Bayerns Meister um Robbéry – 1:0 für «ausgelaugten» Kovac
Immer wieder flossen Tränen, immer wieder lagen sich gestandene Männer schluchzend in den Armen.
Und mittendrin in dem Hollywood-reifen Meister-Rührstück des FC Bayern um die großen, alten Triple-Helden Franck Ribéry und Arjen Robben bewegte sich ein innerlich verletzter Trainer, der aufrecht um seine Zukunft beim deutschen Fußball-Rekordmeister kämpft. „Es ist eine ganz besondere Meisterschaft, weil wir zum ersten Mal an Weihnachten ganz weit weg waren“, verkündete Uli Hoeneß stolz nach dem finalen 5:1 (1:0) gegen Eintracht Frankfurt und dem glücklichen Ende im Fernduell mit der um zwei Punkte knapp distanzierten Dortmunder Borussia.
Auch den Präsidenten übermannten an diesem Herz-Schmerz-Tag die Gefühle. Der Bauchmensch Hoeneß vergoss Tränen der Rührung, erst recht beim „Wahnsinns-Tor“ seines Lieblings Franck. „Da geht ein Teil der Familie, das ist für mich immer was ganz Schlimmes“, sagte der Vereinspatron zu seinem Abschiedsschmerz, weil neben Ribéry (36) auch Robben (35) und Rafinha (33) ihr letztes Spiel als Bayern-Profis in der Allianz Arena erlebt hatten.
„Was wir zusammen gemacht haben, bleibt das ganze Leben“, schluchzte Ribéry. Er erschien – anders als seine schick gekleideten Kollegen – zur Meisterparty auf dem Münchner Nockherberg im roten Bayern-Shirt und Trainingshose. „Uli, gib mir noch ein Jahr mehr“, scherzte der Franzose, als er von Hoeneß‘ Rührung nach seinem 86. Ligator erfuhr. Karl-Heinz Rummenigge ernannte Ribéry zum „Hero der Allianz Arena“.
„Für immer ein Bayer“, rief Robben „dankbar und glücklich“ den Fans zu. Vollgepumpt mit Adrenalin war der Holländer, als er nach Ribéry eingewechselt wurde und prompt Tor Nummer 99 erzielte. „Ich bin gelaufen, ich habe gegrätscht, ich habe alles gemacht wie ein kleines Kind“, sagte der Ausnahme-Profi. „Und nächste Woche setzen wir noch einen drauf“, versprach der Holländer mit Blick auf das Pokalfinale in Berlin gegen den Herausforderer RB Leipzig.
Ein Jahrzehnt Robbéry endet, gekrönt mit Meistertitel Nummer 29 und zwei Joker-Toren von Spielern, die Hoeneß „in die Phalanx der ganz Großen“ um Beckenbauer, Müller, Matthäus oder Kahn einreihte. Ribéry geht als alleiniger Rekordmeister. „Ich bin der Erste, der neunmal diese Bundesliga-Trophäe gewonnen hat“, sagte er mit der Schale in der Hand. Für ihn war es auch ein schwerer Tag: „Das Buch ist zu.“
„Da oben muss jemand Regie geführt haben“, sagte Hoeneß zum Drehbuch des letzten Spieltags, an dem eine Hauptrolle unaufgelöst blieb. Servus Franck. Servus Arjen. Servus Niko?
Auch in der Stunde des Titelgewinns und der Glücksgefühle kam von Hoeneß, Rummenigge und Salihamidzic kein Bekenntnis zu einer Zukunft mit dem Trainer über den Sommer hinaus. „Heute ist der Tag der Freude und nicht der Tag der Diskussionen“, sagte Hoeneß.
Vorstandschef Rummenigge vergaß freilich nicht, sich auf der Meisterparty „ganz herzlich bei Niko“ zu bedanken: „Das war deine erste Saison. Wenn man da deutscher Meister wird, ist das à la bonheur“, sagte Rummenigge. Eine Jobgarantie muss das nicht sein.
1:0 für Kovac heißt es aber seit Samstag. Der 47-Jährige hat geliefert – trotz zwischenzeitlich neun Punkten Rückstand auf den BVB. „Wir haben uns zusammengerauft. Diese Reaktion können nur große Champions zeigen und bringen. Deswegen möchte ich den Jungs herzlich danken“, sagte Kovac in seiner Party-Ansprache. Er blickte beim Feiern schon wieder voraus: „Wir wollen das Double holen!“
Dann hieße es 2:0 für ihn. Schon jetzt ist Kovac der einzige neben „Kaiser“ Franz Beckenbauer, der mit dem FC Bayern als Spieler (2003) und Trainer Meister werden konnte. „Niko hat einiges aushalten müssen“, sagte Hasan Salihamidzic zum Startjahr von Kovac mit einer bisweilen satten und definitiv nicht leicht zu coachenden Mannschaft. Die Fakten sprächen für Kovac, bemerkte der Sportdirektor immerhin.
Nach den fünf Meisterschaftstoren von Kingsley Coman, David Alaba (zum wichtigen 2:1 nach Frankfurts Ausgleichstor durch Sebastien Haller), Renato Sanches, Ribéry und Robben trat ein bewegter Trainer vor die Medien. „Dieses Jahr war sehr, sehr anstrengend. Ich bin total happy und ausgelaugt“, gestand Kovac am Tag seines Erfolges.
Die „Niko Kovac“-Sprechchöre der Fankurve taten ihm spürbar gut, diese Botschaft der glühendsten Bayern-Anhänger auch an die Bosse auf der VIP-Tribüne. „Wenn man Anerkennung bekommt, wenn man vielleicht auch Trost bekommt, das ist das Schöne“, sagte Kovac. Die Fans hätten halt „ein gutes Gespür“, meinte er. Seines sage ihm, dass auch seine „drei Chefs“ an ihn glaubten. Jedenfalls interpretiert Kovac so seine „Informationen aus erster Hand“. Er wisse, wie es weitergeht: „Ich gehe davon aus, dass ich meinen Vertrag erfüllen werde.“ Bis 2021.
„Wir sind jetzt im Soll“, sagte Kapitän Manuel Neuer. Auch wenn Kovac das Achtelfinal-Aus in der Champions League gegen den FC Liverpool ebenso nachhängt wie manches Auf und Ab der Mannschaft. „Wir können das Double perfekt machen. Das haben Welttrainer auch mit uns geschafft“, sagte Neuer: „Pep Guardiola ist mit uns auch nicht Champions-League-Sieger geworden. Wenn wir das Double holen, dann war es wirklich auch für den Trainer eine sehr erfolgreiche Saison.“
Erst nach dem Pokalfinale wird die Trainerfrage beantwortet. Ob mit Kovac oder einem Nachfolger: Nach dem „relativ großen Umbruch“, der laut Hoeneß nach Saisonende „weiter vorangetrieben“ wird, soll national wieder die erdrückende Bayern-Übermacht zu erleben sein.
„Ich glaube nicht, dass es ein Dauerzustand ist, dass wir immer bis zum letzten Spieltag warten müssen. Es müsste möglich sein, wieder früher Meister zu werden, wenn die neue Mannschaft erstmal etabliert ist“, verkündete Hoeneß. Die Hälfte aller Meistertitel in 56 Bundesligajahren holte der FC Bayern. Tendenz weiter steigend. (dpa)
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