FC Bayern ohne Hoeneß? Mögliche Gewinner und Verlierer

Der FC Bayern müsste sich bei einem Rückzug von Uli Hoeneß neu sortieren. Doch wer würde von einem Abschied das langjährigen Patrons profitieren? Und für wen könnten bei den Münchnern schwere Zeiten anbrechen?
Titelbild
Jahrzehnte lang das Gesicht des FC Bayern.Foto: Matthias Balk/dpa
Epoch Times25. Juli 2019

Ratlos und überrumpelt vom angeblich bevorstehenden Rückzug von Uli Hoeneß kehrte der Tross des FC Bayern aus den USA zurück. Auch über den Wolken scheinen die Verantwortlichen und Spieler aus der Heimat wenig Erhellenderes vernommen haben über die mögliche Zeitenwende beim Fußball-Rekordmeister.

„Ich weiß nicht, ob es eine Tatsache ist und ich möchte es auch nicht kommentieren, weil es ist eine exklusive Angelegenheit von Uli“, sagte Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge am Mittwoch am Münchner Flughafen nach der Landung aus den USA. „Er wird sich seine Zukunft reichtlich überlegt haben und wird es dann, wenn ich es richtig gelesen habe, am 29. August verkünden.“ Sollte Hoenenß‘ Entscheidung so ausfallen, sei sie zu respektieren.

Hoeneß tritt im November nicht mehr zur Wiederwahl als Präsident des FC Bayern an und hört auch als Aufsichtsratschef auf, will die „Bild“-Zeitung erfahren haben. Das erstaunliche Zukunftsszenario schreckte Rummenigge, Trainer Niko Kovac und die Münchner Profis im 7900 Kilometer entfernten Kansas City auf. Hoeneß selbst sorgte in einer ersten Reaktion nicht für Klarheit.

„Am 29. August werde ich dem Aufsichtsrat meine Entscheidung mitteilen, vorher gibt es von mir keine offizielle Erklärung“, sagte der 67-Jährige dem „Kicker“ am Mittwoch. Das ist kein Widerspruch, aber eben auch keine klare Bestätigung. Zur Meldung, der frühere Adidas-Chef Herbert Hainer, mit dem Hoeneß eng befreundet ist, sei als Nachfolger auserkoren, äußerte sich der Bayern-Boss nicht.

Die Neuigkeit, die den 1:0 (1:0)-Sieg zum Abschluss der Münchner US-Werbetour gegen den AC Mailand in den Schatten stellte, löste vielfältige Reaktionen aus: Überraschung, Zweifel, Rätselraten. Vor allem aber das ungläubige Gefühl, dass beim nationalen Branchenführer nach 40 Jahren mit Hoeneß als Macher eine Zukunft ohne den Patron vom Tegernsee in einer Führungsfunktion bevorsteht. Laut „Kicker“ soll Hoeneß immerhin einfaches Mitglied im Aufsichtsrat bleiben.

„Ich kenne den FC Bayern fast nur mit Uli Hoeneß“, sagte Nationalspieler Joshua Kimmich am Dienstagabend (Ortszeit) im Children’s Mercy Park Stadium von Kansas City. Er wisse nicht, ob die Meldung stimme. „Wenn ja, kann ich mir das gar nicht vorstellen.“ Er meinte die XXL-Zäsur, also einen FC Bayern ohne Uli H.

Es hieß, dass Hoeneß folgenden Plan entworfen hat: Der stellvertretende Aufsichtsratsvorsitzende Hainer (65) soll seine Ämter in der Vereinsführung und an der Spitze des neunköpfigen Kontrollgremiums übernehmen. Dabei hatte sich Hoeneß im vergangenen Dezember noch bis 2022 als Aufsichtsratschef bestätigen lassen.

Aber Hainer ist ein Vertrauter von Hoeneß, die beiden Metzgersöhne sind eng befreundet. Der niederbayerische Topmanager war einer der ersten, die Hoeneß nach dessen Verurteilung wegen Steuerhinterziehung 2014 im Gefängnis besuchten. „Gerade in so einer Situation zeigt sich wahre Freundschaft“, sagte Hainer in einem Interview Ende 2018 und meinte, dass die beiden „in vielen Dingen relativ gleich“ ticken.

