Finale mit Signalwirkung: FCB will Leipzig-Angriff abwehren
Viel mehr Brisanz geht nicht. Beim großen Saisonfinale des deutschen Fußballs in Berlin geht es nicht nur um den acht Liter Schampus fassenden „Pott“.
Für die großen Bayern, den neuen Rivalen RB Leipzig, für Niko Kovac, Ralf Rangnick und die Servus-Helden Franck Ribéry und Arjen Robben wird es ein bewegender Abschlussabend im ausverkauften Olympiastadion. Die Endspielpremiere zwischen dem 18-maligen Rekordpokalsieger aus München und dem noch titellosen sächsischen Herausforderer könnte die Tektonik des deutschen Fußballs verschieben. Status quo oder Zeitenwende? Um nichts weniger geht es am Samstag (20.00 Uhr/ARD/Sky) zwischen dem FC Bayern und RB Leipzig.
„Das wird ein schweres Spiel“, warnte Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge die Münchner Stars schon vor einer Woche mitten in den Meisterfeierlichkeiten: „Uns erwartet eine Mannschaft, die sich in dieser Saison als dritte Kraft in der Bundesliga herauskristallisiert hat. Wir werden einen guten Tag haben müssen.“ Einen sehr guten!
Ralf Rangnick nahm die Vorlage gerne auf. Der 60-Jährige weiß um die Symbolik und die Signalwirkung der Finalpremiere zwischen dem kaum antastbaren nationalen Branchenführer und dem im Osten Deutschlands mit österreichischen Red-Bull-Millionen aufgebauten Fußball-Projekt.
„Gerade gegen uns als Emporkömmling werden die Bayern versuchen, die Machtverhältnisse wiederherzustellen“, sagte Rangnick. Im letzten Spiel als RB-Coach träumt er von der „Krönung“ – für sich und den Verein, den er vor allem als Sportdirektor groß gemacht hat. Zehn Jahre nach der Gründung von RasenBallsport winkt die erste Trophäe.
Verhindern will das Pokalexperte Kovac, der das dritte Endspiel nacheinander in seiner Heimatstadt erlebt. Letztes Jahr düpierte der 47-Jährige noch mit Eintracht Frankfurt die Bayern (3:1). Auch ohne öffentliches Bekenntnis seiner Bosse geht es für den Kroaten im 49. Pflichtspiel als Bayern-Coach nicht mehr vordergründig um seinen Job. Als Double-Gewinner würde er auch die Restzweifel an seiner Zukunft beim deutschen Rekordmeister ausräumen. Kovac erwartet im Finale aber Schwerstarbeit: „Das wird ein Spiel auf Biegen und Brechen.“
29 Meisterschaften, 18 Pokalerfolge, sieben Europapokalsiege – das ist die Titelsammlung, mit der die Bayern protzen können. Bei den „Roten Bullen“ steht überall die Null. Die Erfahrung in großen Spielen, die besondere Dynamik eines Pokalendspiels in Berlin, das kennen die erfahrenen Münchner Profis bestens. Die Leipziger Akteure um den womöglich zum FC Bayern wechselnden Nationalstürmer Timo Werner dagegen betreten absolutes Neuland. „Vielleicht sind wir deswegen noch hungriger“, entgegnete Torwart Peter Gulacsi.
Auch Rangnick hofft auf den emotionalen Endspiel-Kick. Beim 0:0 um Ligapunkte gegen die Bayern vor zwei Wochen hatten bei seinen Spielern noch „die letzten fünf Prozent Adrenalin gefehlt“, wie er bemerkte.
An Leidenschaft und Willensstärke dürfte es nicht mangeln – auf beiden Seiten. „Natürlich wollen wir das Ding gewinnen“, erklärte Bayerns Thomas Müller. „Spaß haben“, lautet das Motto der Leipziger vor dem bislang größten Spiel in der zehnjährigen Vereinshistorie.
Beide Teams können fast in Bestbesetzung antreten. Bei den Bayern fällt nur Leon Goretzka aus. Kapitän Manuel Neuer steht vor einer Rückkehr ins Tor. Kovac muss also mal wieder viele Befindlichkeiten bei der Zusammenstellung der Startelf aushalten. „Der Trainer hat einen schweren Job, das zu moderieren“, sagte Sportdirektor Hasan Salihamidzic. Ribéry und Robben müssen sich auch in ihrem letzten Pflichtspiel im Bayern-Trikot mit der Joker-Rolle begnügen. Auch Rangnick hat die freie Auswahl, muss aber keine Rücksichten nehmen. Er übergibt nach dem Berliner Finalabend an Julian Nagelsmann.
Taktisch sind keine Überraschungen zu erwarten. Die Bayern werden mehr Ballbesitz haben und ihre individuelle Klasse ausreizen wollen. Das Team hat sich auch von den Nebengeräuschen um den Trainer gelöst. „Wir haben gesagt, wir müssen unseren Job machen und alles geben, was wir noch an Kraft haben“, berichtete Torjäger Robert Lewandowski.
Leipzigs Spielweise ist auf defensive Stabilität, Pressing, hohe Laufbereitschaft, Balleroberung und überfallartige Konter angelegt. „Wir dürfen keine Ballverluste in den gefährlichen Zonen haben. Das ist die größte Waffe, die sie haben“, mahnte Bayerns Abwehr-Routinier Mats Hummels. Das Finalkonzept von Leipzigs Marcel Sabitzer klingt simpel: „Wir müssen die Null halten und irgendwie ein Tor schießen.“
Die „Roten Bullen“, an etlichen Bundesliga-Standorten im Alltag angefeindet, dürften im Finale gegen die polarisierenden Bayern bundesweit einige Fans für einen Abend haben. Ein Titelgewinn des Herausforderers wäre ein Signal für die kommende Bundesligasaison. Dann wäre Borussia Dortmund nicht mehr der einzige echte Rivale des Serienmeisters. Dann würde auch das Supercup-Finale zu Beginn der Spielzeit 2019/20 FC Bayern gegen RB Leipzig lauten. „Klar wird Leipzig einer der nächsten Konkurrenten des FC Bayern, davon bin ich überzeugt“, prophezeite Pokal-Titelverteidiger Kovac.
Die voraussichtlichen Aufstellungen:
Bayern München: Neuer – Kimmich, Süle, Hummels, Alaba – Martínez, Thiago – Gnabry, Müller, Coman – Lewandowski
RB Leipzig: Gulacsi – Klostermann, Konaté, Orban, Halstenberg – Kampl, Laimer – Sabitzer, Forsberg – Poulsen, Werner
Schiedsrichter: Stieler (Hamburg) (dpa)
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