Ausfälle und Quarantäne-Diskussion: Bedrohter Wintersport
Während sich Markus Eisenbichler im Winter-Wunderland von Ruka mit lauten Jubelrufen über seinen nächsten Podestplatz freute, lag einer seiner größten Konkurrenten zu Hause auf dem Sofa.
Nach einem positiven Corona-Test war Österreichs Top-Skispringer Stefan Kraft zum Zuschauen verdammt. Schon zu Beginn des Weltcup-Winters zeigen sich die sportlichen Auswirkungen des Virus mit voller Wucht.
Der Ausfall der gesamten österreichischen A-Mannschaft für die Wettkämpfe in Finnland und für das kommende Wochenende in Russland wirft Fragen auf – zumal die Pandemie auch Sportler in anderen Wintersportarten zurückwirft. Wie fair sind die Wettkämpfe, wenn immer wieder ganze Teams fehlen? Und wie lange geht das überhaupt gut mit dem Weltcup?
Neben den Österreichern waren bei den Skispringern am Sonntag auch alle Tschechen coronabedingt nicht dabei. Bei den Biathleten musste der Thüringer Philipp Horn nach einem indifferenten Befund vom Saison-Auftakt aus Kontiolahti abreisen. Zudem waren Sportler und Teammitglieder aus Russland, Frankreich, Italien, Polen, Bulgarien, der Slowakei, Lettland, Rumänien und Moldau von Corona – teils auch mit Quarantäne und Wettkampfausfällen – betroffen.
Um die Auswirkungen von Positiv-Tests auf die Klassements möglichst gering zu halten, hat der Biathlon-Weltverband in diesem Jahr die Regeln angepasst: Statt zwei können die Sportler am Ende der Saison nun vier Rennen aus der Wertung nehmen lassen.
Solche Streichresultate gibt es beim Skispringen nicht. Gerade in dieser Sportart, in der nur wenige Nationen die Flugshows unter sich entscheiden, wirken sich Ausfälle ganzer Teams besonders stark aus. Fehlen die besten Springer eines starken Skisprunglandes, lässt sich das im Wettbewerb vielleicht noch halbwegs verschmerzen. Wären weitere Top-Nationen betroffen, könnte der Wettkampf aber schnell zur Farce geraten. Andererseits: Durch das strikte Vorgehen, nach Einzelfällen direkt mit der gesamten Mannschaft in Quarantäne zu gehen, verringert man zumindest das Risiko, gleich das ganze Starterfeld zu infizieren und damit den Weltcup-Zirkus auf einen Schlag lahmzulegen.
Bei den alpinen Skifahrern lösten Kollektiv-Quarantänemaßnahmen zuletzt Diskussionen aus. Die Furcht davor treibt einige Sportler um – vor allem nach den jüngsten Ereignissen in Levi. Dort wurde das schwedische Damen-Team ausgeschlossen und isoliert, weil ein Trainer positiv getestet wurde und obwohl die Sportlerinnen teils bis zu vier negative Proben abgaben. „Das ist kein Fairplay“, klagte die betroffene Anna Swenn-Larsson, der die beiden Slaloms in Finnland im Kampf um die Weltcup-Wertung und um gute Startplätze bei den weiteren Rennen fehlen. Der französische Top-Fahrer Alexis Pinturault bezeichnete die Aussicht auf solche Corona-Folgen als „beunruhigend“.
Die Sportler bemängeln die Unklarheit. Corona-Fälle werden nicht immer gleich behandelt. Vor den Parallel-Rennen in Vorarlberg zuletzt wurden der Österreicher Marco Schwarz und seine Landsfrau Chiara Mair positiv getestet und für die Heimrennen abgemeldet. Zumindest bei Schwarz hieß es, er habe sich privat angesteckt und keinen Kontakt zu Teamkollegen und Trainern gehabt. Die anderen österreichischen Athleten durften dann in Lech/Zürs antreten.
Die Skispringer halten sich mit kritischen Aussagen zurück. „Es tut sehr weh, den Kollegen im TV zu zusehen, aber Gesundheit geht vor“, ließ Kraft via Instagram wissen. Der 27-Jährige hofft, bei der Skiflug-WM ab dem 10. Dezember in Slowenien wieder dabei zu sein. Im Gesamtweltcup wird es mit der Titelverteidigung jetzt schon extrem schwer. Durch einen Sieg und einen zweiten Platz sammelte Eisenbichler weitere 180 Punkte für die Erfüllung seines „Kindheitstraums“. Insgesamt hat der Bayer nun schon 280 Zähler. Mit null Punkten taucht Kraft in der Liste dagegen noch gar nicht auf. (dpa)
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