Leverkusens Ärger über «Pipifax»-Rot – «Nikolaus» Dardai
Die höchst umstrittene Rote Karte für Sebastian Boenisch schon nach 17 Minuten und wieder einmal der K.o. durch ein Standard-Tor sorgen vor dem Champions-League-Match am Mittwoch gegen den übermächtigen Titelverteidiger FC Barcelona für reichlich Unmut bei Bayer 04. „Das war für mich keine Rote Karte“, monierte Leverkusen-Coach Roger Schmidt nach dem 1:2 am 15. Spieltag der Fußball-Bundesliga bei einer erstarkten Hertha.
„Nie im Leben war das ein Platzverweis“, wetterte auch Sportdirektor Völler: „Für so ein Pipifax-Foul die Rote zu geben. Das ist dann auch spielentscheidend gegen eine starke Mannschaft.“ Zumindest räumte der einstigen DFB-Teamchef ein, dass es von seinem Spieler blöd gewesen sei, so vehement reinzurutschen: „Man darf auch dem Schiedsrichtergespann nicht die Chance geben, eine Fehler zu machen, das hat Sebastian Boenisch leider gemacht mit der Grätsche.“
Linksverteidiger Boenisch war am Samstag mit dem Fuß voraus in einen Zweikampf mit Yanni Regäsel gerauscht, traf das Hertha-Talent zwar mit dem anderen Bein – musste aber mit der Konsequenz von Schiedsrichter Robert Hartmann leben. „Für mich ist es eher eine Gelbe Karte, wie er sich danach verhält. Sich am Boden zu wälzen, als hätte ich ihm das halbe Bein abgehackt“, kritisierte Boenisch Kontrahent Regäsel. „Die Sohle ist klar offen. Wenn es blöd kommt, liegt Yannis Knöchel irgendwo auf dem Rasen“, hielt Hertha-Kapitän Fabian Lustenberger dagegen.
Lange damit aufhalten wollten sich die Berliner nach dem umjubelten 400. Bundesligasieg ihres Club, den Vladimir Darida (7. Minute) und John Anthony Brooks (60.) mit ihren Toren perfekt machten, nicht. „Man hat gesehen, dass wir gegen einen Großen gewinnen wollten“, betonte Tor-Vorbereiter Marvin Plattenhardt. Am Sonntag durften die Schützlinge von Überraschungs-Trainer Pal Dardai den zweiten Advent ohne Training genießen, der Ungar hatten den Profis einen freien Nikolaustag geschenkt. Mit dem ersten Sieg gegen Leverkusen seit März 2009 und jetzt 26 Punkten hat sich die stolze Hertha als Tabellen-Vierter im Liga-Spitzenfeld eingenistet.
Bayer dagegen ist nach nur einem „Dreier“ in den letzten fünf Bundesliga-Partien erst einmal ins Niemandsland der Tabelle (Platz acht/21 Zähler) abgetaucht. „Wir hinken in der Liga hinterher. Unabhängig von Platz sechs, acht oder zehn: Wir haben einfach zu wenig Punkte, wir belohnen uns nicht“, musste auch Völler trotz der Wut auf den Platzverweis und die über 70-minütige personelle Unterzahl vor 41 819 Zuschauern im Olympiastadion eingestehen.
Der siebte Ligatreffer von Javier Hernández, genannt Chicharito, reichte nur zum zwischenzeitlichen Ausgleich (28.). „Spieler, die letztes Jahr dominant waren, haben in diesem Jahr nicht diese Form“, bemerkte Völler. Angesprochen fühlen dürfen sich gleich einige.
Hertha überraschte Bayer mit viel Druck und Dominanz, wirkte einfach entschlossener, was angesichts der Verteilung des Spieler-Potenzials durchaus verwundern durfte. „Wir müssen versuchen, noch alles möglich zu machen“, sagte Völler zur Aufgabe bis zum Weihnachtsfest: „Dann müssen wir einfach eine Aufholjagd starten.“ Leicht wird es garantiert nicht, nach Barcelona kommt als nächster Gegner erst einmal Bayern-Bezwinger Borussia Mönchengladbach nach Leverkusen.
„Man muss an das Unmögliche glauben“, forderte Völler für das Kräftemessen gegen Messi und Co., auch wenn „nach so einem Spiel wie heute sicher nicht so viele an uns glauben“. Nur eine Überraschung gegen Barça und ein Ausrutscher von AS Rom kann Bayer noch das Achtelfinale bringen. „Wir versuchen, Barcelona ein Bein zu stellen. Und ich bin mir sicher, dass ein Champions-League-Schiedrichter bei so einem Foul keine Rote Karte gibt“, erklärte Völler.
(dpa)
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