Löw startet EM-Feinschliff: „Überall noch Luft nach oben“
Kurz nach der Ankunft ist im Stammquartier der deutschen Fußball-Nationalmannschaft während der Europameisterschaft in Évian-les-Bains ein erstes Training angesetzt. Zu diesem sind auch Fans aus der 8000-Seelen-Gemeinde am Südufer des Genfer Sees eingeladen.
Der hochmotivierte Bundestrainer will im wichtigen Endspurt der Vorbereitung keine Minute verschwenden. „Wir haben noch einiges aufzuarbeiten. Einige Spieler müssen natürlich noch nachholen“, sagte Löw zum noch fünftägigen Feinschliff bis zum Spiel gegen die Ukraine.
Der Trainer und seine Spieler sehen sich nach dem 2:0 bei der Generalprobe gegen Ungarn und einer intensiven Vorbereitung zuvor in der Schweiz auf einem guten Weg. Doch vor allem an der unbedingt nötigen Frische und Aggressivität muss noch gearbeitet werden. „Das Turnier wird schwer und kräftezehrend. Gerade in der Vorrunde wird es ein Abnützungskampf wie noch nie bei der EM. Da sind Spieler wichtig, die frisch sind, die neben der spielerischen Klasse auch läuferisch und kämpferisch überzeugen“, betonte Löw vor seiner dritten EM als Bundestrainer. Noch nie stand ein Nationaltrainer bei drei EM-Turnieren in der Verantwortung.
Löws Personal kennt die hohen Ansprüche, die der 56 Jahre alte Chefcoach stellt. Er will auch in den EM-Tagen jeden einzelnen Spieler und die gesamte Mannschaft weiter entwickeln und auf den Punkt genau auf ein Topniveau hieven, um Deutschland nach dem vierten WM-Stern auch den vierten EM-Titel zu bescheren. „Die Königsdisziplin von allem sind die Turniere“, sagte Löw im „Kicker“.
Die wichtigsten Personalentscheidungen hat Löw bereits vor dem Flug mit der „Fanhansa“ ins EM-Land getroffen. So hat er anders als noch beim WM-Triumph vor zwei Jahren in Brasilien diesmal Mesut Özil klar in der Mittelfeldzentrale eingeplant. Der junge Antonio Rüdiger vom AS Rom soll in der Innenverteidigung den noch nicht einsatzbereiten Mats Hummels (Muskelfaserriss) vertreten. Rechts hinten wird Löw wohl auf die Defensivqualitäten des Schalkers Benedikt Höwedes setzen.
„Wichtig ist, jetzt beim ersten Spiel da zu sein mit Selbstvertrauen und Power“, sagte Lukas Podolski. Der 31-Jährige geht wie der gleichaltrige Bastian Schweinsteiger in sein siebtes Turnier. „Das ist eine tolle Geschichte. Die Zeit rennt“, bemerkte der „ewige“ Podolski. Neben 14 Weltmeistern gehören auch sieben Turnier-Neulinge zu Löws auserwählten Profis für die Titelmission 2016.
Wann und wie Kapitän Schweinsteiger, der Held vom WM-Finale in Rio, nach seinem Kurzcomeback gegen Ungarn auch für echte Wettkampfspiele wieder eingeplant werden kann, ist eine der noch zu lösenden Aufgaben für Löw. Der Bundestrainer wird die Entwicklung genau beobachten und die Trainings- und Spielbelastung umsichtig steuern. „Ich will auch nicht, dass er nach drei, vier Spielen in ein Loch fällt, was ganz normal wäre nach solch einer Verletzung“, betonte Löw: „Den hohen Trainingsrhythmus muss er sich weiter erarbeiten.“
Aber nicht nur bei Schweinsteiger und im Defensivverhalten, das in der EM-Saison oft nicht weltmeisterlich war, gibt es wenige Tage vor dem Ernstfall gegen den robusten Außenseiter Ukraine am Sonntag in Lille noch Defizite. „Überall ist noch Luft nach oben“, bemerkte etwa Julian Draxler. Der Wolfsburger kommt an diesem Dienstag von seiner Familie in Gelsenkirchen zum Treffpunkt am Frankfurter Flughafen.
Im Fall Schweinsteiger ist Draxler, der gute Chancen auf einen Startplatz auf der linken offensiven Außenbahn hat, optimistisch: „Jetzt wird er nach und nach ans Team rankommen. Ich denke, dass Basti wie immer bei den entscheidenden Spiel da sein wird“, meinte Draxler. Auch Weltmeister-Kollege Manuel Neuer ist entspannt: „Wir können in Évian die Zeit noch nutzen, um uns weiter zu verbessern.“
In dem Kurort, weltbekannt für sein Bergquellwasser, findet der rund 70-köpfige EM-Tross des Deutschen Fußball-Bundes beste Bedingungen vor. Das 1909 erbaute und vor sechs Jahren komplett renovierte Hotel Ermitage mit 83 Zimmern und Suiten hat der DFB exklusiv gebucht. Das Trainingsstadion Camille Fournier ist nur einen Kilometer entfernt. „Es ist wichtig, dass man hier durchschnaufen kann nach den Reisen zu den Spielen“, sagte Teammanager Oliver Bierhoff: „Wir sind hoffentlich fünf Wochen hier zusammen.“
Das Ziel ist klar. „Wir wollen Europameister werden. Wir haben eine starke Mannschaft, Selbstvertrauen und wir sind der Weltmeister“, erklärte Routinier Podolski. Löw ist bis zum Finale am 10. Juli gefordert, die Potenzen seines Teams wieder optimal auf den Platz zu bringen.
(dpa)
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