Aufkommende Zuversicht im Jenaer Paradies
Obwohl sich der Thüringer Traditionsverein sportlich qualifizierte und in der vergangenen Spielzeit eine bemerkenswerte Rückrunde hinlegte, gab es eine Zeit lang Zweifel, ob man aufgrund der wirtschaftlichen Situation auch in der kommenden Saison am Spielbetrieb der 3. Liga teilnehmen könne. Doch nun gab der DFB grünes Licht für die blau-gelb-weißen und dies lag wohl nicht nur daran das der FCC die Auflagen erfüllen konnte.
Mit verantwortlich dafür, das der FC Carl Zeiss jetzt wieder etwas optimistischer in die Zukunft blicken kann, war nicht nur das Engagement aller Beteiligten des Clubs, sondern auch die bemerkenswert kreative Art und Weise, wie der Verein seine finanzielle Situation aufbesserte. So rief man die Aktion „Im Paradies ist noch Platz“ ins Leben. Hierbei wurde vor einigen Monaten ein Rekordversuch gestartet, ein virtuelles Jenaer Ernst-Abbe-Sportfeld komplett auszuverkaufen. Dies bringt nicht nur jede Menge Geld in die knappen Kassen der Thüringer, sondern stärkt auch das Identifikations-Gefühl der FCC-Fans mit ihrem Club.
Eine weitere Idee, um den wirtschaftlichen Klassenerhalt zu sichern, trägt den Namen „Für-immer-und-ewig-Dauerkarte“. Hierbei wurde eine begrenzte Anzahl von Eintrittskarten an die Fans verkauft, die den Besitzer ein Leben lang dazu berechtigen, alle Heimspiele des FC Carl Zeiss Jena, egal ob Liga- oder Freundschafts-, Thüringen- oder DFB-Pokalspiele zu besuchen. Selbst eine Bank beteiligte sich spontan an dieser Aktion und gewährte den Fans einen zinslosen Kredit, die den Betrag nicht auf einmal aufbringen konnten. Und, last but not least, unterstützt sogar der FC Bayern München den größten Thüringer Verein auf seinem Weg zur wirtschaftlichen Gesundung mit einem Benefizspiel in der kommenden Winterpause.
Die Epoch Times sprach mit Sportdirektor Lothar Kurbjuweit über die Gründe für die derzeitige Situation beim FC Carl Zeiss Jena:
Epoch Times: Herr Kurbjuweit, wie konnte es denn überhaupt zu den Auflagen des DFB kommen?
Lothar Kurbjuweit: Das angegebene Budget wurde am Ende der letzten Saison deutlich überschritten. Wenn man in der Planung von 45 Punkten ausgeht und die Mannschaft aber 60 Punkte macht ohne das dabei etwas herausspringt – weder Aufstieg noch Teilnahme am DFB Pokal – dann ist das ein sehr teuer erkaufter Klassenerhalt. Dazu kommt dann auch noch, dass der Zuschauerschnitt nicht ganz erreicht wurde, den man sich vorgestellt hatte.
Epoch Times: Wird aus diesen Gründen nun in der nächsten Saison an den Spielergehältern gespart?
Kurbjuweit: Diese Absicht besteht und es gibt wenig Verständnis von manchem Spieler – was ich übrigens nachvollziehen kann. Trotzdem werden wir uns daran orientieren, einen Spieleretat von 2,5 Millionen nicht zu überschreiten.
Epoch Times: Können Sie bitte einmal näher darauf eingehen, dass Sie Verständnis dafür haben, dass Spieler keine Einbußen im Gehalt haben wollen. Läge es nicht im eigenen Interessse der Spieler, dass der Club überlebt?
Kurbjuweit: Wenn ein Spieler im Vertrag eine Summe x stehen hat, warum sollte er denn dann auf irgendetwas verzichten? Wo wollen sie ihn denn greifen? An der Ehre?
Der Spieler wird sich auch sagen, dass der Verein doch nicht in Insolvenz geht nur weil gerade er keinen Nachlass gibt.
