Königsklassen-Auslosung: Bundesliga will Wiedergutmachung
In einer bizarren Glaspyramide im 90er-Jahre-Design soll für die zuletzt international enttäuschenden Bundesliga-Clubs die Rückkehr an Europas Fußball-Spitze beginnen.
Wenn im mondänen Monaco im Grimaldi Forum am Donnerstag (17.45 Uhr) die Gruppenphase der Champions League ausgelost wird, gibt Bayern Münchens Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge für das deutsche Königsklassen-Quartett Angriff als klare Devise aus – trotz drohender Hammerlose für alle deutschen Teams.
„Wir haben Terrain verloren in den letzten Jahren. Wir waren im UEFA-Ranking vor ein paar Jahren Zweiter, lediglich die Spanier waren immer vor uns. In der Zwischenzeit haben uns nicht nur die Engländer, sondern sogar die Italiener überholt. Wir müssen ein bisschen aufpassen. Wir müssen ein Interesse haben anzugreifen“, sagte Rummenigge.
Schon vor dem deutschen WM-Desaster in Russland hatten die Clubs eine miserable Runde in Champions League und Europa League hingelegt. Nur die Bayern erfüllten mit dem Halbfinal-Einzug in der Königsklasse annähernd die Erwartungen. Gerade in der Europa League erlebte die deutsche Fußball-Mittelklasse von Hertha BSC, 1. FC Köln, 1899 Hoffenheim und SC Freiburg in Gruppenphase und Playoff einen Totalschaden. Am Ende reichte es für die Bundesliga lediglich zu Platz sechs in der Nationenwertung hinter Russland und nur knapp vor Österreich.
In dieser Saison soll alles besser werden. Für die Bayern heißt das: Königsklassen-Sieg am 1. Juni 2019 beim Finale in Madrid. „Wir werden versuchen, dieses Jahr anzugreifen. Wir wollen das, was wir 2013 mit dem Sieg in London erlebt haben, in naher Zukunft wieder erreichen“, sagte Rummenigge, der auf Prämien von mehr als 100 Millionen Euro hoffen kann. Den Alleinunterhalter auf Europas Fußball-Bühne zur Rettung des deutschen Fußballs wollen die Münchner aber nicht mehr spielen.
„Das kann sicherlich nicht Bayern München alleine leisten, dass muss die Bundesliga als Ganzes leisten. Die Bundesliga ist ein gutes Produkt, aber es ist entscheidend, wie wir uns international präsentieren“, sagte Rummenigge. Unterstützung bekam er von Borussia Dortmunds neuem Coach Lucien Favre: „Es ist wichtig, dass nicht nur Bayern eine tragende Rolle spielt.“
Schalke 04, 1899 Hoffenheim und der BVB sind die weiteren Bundesliga-Vertreter in der Champions League, die am 18. September startet. Am Freitag (13.00 Uhr) bekommen Eintracht Frankfurt und Bayer Leverkusen sowie eventuell noch RB Leipzig ihre Kontrahenten in der Europa League zugelost. „Da muss die Bundesliga jetzt ein Stück weit Flagge zeigen“, forderte Rummenigge.
Die Bayern sind in der Champions League als einziges Bundesliga-Team im Topf der besten acht Mannschaften gesetzt und können somit in der Gruppenphase nicht auf die großen Kracher Real Madrid, FC Barcelona, Manchester City, Juventus Turin oder Paris Saint-Germain treffen. Dennoch ist für die Münchner auch eine knifflige Kombination mit Manchester United, Olympique Lyon und Inter Mailand möglich.
Ein Gegner des ganz großen Kalibers á la Dauerkonkurrent Real droht den Dortmundern, die als punktbestes Team in Topf 2 landeten. Schalke 04 wurde in Topf drei eingestuft. Hoffenheim muss im Topf vier der schwächsten Teams mit drei namhaften Gegnern beim Debüt in der Königsklasse rechnen. „Je mehr Erfahrung die Teams mit diesen Wettbewerben haben, desto besser sind ihre Chancen, die Gruppenphase zu überstehen. Wir werden versuchen, in unserer Gruppe, die sicher stark besetzt sein wird, Dritter zu werden“, sagte Trainer Julian Nagelsmann.
