FC Bayern: Coutinho soll erst einmal als Joker stechen
Der neue Weltstar der Bundesliga beginnt als Joker auf der Bank. Denn Niko Kovac macht’s beim FC Bayern im Topspiel auf Schalke nicht wie einst Trainer-Guru Pep Guardiola.
Der aktuelle Bayern-Coach will den noch nicht fitten Philippe Coutinho „nicht verheizen“ und darum am Samstagabend (18.30 Uhr/Sky) im Topspiel nicht etwas wagen, womit Guardiola vor fünf Jahren ebenfalls in Gelsenkirchen und auch am 2. Spieltag alle verblüffte.
Am 30. August 2014 lief – entgegen Guardiolas Aussagen im Vorfeld – der gerade von Real Madrid verpflichtete Mittelfeldstratege Xabi Alonso sofort in der Startelf auf. Erst beim Anschwitzen am Morgen des Spieltags hatte der spanische Welt- und Europameister seine neuen Kollegen kennengelernt. Trotzdem war Alonso bei der Premiere gleich der Fixpunkt im Münchner Spiel: Nach 88 Ballkontakten und neun gelaufenen Kilometer ging er nach 68 Minuten raus. Endstand 1:1.
Ein Bluff à la Pep ist bei Kovac mit Coutinho auszuschließen. Der Kroate ist ein ganz anderer Typ als Guardiola. Und hinsichtlich der Physis des Offensivspielers Coutinho, den die Bayern ebenfalls in einer Blitzaktion vom FC Barcelona ausgeliehen haben und in einem Jahr für 120 Millionen Euro kaufen könnten, positionierte sich Kovac deutlich. „Er ist noch nicht auf dem Fitnessniveau, das er braucht, um von Beginn an oder 90 Minuten zu spielen. Er ist erst seit zweieinhalb Wochen im Training. Dem werden wir Rechnung tragen.“
Bayerns neuem Topstar fehlen Kondition und Spielpraxis. „Wir wollen ihn sukzessive aufbauen, obwohl sicherlich viele wollen, dass wir ihn sofort bringen“, sagte Kovac. Das gilt nicht nur für die Fans, 1600 kamen gleich zum ersten Training von Coutinho aufs Vereinsgelände. Das gilt auch für die Münchner Bosse, die es kaum erwarten können, dass mit Ballartist Coutinho im Münchner Spiel die Post abgeht.
„Er ist ein Spieler, der für seine exzellente Technik und seinen Offensivgeist bekannt ist“, rühmte Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge den neuen Spitzenverdiener. Der Brasilianer, für den Barcelona Anfang 2018 über 140 Millionen Euro an den FC Liverpool überwies, soll für die „spektakuläre Note“ auf dem Platz sorgen, wie es Hasan Salihamidzic ausdrückte. Wann Coutinho loslegen darf, werde aber „der Trainer entscheiden“, betonte der Sportdirektor.
„Es muss schon alles passen. Denn nur dann kann Philippe seine optimale Leistung, seine Fähigkeiten auch zeigen“, sagte Kovac, der den „Weltklassespieler“ Coutinho in den ersten Münchner Tagen als „bescheidenen, ruhigen und demütigen jungen Mann“ kennenlernte. „Er möchte keine Sonderstellung.“ Als Joker reinkommen möchte Coutinho aber bestimmt schon gegen Schalke. „Ich bin ein ehrgeiziger Typ“, sagte der kleine Brasilianer: „Ich möchte so schnell wie möglich spielbereit sein.“ Und dann am liebsten als Zehner zentral ran.
Gegen Schalke wird wohl der Blick auf die Bayern-Bank vorm Anpfiff das Spannendste sein. Denn neben Coutinho dürften dort auch der 80 Millionen Euro teure Rekordeinkauf Lucas Hernandez, den Kovac nach halbjähriger Verletzungspause ebenfalls behutsam heranführt, und Ivan Perisic sitzen. Kovacs von Inter Mailand ausgeliehener Landsmann fehlte beim 2:2 gegen Hertha noch wegen einer Sperre aus Italien.
Jetzt ist der Vize-Weltmeister und Bundesliga-Rückkehrer startklar. „Ivan ist eine Option, vielleicht auch von Anfang an, wer weiß das schon“, sagte Kovac und grinste: „Ich wahrscheinlich.“ Ein Bluff?
Die Laune des Trainers vor der ersten Auswärtsprüfung der Saison ist bestens. Kovac verfügt nach der späten Münchner Transferoffensive über einen Kader, bei dem nun Qualität und Quantität „gut“ seien: „Kompliment an unsere Chefs, die Versprechen sind eingehalten worden.“ Selbst ein sich abzeichnender Millionen-Wechsel des notorisch unzufriedenen Portugiesen Renato Sanches (22) zum OSC Lille wäre zu verschmerzen, zumal im Gladbacher Talent Michaël Cuisance (20) ein Ersatz im Mittelfeld schon da ist.
Kovac muss nun liefern – mit Coutinho, mit Hernández, mit Perisic. Schalke ist fast ein Lieblingsgegner: Keines der letzten 17 Liga-Duelle konnten die Königsblauen gewinnen (8:44 Tore). Kovac bereitet sein Team auf einen Gegner vor, der sich unter dem neuen Trainer David Wagner durch „gutes Verteidigen, gutes Umschalten und Aggressivität“ auszeichne. Beginnen wird wohl die Elf des 2:2 gegen Hertha. „Jetzt muss man nur das Ergebnis anders gestalten, dann sind wir alle glücklich“, sagte Kovac. Vielleicht sticht der Edeljoker. (dpa)
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