Demontage der Hochgelobten U21 – «Arbeitsverweigerung»
„In der Vorbereitung auf dieses Spiel ist einiges falsch gelaufen. Wir hatten einen Tag mehr Pause, Portugal war aber frischer als wir, von Anfang an hellwach und hat uns in den ersten Zweikämpfen gezeigt, wo es lang geht“, sagte Weltmeister Matthias Ginter nach einer Demütigung über 90 Minuten.
0:5 ging die Mannschaft von Trainer Horst Hrubesch im Stadion Andruv in Olmütz im Halbfinale der U21-EM unter und verabschiedete sich sang- und klanglos aus dem Turnier. Noch nie hat eine deutsche U21 eine derartig hohe Niederlage einstecken müssen. Die bislang höchste Pleite datierte vom 10. Oktober 2002 beim 1:5 in Bosnien-Herzegowina. „Jeder muss sich nach dieser Enttäuschung überprüfen – deprimierend“, sagte DFB-Präsident Wolfgang Niersbach: „Das war eine große Ernüchterung, eine bittere Lehrstunde für unsere Mannschaft. Da gibt es keine Erklärung für.“
Nach der erfolgreichen Qualifikation für die Olympischen Spiele in Rio de Janeiro 2016 wollten die deutschen Junioren den Triumph des Hrubesch-Teams von 2009 wiederholen und Europameister werden. Das ging kapital in die Hose, weil offenbar nicht alle fokussiert genug waren. „Da müssen sich nicht alle, aber ein paar schon Gedanken machen, ob sie für ein Halbfinale professionell alles so gemacht haben, wie es sein sollte“, sagte Innenverteidiger Ginter, der gegen die wieselflinken Portugiesen noch die beste Figur machte.
Diesen Andeutungen trat Kapitän Kevin Volland entschieden entgegen. „Das kann ich definitiv ausschließen, hundertprozentig. Ich weiß von jedem einzelnen, dass er sich hundertprozentig auf die Partie vorbereitet hat“, sagte er, ließ dann aber auch verbal seinem Frust freien Lauf: „Wir haben uns so gefreut auf das Halbfinale gegen Portugal. Und dann war es von der ersten bis zur 90. Minute eine Arbeitsverweigerung von jedem einzelnen.“
Bernardo Silva (25. Minute), Ricardo (33.), Ivan Cavaleiro (45.+1), João Mário (46.) und Ricardo Horta (71.) besiegelten vor 9876 Zuschauern das Aus der Deutschen. Der zur Pause eingewechselte Leonardo Bittencourt sah dann auch noch die Gelb-Rote Karte (75.). „Ich bin schon stinkig ins Spiel gekommen. Ich bin stinkesauer, dass wir eine solche Chance haben liegen lassen“, sagte der Team-DJ, der offenbarte, dass in der Kabine nach Schlusspfiff „Totenstille“ herrschte.
Trainer Horst Hrubesch hatte vor dem Spiel gesagt, dass er seinen Spielern vertrauen können und das bekomme, „was ich sehen will“. Er wurde bitter enttäuscht. „Wir brauchen nichts schönreden, wir haben einfach schlecht gespielt“, sagte der 64-Jährige. Der wird nun bis Rio eine Mannschaft zusammenstellen müssen, die dem noch größeren Druck eines Olympia-Turnier gewachsen ist. Acht Spieler des EM-Kaders fallen wegen der Altersgrenze raus.
Ob Hrubesch zu den drei erlaubten Kräften Weltmeister wie Philipp Lahm oder Per Mertesacker mitnimmt, ließ er offen. Trotz des Debakels von Olmütz verlor er kein schlechtes Wort über seine Spieler. Hrubesch: „Es hat einfach Spaß gemacht, mit dieser Mannschaft zu arbeiten. Daran ändert diese Niederlage auch nichts. Wir gewinnen zusammen und verlieren zusammen.“
(dpa)
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