Fußballvereine sollen sich an Polizeigebühren beteiligen – Berlin und NRW dagegen

Karlsruhe hat die DFL-Verfassungsbeschwerde gegen die Beteiligung an Polizeikosten für Hochrisikospiele abgewiesen. Die Kosten sind für denjenigen zumutbar, der sie „zurechenbar veranlasst“ hat. Politiker verschiedener Parteien warnen vor einer weit über den Sport hinausgehenden Kettenreaktion.
Die DFL ist mit ihrer Beschwerde gegen eine Beteiligung an den Polizeikosten für Hochrisikospiele am Bundesverfassungsgericht gescheitert.
Die DFL ist mit ihrer Beschwerde gegen eine Beteiligung an den Polizeikosten für Hochrisikospiele am Bundesverfassungsgericht gescheitert.Foto: Uli Deck/dpa
Epoch Times14. Januar 2025

Die Deutsche Fußball Liga (DFL) ist im Streit um eine Beteiligung der Dachorganisation an den Polizeikosten für Hochrisikospiele am Bundesverfassungsgericht gescheitert. Ihre Verfassungsbeschwerde gegen eine entsprechende Regelung aus Bremen blieb ohne Erfolg, wie der Erste Senat in Karlsruhe verkündete. (Az. 1 BvR 548/22).

Die angegriffene Norm sei mit dem Grundgesetz vereinbar, erklärte Gerichtspräsident Stephan Harbarth in der Urteilsverkündung. Ziel der Regelung sei es, die Kosten auf denjenigen zu verlagern, der sie zurechenbar veranlasst habe und bei dem die Gewinne anfallen. Das sei ein verfassungsrechtlich legitimes Ziel.

Als Hochrisikospiele werden Partien bezeichnet, bei denen besonders mit Auseinandersetzungen zwischen den Fanlagern gerechnet wird. Im Bremischen Gebühren- und Beitragsgesetz ist seit 2014 festgehalten, dass die Stadt bei gewinnorientierten, erfahrungsgemäß gewaltgeneigten Veranstaltungen mit mehr als 5.000 Personen Gebühren für polizeiliche Mehrkosten erheben kann.

Den ersten Gebührenbescheid bekam die DFL im Jahr 2015 – damals zu einer Bundesliga-Partie zwischen dem SV Werder Bremen und dem Hamburger SV. Rund 400.000 Euro stellte der Stadtstaat Bremen der DFL für die Polizeikosten in Rechnung. Weitere Bescheide folgten.

Gemischte Reaktionen

Bremen ist das erste und bisher einzige Bundesland, das die Mehrkosten eines erhöhten Polizeieinsatzes auf die Veranstalter von Profi-Fußballspielen umlegt, wenn Ausschreitungen von Fans zu befürchten sind.

Aus Berlin und Nordrhein-Westfalen kamen am Dienstag ablehnende Töne. Man werde sich die Urteilsbegründung genau anschauen, sagte Berlins Senatorin für Inneres und Sport, Iris Spranger (SPD). Eine Beteiligung der Vereine an den Kosten lehnte sie jedoch ab.

„Wenn ich das jetzt machen würde, dann riskiere ich finanzielle Schwierigkeiten in den Vereinen“, sagte Spranger im Interview mit Reuters TV am Dienstag in Berlin. Die Vereine sowie der Deutsche Fußballbund (DFB) und die Deutsche Fußballliga (DFL) seien aber in der Verantwortung sagte Spranger. Einen Flickenteppich bei der Finanzierung wolle man nicht.

Auch der Innenminister von Nordrhein-Westfalen, Herbert Reul (CDU), befürwortet eine Kostenbeteiligung der Vereine zum jetzigen Zeitpunkt nicht.

„Allerdings, das will ich auch klar sagen, das wird nur zu halten sein, wenn auch die großen Fußballklubs endlich dafür sorgen, dass in ihren Stadien Ruhe und Ordnung herrscht. Und das läuft nicht zufriedenstellend“, sagte Reul am Dienstagnachmittag in Düsseldorf. Gleichzeitig forderte auch er bundesweit einheitliche Lösungen.

Finanzielle Folgen für die Vereine

Die DFL hielt diese Regelung für verfassungswidrig und damit nichtig – und zog vor Gericht. Nach Ansicht der Dachorganisation für die 1. und 2. Bundesliga fehlte es an einer abgrenzbaren, ihr zurechenbaren Leistung der Stadt Bremen.

Die sei aber verfassungsrechtliche Voraussetzung für eine rechtmäßige Gebührenerhebung. Außerdem seien einzelne Störer für den erforderlichen Polizeieinsatz verantwortlich – und nicht die Organisatoren.

Mit dem umstrittenen Thema hatten sich in den vergangenen Jahren schon mehrere Gerichte befasst. Allein in der ersten Instanz hatte die Klage der DFL Erfolg – das Verwaltungsgericht Bremen erklärte die Gebührenerhebung 2017 für rechtswidrig, unter anderem weil die Berechnungsmethode zu unbestimmt sei.

Ein Jahr später wurde das Urteil aber vom Oberverwaltungsgericht Bremen aufgehoben, das die Gebührenforderung wiederum für rechtens hielt. 2019 wurde diese Entscheidung vom Bundesverwaltungsgericht in Leipzig bestätigt.

In Bremen ging es nach Angaben der Stadt um Gebühren in Höhe von mehr als drei Millionen Euro, die der DFL bislang in Rechnung gestellt wurden. Ob andere Bundesländer dem Beispiel der Hansestadt folgen werden, wird sich erst noch zeigen.

Sollte sich das Bremer Modell nach der Entscheidung der obersten deutschen Richterinnen und Richter auch in den anderen Bundesländern durchsetzen, kämen auf die Profivereine erhebliche finanzielle Mehrbelastungen zu.

Politiker warnen: Es droht ein Dammbruch

Politiker verschiedener Parteien warnen vor einer weit über den Sport hinausgehenden Kettenreaktion. Es drohe ein „Dammbruch, der weit über den Sport hinausreicht“, sagte Stephan Mayer (CSU), sportpolitischer Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag, der Mediengruppe Bayern.

„Sicherheit ist eine zentrale staatliche Aufgabe, finanziert durch Steuern. Dieser Grundsatz gilt auch für Fußballvereine, die in den vergangenen zehn Jahren 12,6 Milliarden Euro an Steuern und Abgaben geleistet haben.“

Einen „Teilrückzug des Staates aus der inneren Sicherheit“ könne niemand ernsthaft wollen, so Mayer.

Auch Philipp Hartewig, sportpolitischer Sprecher der FDP, sprach sich klar gegen eine Kostenbeteiligung von Fußballklubs aus: „Die Wahrung der Sicherheit im öffentlichen Raum ist Aufgabe des Staates und darf nicht an Private weitergegeben werden. Gefahrenabwehr ist und bleibt Kernaufgabe des Staates.“

Marcel Emmerich, Obmann der Grünen im Innenausschuss, hebt derweil die Notwendigkeit einer bundesweiten Regelung hervor: „Wer für die Polizeieinsätze die Kosten trägt, sollte einheitlich und fair in allen Bundesländern geregelt sein.“

(dpa/dts/red/reuters)



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