IGFM-Arbeitsausschuss China fordert Boykott der Olympischen Winterspiele

Die Olympischen Winterspiele in Peking stehen vor der Tür. Aufgrund der verheerenden Menschenrechtslage hört man immer wieder vom Boykott der Veranstaltung. In einem offenen Brief wendet sich nun Hubert Körper, Vorsitzender des Arbeitsausschusses China der Internationale Gesellschaft für Menschenrechte (IGFM), an die Sportler und appelliert an ihr Gewissen.
Titelbild
Der Skispringer Ondrej Vaculik bei den Olympischen Winterspiele 2006 in Turin.Foto: Sandra Behne/Bongarts/Getty Images
Epoch Times4. Januar 2022

In der Zeit vom 4. bis 20. Februar sollen in Peking die Olympischen Winterspiele stattfinden. Doch Proteste regen sich, denn das kommunistische chinesische Regime ist für Menschenrechtsverletzungen im großen Stil bekannt, angefangen von Zwangsabtreibungen bis hin zu Folter ethnischer Minderheiten, darunter Uiguren, sowie dem an Falun Gong-Praktizierenden verübten Organraub.

Schon vor Wochen hatten die USA angekündigt, keine offiziellen Vertreter zu den Spielen nach China zu entsenden. Australien, Kanada, Großbritannien und Neuseeland schlossen sich an. Auch Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) und  Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) werden nicht zu den Olympischen Winterspielen nach China reisen, allerdings werden hier persönliche Gründe angegeben.

Auch unter den Sportlern ist die brisante Menschenrechtslage in China bekannt. Maximilian Klein, der sich für die Vereinigung Athleten Deutschland um internationale Sportpolitik kümmert, sagte in der ARD-Sportschau: „Diejenigen, die sich kritisch äußern wollen – und es gibt eine hohe Sensibilisierung innerhalb der Athletenschaft für die problematische Lage in China –, muss es möglich sein, sich kritisch zu äußern.“ Aus Sicht der Athleten werde ein sportlicher Boykott klar abgelehnt.

Nun rüttelt ein offener Brief am Gewissen der deutschen Wintersportler. Nach Aussage von Hubert Körper, Vorsitzender des Arbeitsausschusses China der Internationale Gesellschaft für Menschenrechte (IGFM), ist dieser Brief an zahlreiche Sportverbände und Sportler unterwegs, die sich auf den Weg nach Peking machen wollen. Es folgt der Brief im kompletten Wortlaut:

Sehr geehrte Damen und Herren,

in vier Wochen werden in Peking die 24. Olympischen Winterspiele stattfinden.

Das Internationale Olympische Komitee hat mit seiner Entscheidung, die Winterspiele in Peking auszurichten, die Pflicht und die Verantwortung übernommen, die ethischen Prinzipien der Olympischen Charta wie Menschenwürde und Schaffung einer friedliebenden Gesellschaft im Gastgeberland zu realisieren. Dieser Aufgabe ist das IOC nicht einmal ansatzweise nachgekommen. Unterdrückung und schwerste Menschenrechtsverbrechen, wie sie in der VR China derzeit geschehen, sind keineswegs mit der Olympischen Charta zu vereinbaren. Peking hätte nie den Zuschlag für die Ausrichtung der Olympischen Spiele 2022 bekommen dürfen und keine Spiele wären sicherlich besser gewesen, als Sportler, Staatsgäste und Zuschauer zu Propagandazwecken einer kommunistischen Diktatur zu missbrauchen.

Das chinesische kommunistische Regime hat seit seiner Machtergreifung mehr als 65 Millionen Menschenleben auf dem Gewissen – Historiker sprechen gar von 80 Millionen Ermordeten und Verhungerten. Wer allerdings glaubt, dass sich durch die wirtschaftliche Öffnung Chinas auch die Menschenrechtslage verbessert hätte, der sei eines Besseren belehrt. Grundrechte wie Glaubens- und Versammlungsfreiheit, Meinungs- und Pressefreiheit, die für uns als selbstverständlich gelten, werden in der Volksrepublik mit Füßen getreten.

