfen, damit es ein gutes Rennen wird“, sagte Leclerc. Noch ist er die klare Nummer zwei im Team. Sollte er aber Siege einfahren, könnte sich an der Rollenverteilung bei der Scuderia schnell etwas ändern.
Im Vorjahr siegte Vettel beim Heimspiel seines britischen Dauerrivalen auch, weil sich Hamilton nach einem Kontakt mit Kimi Räikkönen unverschuldet drehte und sich von ganz hinten wieder vorarbeiten musste. Von 2013 bis 2017 hatte es im Herzen des britischen Motorsports – gut 100 Kilometer nordwestlich von London – zuvor gleich fünf Mercedes-Siege hintereinander gegeben. Vier davon holte Hamilton, er ist gemeinsam mit dem Franzosen Alain Prost der Rekordsieger (5) auf dem Kurs unweit seiner Geburtsstadt Stevenage. (dpa)
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