Ex-Sportler als Unternehmer: «Wie eine Keule erwischt»
Für Wasserball-Bundestrainer Hagen Stamm war der Ausbruch der Coronavirus-Krise wie ein Kopfsprung ins leere Becken: „Uns hat das am 20. März wie eine Keule erwischt! Der Handel ist völlig auf null geschaltet.“
„Der Umsatz ist radikal zurückgegangen – um mehr als 50 Prozent“, sagt der frühere Weltklasse-Werfer, der seit Jahren Inhaber und Geschäftsführer eines Fahrrad-Großhandels ist, der Deutschen Presse-Agentur.
„Das war in sechs Wochen ein siebenstelliger Umsatzverlust – das können wir nicht mehr kompensieren“, erzählt der 59 Jahre alte Berliner. Stamm beschäftigt in Hoppegarten 200 Mitarbeiter und beliefert sonst rund 4000 Einzelhändler – die jetzt ähnliche Sorgen haben. „Und wir haben Angst vor der zweiten Welle.“
Allerdings gibt es dieser Tage auch neue Hoffnung. „Wir sehen auch wieder Licht am Ende des Tunnels. Die Nullschaltung ist vorbei, die Leute gehen jetzt wieder raus, haben wieder Lust, Fahrrad zu fahren“, sagt Stamm, für den Wasserball derzeit weit weg ist: Die Olympia- Qualifikation wurde abgesagt, und ob die Bundesliga-Saison fortgesetzt wird, soll bis zum 1. Juli entschieden werden. Stamm: „Im Moment bin ich nur Fahrrad.“
Und Kati Wilhelm ist vor allem Mutter und Lehrerin – die ehemalige Weltklasse-Biathletin kann sich jetzt wieder mehr um ihre kleinen Kinder kümmern. In ihrem Spezialitäten-Restaurant „Heimatlon“ im thüringischen Steinbach-Hallenberg bleibt die Küche kalt. „Am 19. März mussten wir unser Restaurant schließen. Zum Glück habe ich nur einen Festangestellten. Das ist unser Koch – der ist seit 1. April in Kurzarbeit null“, erzählt die 43-Jährige der dpa. „Aber meine Pauschalkräfte müssen nun ganz ohne auskommen.“
Umsatzverlust: 100 Prozent. „Die Miete läuft weiter. Ich habe so viele Kühlgeräte wie möglich ausgeschaltet“, sagt die Chefin. Die von den Ländern unterschiedlich gehandhabten Lockerungen findet die dreimalige Olympiasiegerin gar nicht gut. „Dass jedes Bundesland jetzt sein eigenes Süppchen kocht, da frage ich mich: Muss das sein? Das ist ja eine Art Wettbewerbsverzerrung, gerade in Grenzregionen.“
Der frühere Werder-Fußballprofi Günter Hermann betreibt mit seinem Sohn ein Sportgeschäft mit 400 Quadratmetern in Osterholz-Scharmbeck, 30 Kilometer sind es nach Bremen. „Seit 27. April sind wir wieder tätig, aber bei verkürzten Öffnungszeiten von 10 bis 15 Uhr. Uns fehlen natürlich die Zahlungseingänge, weil viele ihr Geld jetzt zurückhalten“, schildert der 59-Jährige der dpa. „Das ist schon anstrengend – aber wir können’s überleben.“
Seine Mitarbeiter waren in Kurzarbeit, aber Hermann hat ihr Gehalt auf 100 Prozent aufgestockt. „Bei mir haben sie das volle Gehalt bekommen. Mir geht es gut – warum soll es den anderen schlechter gehen?“, fragt der Fußball-Weltmeister (ohne Einsatz) von 1990.
Markus Deibler betreibt sechs Eisdielen – fünf in Hamburg, eine in Lübeck. Obwohl jetzt gerade die Eis-Zeit beginnt, macht sich der ehemalige Weltklasse-Schwimmer große Sorgen. „Die Saison ging gerade so richtig los – dann kam Corona und der Lockdown: Das Timing hätte für uns nicht schlechter sein können“, sagt der 30-Jährige, der 2014 in Doha Kurzbahn-Weltmeister wurde und danach seine Karriere beendet hat. „Auch To Go geht bei schlechtem Wetter nicht. Ich weiß nicht, wie lange wir so noch durchhalten können“, sagt Deibler.
„Seit Anfang April haben wir wieder auf. Ich rechne mit einem Umsatzrückgang von mehr als 50 Prozent“, meint der Jung-Unternehmer. „ Es geht um fünfstellige Summen, die uns im Monat fehlen. Wir müssen ja praktisch in nur sechs Monaten im Jahr unseren gesamten Umsatz erwirtschaften.“
Seit gut zwei Wochen hat das Sporthaus von Marathon-Olympiasieger Waldemar Cierpinski in der Hallenser Innenstadt wieder geöffnet. Die 90 Prozent Umsatzverlust während der Zwangs-Schließung sind allerdings nicht zu verkraften. „Ich gehe davon aus, dass wir einen größeren Kredit aufnehmen müssen, denn die Delle ist ja irgendwie da“, erklärt sein Sohn und Geschäftsführer Falk Cierpinski.
Alle Mitarbeiter sind aus der Kurzarbeit wieder zurück im Geschäft. „Glück im Unglück“ ist für Cierpinski junior, dass er in letzter Zeit noch stärker auf die Karte Laufen gesetzt hat. „Außer Fahrrad fahren, Skaten oder Laufen geht doch gerade nichts! Wer kauft denn jetzt eine Schwimmbrille“, sagt Falk Cierpinski und lobt die „Solidarität“ der Kunden in Corona-Zeiten: „Da sind Leute bewusst zu uns gekommen, die gerade sicher keine Laufschuhe brauchten – und haben für ihre Familie gleich ein paar mehr mitgenommen.“ (dpa)
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