Erster deutsche Turn-Weltmeister seit 16 Jahren: Dauser holt WM-Gold am Barren
Lukas Dauser schrie seine Freude ins weite Rund der Halle, jubelte mit der deutschen Fahne über den muskulösen Schultern und bekam dann von Fabian Hambüchen ein kühles Bier serviert. Mit 30 Jahren ist der Unterhachinger auf dem bisherigen Höhepunkt seiner Laufbahn angekommen.
Mit Gold am Barren krönte er sich in Antwerpen zum ersten deutschen Turn-Weltmeister seit Hambüchen vor 16 Jahren. „Das ist mehr als ein Traum. Wenn ich an meine Karriere denke, unfassbar, ich kann es gar nicht glauben. Was ist hier los? Der weltbeste Turner – das ist unglaublich“, sagte Dauser mit einem breiten Lächeln im Gesicht.
„Das war auf den Punkt geturnt“
Als er seine exzellente Übung mit einem Abgang sauber in den Stand beendet hatte, ließ er seinen Emotionen freien Lauf und wurde von den Zuschauern auf den voll besetzten Tribünen gefeiert. Mit 15,400 Punkten bewerteten die Kampfrichter den weltmeisterlichen Vortrag. „Super Übung. Das war perfekt. Ich bin auf Wolke sieben“, sagte Bundestrainer Valeri Belenki.
Sein Heimtrainer Hubert Brylok in Halle/Saale verfolgte entspannt, aber mit feuchten Händen den Auftritt seines Zöglings. „Das war auf den Punkt geturnt“, lobte er. Dauser selbst war vor dem Wettkampf nervlich angespannt wie selten, ist seine Übung im Kopf unzählige Male durchgegangen. „Ich habe mich gar nicht so gut eingeturnt. Aber mir war alles scheißegal. Ich habe mir gesagt, wenn ich den Arm hebe, knalle ich meine Übung durch. Dass mir das so gelungen ist, das ist ja schon mal ganz geil“, berichtete der Weltmeister. Bei den Olympischen Spielen in Tokio und der WM im Vorjahr hatte er jeweils Silber gewonnen.
Schäfer Betz verpasst Medaille
Nicht für eine Medaille hat es bei Pauline Schäfer Betz gereicht. Die Chemnitzerin wurde am Schwebebalken Achte mit 12,800 Punkten. Ein verwackelter Angang, ein knapp vermiedener Sturz und der Abzug von 0,1 Punkten wegen überzogener Zeit kosteten sie bessere Platzierung. „Heute lief es einfach nicht. Ich kann es besser und das werde ich auch noch zeigen. Ich bin all in gegangen, aber es hat einfach nicht gereicht“, meinte die 26-Jährige.
Mit seinem Titelgewinn hat Lukas Dauser dem zuvor medaillenlosen Deutschen Turner-Bund (DTB) die WM-Bilanz veredelt. „Insgesamt muss man differenziert auf die WM blicken“, sagte Sportdirektor Thomas Gutekunst. Mit dem Männer-Team und der Olympia-Qualifikation sowie insgesamt sieben Final-Teinahmen sei man sehr zufrieden. „Wir hatten aber den Fokus auf beide Teams gerichtet und mit dem Frauen-Team haben wir uns nicht qualifiziert. Deswegen sind wir damit nicht zufrieden“, erklärte er.
Dennoch habe man mit Schäfer-Betz und – wie vom Weltverband Fig am Sonntag bestätigt – auch Sarah Voss (Köln) zwei namentlich festgelegte sowie durch einen Quoten-Startplatz drei Turnerinnen in Paris am Start. „Das ist für das Szenario, dass wir uns nicht mit dem Team qualifizieren, das bestmögliche Ergebnis“, meinte Gutekunst.
Frauen verpassen Olympia-Quali: Was nun?
Im DTB hat unterdessen das Nachdenken über die erfolgversprechendste Strategie zur Besetzung der Olympischen Spiele bei den Frauen eingesetzt. Denn durch das Olympia-Aus der Mannschaft in der Qualifikation hat der Verband statt der erhofften fünf nur noch einen freien Startplatz zu vergeben. Man habe mit dem Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) Kriterien abgestimmt, „die jetzt sicherlich gemeinsam mit dem DOSB nochmal angeschaut werden“, sagte der Sportdirektor.
Die deutschen Meisterschaften in Frankfurt/Main sowie ein Qualifikations-Wettkampf in Würzburg jeweils im Juni nächsten Jahres werden den Ausschlag für die Nominierung geben. „In den Kriterien sind die Prognosewerte für Medaillen- und Final-Platzierungen enthalten und daran wird sich weiterhin orientiert“, sagte Gutekunst. Noch nicht abschließend geklärt ist allerdings, ob dann wie sonst üblich das Mehrkampf-Ergebnis oder die Leistung an einem Gerät entscheidend sind. „Das ist etwas, was man in diesem speziellen Fall diskutieren und auch nachschärfen muss“, erklärte er.
Zu erwarten ist eine harte Auseinandersetzung um den Olympia-Platz. Neben den derzeit verletzten Ex-Europameisterinnen Elisabeth Seitz (Stuttgart) und Emma Malewski (Chemnitz) haben auch die WM-Starterinnen Meolie Jauch (Stuttgart) sowie Karina Schönmaier und Lea Marie Quaas (beide Chemnitz) Ambitionen. Außerdem rückt die hochtalentierte Juniorin Helen Kevric (Stuttgart) in den Erwachsenenbereich auf, die beim europäischen Youth Olympic Festival in diesem Jahr viermal Gold gewonnen hat. (dpa/red)
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