Sportchef Alexander Rosen wünscht sich eine „Mega-Mannschaft“ vom Format Real Madrid oder Juventus Turin mit Cristiano Ronaldo und bremst gleichzeitig die Erwartungen, dass auch Hoffenheim zum erhofften Bundesliga-Aufschwung beitragen kann: „Wenn ich die Kader dieser Top-Mannschaften ansehe, kann ich nicht sagen, die hauen wir jetzt weg.“ Auch Schalkes Manager Christian Heidel verwies auf eine Unwucht im europäischen Fußball: „Natürlich ist die Bundesliga wettbewerbsfähig, aber es wird in der Spitze immer schwieriger, da die wirtschaftliche Schere immer weiter auseinandergeht.“
DIE EINTEILUNG DER LOSTÖPFE:
Topf 1 (Titelverteidiger, Sieger Europa League und die Meister der sechs besten nationalen Fußball-Verbände):
Real Madrid, Atlético Madrid, FC Barcelona, FC BAYERN MÜNCHEN, Manchester City, Juventus Turin, Paris Saint-Germain, Lok Moskau
Topf 2 (nach UEFA-Koeffizient):
BORUSSIA DORTMUND, FC Porto, Manchester United, Schachtjor Donezk, SSC Neapel, Tottenham Hotspur, AS Rom + 1 weiteres Team
Topf 3 (nach UEFA-Koeffizient):
FC SCHALKE 04,Olympique Lyon, AS Monaco, Ajax Amsterdam, ZSKA Moskau, + drei weitere Teams
Topf 4 (nach UEFA-Koeffizient):
FC Brügge, Galatasaray Istanbul, Young Boys Bern, Inter Mailand, 1899 HOFFENHEIM, AEK Athen, + 2 weitere Teams
offen:
FC Liverpool: Topf 2 oder 3 FC Valencia: Topf 3 oder 4 Viktoria Pilsen: Topf 3 oder 4
Bei Qualifikation:
Benfica Lissabon: Topf 2 RB Salzburg: Topf 3 PSV Eindhoven: Topf 3 oder 4 PAOK Saloniki: Topf 3 oder 4 Bate Borissow: Topf 4 Roter Stern Belgrad: Topf 4
Dabei gibt es fünf verschiedene Verteilungskategorien für das Preisgeld in der Champions League:
– Startgeld: 15,25 Millionen Euro für jeden der 32 Clubs in der Gruppenphase
– Punktprämie: 2,7 Millionen Euro pro Sieg und 900 000 Euro pro Remis in der Gruppenphase
– Prämien für Einzug in K.o.-Runden:
Achtelfinale: 9,5 Millionen Euro
Viertelfinale: 10,5 Millionen Euro
Halbfinale: 12 Millionen Euro
Finale: 15 Millionen Euro
Sieg: 4 Millionen Euro + 3,5 Millionen Euro für Qualifikation zum Supercup
– Koeffizientenrangliste: Verteilt werden 585 Millionen Euro insgesamt, aufgeteilt auf 32 Clubs nach Koeffizientenrangliste der Erfolge der letzten zehn Jahre. Platz 32 bekommt 1,108 Millionen Euro, Platz 1 (Real Madrid) 32×1,108 Millionen Euro = 35,46 Millionen Euro. Bayern München bekommt als Dritter 33,24 Millionen Euro. Die genaue Platzierung und damit die Summen für Schalke, Dortmund und Hoffenheim hängen von den Playoff-Spielen ab.
– Marktpool: Verteilt werden rund 292 Millionen Euro an alle Teilnehmer. Als Schlüssel dienen die Einnahmen aus den jeweiligen Fernsehmärkten, weshalb eine genaue Berechnung noch nicht möglich ist. Den deutschen Betrag teilen sich die vier Clubs nach einem nationalen Erfolgsschlüssel. 50 Prozent werden gleichmäßig verteilt, von den weiteren 50 Prozent bekommt Meister Bayern 40 Prozent, der Liga-Vize Schalke 30 Prozent, der Liga-Dritte Hoffenheim 20 Prozent und der Liga-Vierter Dortmund zehn Prozent. (dpa)
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