Die Lage der Tibeter muss nach wie vor als desaströs bezeichnet werden, Uiguren in der Provinz Xinjiang werden zu Tausenden und Abertausenden in Konzentrationslager deportiert. Das System der Zwangsarbeit als Werkzeug der Unterdrückung besteht immer noch. Demokraten, Menschenrechtsanwälte, Bürgerrechtler, Oppositionelle, regimekritische Journalisten, Mitglieder christlicher Kirchen sowie die ursprünglich staatlich geförderte Meditationspraxis Falun Gong sind weiterhin der staatlichen Verfolgung ausgesetzt. Der Einsatz von Folter sowie die exzessive Anwendung der Todesstrafe sind seit Jahren Bestandteil chinesischer Justiz. Kein Staat der Welt hat in den letzten Jahrzehnten so vehement in die Geburtenregelung seines eigenen Volkes eingegriffen und ca. 400 Millionen Zwangssterilisationen und Zwangsabtreibungen vornehmen lassen, oftmals noch im achten Monat. Die Liste der Verbrechen der Kommunistischen Partei Chinas (KPCh) ist endlos. Denken Sie bitte auch an die zunehmende Bedrohung Taiwans und an die Quasi-Annektion Hongkongs, die einen Vertragsbruch im Sinne des Völkerrechts darstellt. Auch muss Peking für die Schäden der globalen Corona-Katastrophe verantwortlich gemacht werden. Die KPCh hätte diese Pandemie verhindern können, wenn sie zeitnah und angemessen reagiert hätte. Stattdessen täuschte man das eigene Volk sowie die internationale Staatengemeinschaft selbst auf die Gefahr hin, dass unzählige Menschen infiziert werden und durch COVID-19 den Tod finden. So wurde zum Beispiel der gesamte inländische Flug- und Bahnverkehr von und nach Wuhan gesperrt, während Auslandsflüge paradoxerweise fortgeführt wurden.

Noch vor wenigen Wochen hat ein Londoner Tribunal unter dem Vorsitz von Sir Geoffrey Nice die VR China des Völkermordes an dem Volk der Uiguren angeklagt. Nice war ehemaliger Chefankläger gegen den früheren serbischen Präsidenten Slobodan Milošević vor dem Haager Kriegsverbrechertribunal. Dieses Tribunal hat bereits im Jahr 2019 der VR China systematischen Organraub an lebenden Falun Gong-Praktizierenden vorgeworfen.

Trotz internationaler Kritik betreibt Staats- und Parteichef Xi Jinping seit Beginn seiner Amtszeit eine kompromisslose Macht- und Unterdrückungspolitik gegen sein eigenes Volk und gegen den Rest der Welt. Sollte die wirtschaftliche und militärische Entwicklung in China so weiter voranschreiten, wird Maos 100-jähriger Plan in Erfüllung gehen – Chinas Kommunisten werden Weltmacht Nr. 1 sein. Welche Konsequenzen sich daraus für die Menschheit ergeben werden, dürfte klar sein – Unterdrückung und Versklavung im Namen einer Ideologie, die im krassen Widerspruch zur Natur des Menschen steht.

Wir stehen heute vor der Frage: Wie kann es möglich sein, dass es dem größten Menschenrechtsverletzer erneut erlaubt wird, die Olympischen Spiele auszurichten? Wird Peking für seine Menschenrechtsverbrechen nicht etwa noch belohnt? Für China geht es um Prestige, Macht und weltweite Anerkennung.

Die KPCh benutzt die Olympischen Spiele abermals als Instrument für nationale und internationale Propaganda und befleckt die Olympische Idee aufs Neue mit Blut und Schande – eine Parallele zu Hitlers Propagandaspiele von 1936 ist offenkundig.

„Nie wieder!“, hieß es doch einmal in Deutschland und dennoch werden deutsche Sportler in Peking um olympisches Gold kämpfen, während wenige Straßenzüge neben den Wettkampfstätten Menschenrechtsverbrechen geschehen.

Hierzu passt ein denkwürdiger Satz von Heinrich Mann, den er auf der Konferenz zur Verteidigung der Olympischen Idee im Juni 1936 in Paris ausgesprochen hatte:

„Ein Regime, das sich stützt auf Zwangsarbeit und Massenversklavung; ein Regime, das den Krieg vorbereitet und nur durch verlogene Propaganda existiert, wie soll ein solches Regime den friedlichen Sport und freiheitlichen Sportler respektieren? Glauben Sie mir, diejenigen der internationalen Sportler, die nach Berlin gehen, werden dort nichts anderes sein als Gladiatoren, Gefangene und Spaßmacher eines Diktators, der sich bereits als Herr dieser Welt fühlt.“

Meine sehr verehrten Damen und Herren,

Menschenrechtler und zahlreiche Sportler sind sich darüber einig, dass Olympische Spiele und Menschenrechtsverbrechen keinesfalls gemeinsam existieren dürfen. Kein Sportler hätte aus heutiger Sicht an den Olympischen Spielen 1936 in Berlin teilgenommen.

Wie Sie sich als Sportler auch immer entscheiden werden, ob Sie an den Spielen in Peking teilnehmen oder nicht – es ist Ihre eigene Entscheidung. Sie müssen dies mit Ihrem eigenen Gewissen vereinbaren. Kein Trainer, kein Funktionär und auch kein Sportverband kann Ihnen diese Entscheidung abnehmen.

Wir als Menschenrechtsorganisation können an Sie nur appellieren: Fahren Sie nicht nach Peking, setzen Sie durch Ihr Fernbleiben ein Zeichen gegen Unterdrückung, Diktatur und Versklavung! Letztendlich ist es eine Frage der Würde und des Mutes zu solchen Menschenrechtsverbrechen nicht zu schweigen.

Mit freundlichen Grüßen

Hubert Körper

Arbeitsausschuss China
Internationale Gesellschaft für Menschenrechte (IGFM)

(sua)



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