„Brutaler Krimi“: Tschofenig krönt Österreichs Tournee

Vier Schanzen, vier Siege: Das gab es für Österreichs Skispringer lange nicht mehr. Während Youngster Tschofenig die Heimreise mit dem goldenen Adler antritt, sind die Deutschen klar hinterher.
Daniel Tschofenig fliegt zum Tournee-Sieg.
Daniel Tschofenig fliegt zum Tournee-Sieg.Foto: Daniel Karmann/dpa
Epoch Times6. Januar 2025

Youngster Daniel Tschofenig hat in einem dramatischen Skisprung-Finale seinen Teamkollegen Stefan Kraft abgefangen und einen spektakulären Gesamtsieg bei der Vierschanzentournee geschafft. Der 22 Jahre alte Österreicher (136 und 140,5 Meter) rückte bei der nächsten deutschen Schanzen-Enttäuschung im letzten der insgesamt acht Durchgänge von Gesamtrang drei noch an die Spitze.

Kraft, der als Führender der Tournee-Wertung windbedingt minutenlang auf den letzten Versuch warten musste, fiel nach Sprüngen auf 136 und 137,5 Meter auf Platz drei zurück. Rang zwei in Tageswertung und Gesamtklassement ging an Jan Hörl. Zwischen Tschofenig und Hörl lagen in der Endabrechnung nur 1,4 Punkte – das ist weniger als ein Meter Differenz.

Spannendste Entscheidung seit 2006

Der hochklassige Wettbewerb auf der Paul-Außerleitner-Schanze wurde zu einem „brutalen Krimi“, wie Kraft schon zur Halbzeit voraussagte. Er selbst war am Ende der betrübte Verlierer, der im Auslauf kaum zu trösten war. Es war die knappste und spannendste Tournee-Entscheidung seit 19 Jahren, als der Finne Janne Ahonen und Jakub Janda aus Tschechien punktgleich waren.

Für die Deutschen geht das quälende Warten auf den ersten Tournee-Gesamtsieg seit Sven Hannawald vor 23 Jahren mindestens bis zum Januar 2026 weiter. Andreas Wellinger (133 und 135,5 Meter) sprang vor 14.300 Zuschauern im Pongau auf Platz neun. Für Pius Paschke (12.), Philipp Raimund (15.) und Karl Geiger (23.) reichte es nicht zu einem Top-Ten-Platz.

„Griechischer Wein“ und Salzburger Bier

Die 73. Ausgabe des Traditionsevents endete damit so, wie sie vor gut einer Woche in Oberstdorf begonnen hatte. Die Deutschen wurden klar geschlagen, die geschlossen starken Österreicher dominierten auch zum Abschluss. Kraft und Co. komplettierten eine dominante Tournee mit vier Siegen und elf von zwölf möglichen Podestplätzen. Dass eine Nation die besten Drei im Gesamtklassement stellt, gab es zuvor erst dreimal: 1955 die Finnen, 1975 und 2012 jeweils die Österreicher.

„Wir fühlen uns wie kleine Superstars“, erzählte Kraft und berichtete mit einem breiten Lächeln von spontanen Fotoshootings mit Fans, die von ihren Stars in den glorreichen Tagen um den Jahreswechsel nicht genug bekommen konnten. So euphorisch sah es auch auf der finalen Tournee-Station aus. Ab dem Vormittag feierten zahlreiche Fans im Ortskern. Die fröhlichen Fans trällerten „Griechischer Wein“ und tranken ganz viel Salzburger Bier.

Besonderer Doppelpack für Widhölzl

Der Co-Gastgeber, seit eh und je eine Skisprung-Nation, hatte nach jahrelanger Dominanz mit Gregor Schlierenzauer und Co. satte 3653 Tage auf den goldenen Adler warten müssen. Im Geschichtsbuch verewigt hat sich auch Andreas Widhölzl, der nach seinem Tournee-Sieg als Sportler 1999 nun auch als Trainer die Tournee gewonnen hat – diesen besonderen Tournee-Doppelpack gab es nach ORF-Angaben noch nie. „Als Trainer ist es schwieriger“, befand Widhölzl.

Mit einem ganz anderen Gefühl tritt das deutsche Team die kurze Heimreise an. Dabei waren Paschke und Co. nach einem furiosen Saisonstart hoffnungsvoll in das erste Großereignis des Winters gestartet. Am Ende blieb Paschkes vierter Platz in Oberstdorf das beste Einzelergebnis. Eine Tournee ohne Podestplatz und ohne jede Chance auf den Gesamtsieg ist als klarer Misserfolg zu werten.

So weit weg wie lange nicht

Doch nicht nur der sportliche Leistungseinbruch fiel auf, sondern auch die teilweise irritierende Ambitionslosigkeit – zumindest in der Öffentlichkeit. Frust? Enttäuschung? Fehlanzeige. „Sonst hätte ich schon seit 23 Jahren enttäuscht sein müssen“, sagte Stefan Horngacher, dem auch in seiner sechsten Saison als Bundestrainer der große Wurf nicht gelingen wollte.

So weit wie diesmal waren seine Schützlinge aber im vergangenen Jahrzehnt selten weg. Olympiasieger Wellinger räumte in Bischofshofen offen ein, man müsse in den kommenden Wochen zunächst mal „kleinere Brötchen backen“. Bis zur Nordischen Ski-WM in Trondheim hat Horngacher sieben Wochen Zeit für die notwendigen Korrekturen. (dpa/red)



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