„Man darf sich nicht einbilden, dass man unersetzlich ist. Jeder ist ersetzbar“, sagte Hoeneß zu seiner Person. In Hainer hat er eine naheliegende Lösung als Nachfolger auserkoren. Hoeneß überrascht – und auch wieder nicht: Der Umbruch, in dem die Mannschaft gerade steckt, hat jetzt auch die Ebene der Bosse voll erfasst.

Der 63-jährige Rummenigge hört Ende 2021 auf. Der ehemalige Nationaltorhüter Oliver Kahn (50) soll dann seine Position an der Spitze des Vorstandes einnehmen. Am 1. Januar 2020 beginnt die Einarbeitung des Ex-Kapitäns. Das hatte Hoeneß so eingefädelt. Kahn war als Spieler ein wichtiger Werbepartner für Adidas, als Hainer bei dem Sportartikelhersteller aus Herzogenaurach der Chef war.

Nach dpa-Informationen war die Delegation in Kansas City völlig überrascht worden von der Breaking News – und ein rascher Kontakt mit Hoeneß zunächst nicht herzustellen. Der Präsident war nicht mit in die USA gereist, weil er andere Dinge zu erledigen hatte. Wie aus diversen Quellen zu hören war, gehörte seine Zukunftsplanung dazu.

In einem dpa-Interview zu seinem 40-jährigen Manager-Jubiläum am 1. Mai hatte Hoeneß eine Entscheidung zu einer weiteren Kandidatur als Präsident bis Ende Juni angekündigt. „Diesen Fahrplan kennen alle im Verein“, sagte Hoeneß. Dass er mit dem Aufhören nur kokettiere, wie ihm viele unterstellten, hatte er selbst zurückgewiesen.

Aber kann der FC Bayern ohne den Übervater Hoeneß funktionieren? Ja. Nach der Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe wegen Steuerhinterziehung trat Hoeneß im März 2014 schon einmal von seinen Ämtern zurück. Ende 2016 feierte er ein Comeback, zwischenzeitlich hatte Rummenigge den Verein erfolgreich als Frontmann geführt. Eine Zäsur ergibt sich an der Säbener Straße, wenn die langjährigen, nicht immer einigen Weggefährten Uli und Kalle beide mal weg sein werden.

Der frühere Aufsichtsrat Helmut Markwort hat die Hoffnung auf einen Verbleib von Hoeneß indes nicht aufgegeben. „Uli Hoeneß könnte den FC Bayern noch einige Jahre bereichern“, sagte der 82-Jährige bei „Focus Online“. „Er bringt noch so viel Kraft und Vitalität auf, dass ich ihn mir beim besten Willen nicht als Rentner am Tegernsee vorstellen kann. Sollte sich eine Initiative gründen mit dem Titel „Uli, wir brauchen Dich“, ich wäre ihr erster Unterzeichner.“

Christoph Daum glaubt nicht, dass sich Hoeneß von jetzt auf gleich verabschieden, sondern „in der Übergangsphase weiter im operativen Geschäft tätig sein und auch danach mit seinem Experten-Urteil dem FC Bayern beratend an der Seite stehen“ werde, sagte der frühere Bundesliga-Coach und ehemalige Hoeneß-Widersacher „Focus Online“. Der Münchner Manager habe „alles souverän und erfolgreich gemeistert und den FC Bayern zur Fußball-Lokomotive in Deutschland gemacht.“

Diese Lokomotive wollte in den USA Schwung holen für die neue Spielzeit. Sportliche Dinge wie etwa weitere notwendige Transfers rückten vorübergehend in den Hintergrund. Kovac wich nach dem Sieg gegen Milan durch ein Tor von Leon Goretzka beim Thema Hoeneß aus, als er um einen Kommentar gebeten wurde. Auch Thomas Müller wollte nichts sagen, weil er „keine Informationen aus erster Hand“ habe. (dpa)



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