Ich habe aber auch überhaupt keine Lust, diese Spieler der Öffentlichkeit zum Fraß vorzuwerfen – das ist einfach nicht richtig. Ich möchte nicht, dass nach dem ersten Fehlpass oder der ersten Niederlage alle rufen: „Der Spieler X muss raus“. Ich mache doch den Spielern keinen Vorwurf.
Und wenn einem Spieler nun mal solche Verträge vom Verein vorgelegt werden …. wenn sie mir einen solchen Vertrag vorgelegt hätten, hätte ich ihn wahrscheinlich auch unterschrieben. Das sage ich Ihnen ganz ehrlich. Das ist natürlich auch ein Punkt, den die Verantwortlichen aus der jüngeren Vergangenheit nicht gerne hören.
Wenn ich mit der Vorstellung in die Saison gehe, dass ich nach dem Abstieg sofort wieder aufsteigen will, und ich mache Verträge mit Spielern, bei denen ich mir vorstellen kann, dass die das auch schaffen können, dann kann ich doch aber bei aller Euphorie und bei aller Vernunft diese Verträge nicht über 3 Jahre machen, sondern eben nur über ein Jahr. Aber die Verträge laufen nun weiter in diesen Größenordnungen. Weiter noch ein Jahr dritte Liga und noch ein Jahr dritte Liga und das ist das Bedenkliche. Jetzt müssen wir hier sparen und Leute entlassen … und du gehst betteln bei der Stadt, bei der Kommune und beim Land – glauben Sie, dass mir das Spaß macht?
Das ist einfach unangenehm hoch zehn. Aber die Frage ist doch, soll dieser Fußballclub weiter bestehen oder nicht.
Ein Aufstieg in die zweite Liga würde unsere Schulden wohl mit einem Schlag auf Null setzen. Das war ja auch die große Chance, die die Mannschaft im Frühjahr noch hatte. Ob das aber so ohne weiteres in der nächsten Saison wieder so sein wird, weiß man doch jetzt noch nicht. Es hat halt nicht ganz gereicht und ich mache da auch niemandem einen Vorwurf. Ich glaube nicht, dass da irgendein Spieler oder ein Trainer gesagt hat, ich will nicht aufsteigen. Das macht doch keiner.
Nun haben wir aber Altlasten und Spielerverträge, die wir mit rumschleppen und das ist doch das Dilemma.
In diesem Zusammenhang muss man ja auch einmal die Realität sehen, die in der Wirtschaftsregion Jena gegeben ist. Hier sind zwar weltbekannte Großunternehmen beheimatet, die aber leider, warum auch immer, für den Fußball nichts tun. In sofern sind unsere Voraussetzungen, Sponsoren zu finden, doch nicht wesentlich anders als z.B. in Zwickau. Und nun relativiert sich das auch wieder, was hier passiert, denn wir sind in der 3. Liga und Zwickau eben nicht. Für mich wäre es unter diesen Umständen ein Traum, wenn wir in die 2. Liga kommen würden und uns dort stabilisieren können.
Epoch Times: Sie waren nun beim FC Carl Zeiss Jena als Spieler, Trainer und Präsident tätig. Baut sich da nicht auch automatisch eine besondere Beziehung zu diesem Verein auf?
Kurbjuweit: Ich bin seit 1970 hier. Seit 40 Jahren bin ich irgendwie immer mit dem FCC verbunden. Da machst du doch nicht so einfach zu. Vielleicht kennt mich in der Öffentlichkeit keiner, so aber ich bin ja auch nicht der Typ, dazu Emotionen zu zeigen.
Aber wer hängt denn heute schon noch so an einem Verein?
Und die Emblemküsser kann man doch vergessen. Ein Spieler wird sich sicher zu seinem Verein bekennen – schließlich ist es ja auch sein Arbeitgeber. Da demonstriert man eben auch schon mal Verbundenheit und Liebe. Aber bei manchem muss ich da schon ab und zu einmal schmunzeln.
Das Interview führte Steffen Andritzke.
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