FIFA: Staatsanwaltschaft will Freisprüche von Blatter und Platini anfechten
In einem Monat beginnt in Katar die 22. Fußball-Weltmeisterschaft der FIFA. Der frühere Verbandspräsident Sepp Blatter und Ex-UEFA-Chef Michel Platini werden sie noch nicht als vollständig Rehabilitierte verfolgen können. Wie die Nachrichtenagentur AFP berichtet, wird die Schweizer Staatsanwaltschaft das erstinstanzliche Urteil im Betrugsprozess gegen beide Funktionäre anfechten.
FIFA sah sich von Blatter und Platini hintergangen
Wie die Behörde am Donnerstag mitteilte, hat sie eine Berufungsschrift bei der Berufungskammer des Bundesstrafgerichts eingebracht. Sie beantragte die vollständige Aufhebung des Urteils der ersten Instanz. Im Juli hatte das Bundesstrafgericht in Bellinzona die beiden früheren Fußballfunktionäre vom Vorwurf des Betruges zulasten der FIFA freigesprochen.
Die Anklage hatte Mitte Juni für Blatter und Platini ein Jahr und acht Monate Haft auf Bewährung gefordert. Gegenstand des Verfahrens war eine Zahlung an den früheren französischen Internationalen in Höhe von rund zwei Millionen Schweizer Franken aus FIFA-Beständen.
Die FIFA hatte Blatter, der dem Verband von 1998 bis 2016 vorstand, vorgeworfen, diese eigenmächtig und unrechtmäßig veranlasst zu haben. Es habe lediglich eine schriftliche Vereinbarung über ein Beraterhonorar in Höhe von 300.000 Schweizer Franken für Platini gegeben. Dieser und Blatter erklärten jedoch, sie hätten die Zahlung des höheren Betrages mündlich und ohne Zeugen vereinbart. Es habe sich um eine „Nachzahlung für Beratertätigkeiten“ gehandelt.
Mehrjährige Ämtersperre für beide Ex-Funktionäre
Die FIFA hatte sich dem Verfahren als Nebenklägerin angeschlossen. Der Verband fordert die Rückzahlung des Honorars und der darauf gezahlten Sozialbeiträge. Die Ethikkommission des Verbandes hatte beide langjährigen Funktionäre mit mehrjährigen Ämtersperren belegt.
Die Überweisung fand im Jahr 2011 statt. Platini stand von 1998 bis 2002 als Berater bei der FIFA unter Vertrag. Im Jahr 2007 übernahm er die UEFA, der er bis 2016 leitete. In dieser Zeit veranlasste er die Vergabe der Europameisterschaft 2012 an Polen und die Ukraine. Als Europavertreter stimmte er 2010 für die Ausrichtung der FIFA-WM 2022 in Katar.
Vorwürfe der Vetternwirtschaft richteten sich gegen 72-fachen französischen und einmaligen kuwaitischen Nationalspieler im Zusammenhang erstmals Ende der 2000er-Jahre. Von Oktober 2008 an hatte die UEFA über Jahre mehrere Aufträge zur Herstellung von Musikstücken an Platinis Schwiegersohn Yohann Zveig vergeben. Darunter war auch die offizielle Hymne der UEFA Europa League.
Platini denkt an Rückkehr ins Funktionärswesen
Blatter machte wiederholt deutlich, dass die FIFA um die Jahrtausendwende noch nicht ausreichend liquide gewesen wäre, um Platini das vollständige vereinbarte Honorar bezahlen zu können. Deshalb sei es zu diesem „Gentleman’s Agreement“ gekommen, das dem Franzosen eine nachträgliche Zahlung gesichert hatte.
Die „Tagesschau“ zitierte Platini am Tag des erstinstanzlichen Freispruchs mit den Worten:
Ich habe die Wahrheit gesagt, die FIFA hat mir nie geglaubt und mir nie vertraut. […] Das Gericht hat mir vertraut, und das ist ein großer Sieg für mich.“
Seine Karriere als Fußballfunktionär sieht der 67-Jährige noch nicht als beendet an: „Ich bin noch so jung, ich habe noch Zeit vor mir.“ Den 86-jährigen Blatter hatte die FIFA erst jüngst für sechs Jahre und acht Monate gesperrt. Blatter hat auch seinen Sitz in Internationalen Olympischen Komitee (IOC) niedergelegt.
FIFA wegen mehrerer Korruptionsvorwürfe im Gerede
Die FIFA begründet ihre Maßnahmen gegen die früheren Spitzenfunktionäre mit dem Vorwurf, Blatter und Platini wären in mehreren Fällen in Korruption verwickelt gewesen. Für eine strafrechtliche Verfolgung reichten bislang aber entweder die Beweise nicht aus oder die Sachverhalte waren verjährt.
Unter anderem sollen im Vorfeld der Vergabe der WM-Turniere 2018 und 2022 im Vorfeld der Abstimmung Geldmittel an Spitzenfunktionäre geflossen sein, deren Grundlage unklar sei. Zudem sollen Führungskräfte der Fox-Mediengruppe Bestechungsgelder in Millionenhöhe gezahlt haben, um sich die Übertragungsrechte für die beiden Weltmeisterschaften zu sichern.
Während Russland nicht zuletzt infolge früherer Erfolge der Sowjetunion als bedeutende Fußballnation galt, traf dies auf das Emirat Katar nicht zu. Trotz des Vorwurfs von Verstößen gegen Menschenrechte und arbeitsrechtliche Standards sowie des unwirtlichen Klimas, das eine WM im Winter erforderlich macht, erhielt Katar damals den Zuschlag. Neben dem Golfemirat hatten sich die USA, Südkorea, Japan und Australien um die Austragung des Turniers beworben.
Sommermärchen bleibt ohne juristische Misstöne
Keine strafrechtlichen Konsequenzen gab es auch gegen die deutsche Fußballlegende Franz Beckenbauer. Diesem war zur Last gelegt worden, zusammen mit weiteren früheren DFB-Funktionären nicht geklärte Zahlungen von umgerechnet 6,7 Millionen Euro in den Jahren 2002 und 2005 veranlasst zu haben. Das Geld sei auf Konten des damaligen FIFA-Funktionärs Mohammed Bin Hammam geflossen.
Auch soll ein mittlerweile verstorbener neuseeländischer FIFA-Funktionär im Juli 2000 eine Zahlung in Höhe von 250.000 US-Dollar erhalten haben. Der Funktionär hatte bei der am 6. Juli des Jahres erfolgten Schlussabstimmung über die Vergabe des WM-Turniers 2006 den Saal verlassen. Dies sicherte die erforderliche Mehrheit für die als „Sommermärchen“ bekannt gewordene Endrunde in Deutschland.
Sportlich hatte Gastgeber Deutschland 2006 nur Platz 3 belegt. Allerdings bewirkte die Veranstaltung, die unter dem Motto „Die Welt zu Gast bei Freunden“ stand, eine Zeit des Optimismus und der Aufbruchsstimmung im Inland – und eine deutliche Imageverbesserung für Deutschland im internationalen Maßstab. Im Jahr 2020 wurde der sogenannte Sommermärchen-Prozess wegen Eintritts der Verjährung eingestellt.
(Mit Material von AFP)
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