Zehn Jahre AfD: Proteste zum Jubiläum angekündigt

Am 6. Februar 2013 wurde die „Alternative für Deutschland" in Oberursel gegründet – als Gegenkraft zu Angela Merkels Euro-Politik. Heute gilt die AfD nicht nur für SPD-Generalsekretär Kühnert als „Paria unter den Parteien“. Zur Jubiläumsfeier in Königstein wurden Proteste angekündigt.
Titelbild
Tino Chrupalla und Alice Weidel leiten derzeit die Geschicke der Alternative für Deutschland (AfD). Am Abend feiern sie das zehnjährige Bestehen ihrer Partei.Foto: JOHN MACDOUGALL/AFP via Getty Images
Von 6. Februar 2023

An dieser Stelle wird ein Podcast von Podcaster angezeigt. Bitte akzeptieren Sie mit einem Klick auf den folgenden Button die Marketing-Cookies, um den Podcast anzuhören.

Die AfD begeht ihr zehnjähriges Bestehen am Abend des 6. Februar mit einer Jubiläumsfeier in Königstein. Ihre beiden Bundessprecher, Alice Weidel und Tino Chrupalla, und der Ehrenvorsitzende Alexander Gauland müssen mit heftigem Gegenwind rechnen, auch wenn – oder gerade weil – ihre Umfragewerte sich vor allem in den ostdeutschen Ländern zuletzt wieder positiv entwickelt hatten.

Das Bündnis „Aufstehen gegen Rassismus“ hatte bereits vor Tagen angekündigt, zur Jubiläumsfeier vor Ort gegen die Partei zu demonstrieren.

Co-Sprecherin Weidel hatte bereits Anfang 2023 davon gesprochen, dass die Alternative für Deutschland womöglich Chancen hätte, nach den Landtagswahlen 2024 in Sachsen und Thüringen mitzuregieren. Die CDU wird es als potenziellen Bündnispartner nach eigener Aussage auf keinen Fall geben: Die Christdemokraten hatten schon im Dezember 2018 eine Zusammenarbeit per Parteitagsbeschluss kategorisch ausgeschlossen.

Auch alle anderen Parteien im Bundestag lehnen eine Kooperation oder gar eine Koalition strikt ab, auch wenn es auf kommunaler Ebene in seltenen Fällen zu Beschlüssen kommt, bei denen Stimmen der AfD toleriert werden. Erst vor wenigen Wochen beispielsweise durfte eine grüne Kommunalpolitikerin im Saarland ihr Amt behalten, weil eine frühere AfD-Stadtverordnete sie unterstützt hatte.

Kühnert: „Brandmauer zum blau-braunen Rand“ stabilisieren

SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert rief anlässlich des zehnjährigen Bestehens der Alternative erneut dazu auf, sich klar gegen den „Paria unter den Parteien“ abzugrenzen. Die Verweigerung jeglicher Zusammenarbeit sei „entscheidend für den demokratischen Grundkonsens unserer Gesellschaft“, sagte Kühnert im Gespräch mit der „Neuen Osnabrücker Zeitung“.

Man müsse dafür sorgen, dass die AfD „keinerlei unmittelbare politische Wirkung erzielen“ könne – „nicht nur in der Bundespolitik, sondern überall“. Die „Brandmauer zum blau-braunen Rand“ müsse bestehen bleiben und „stabilisiert“ werden. Das gelte insbesondere für „die Parteien im liberal-konservativen Spektrum“, sagte Kühnert mit Blick auf die Union und die FDP.

„Es wird niemals eine Zusammenarbeit mit diesen Demokratiefeinden geben“, bekräftigte auch die SPD-Parlamentsgeschäftsführerin Katja Mast nach Agenturangaben gegenüber der „Rheinischen Post“. Sie sehe es als „hochgefährlich“ an, dass die AfD in den östlichen Bundesländern zu einer festen politischen Kraft werden könnte. Dass „andere politische Parteien“ sich flexibler zeigten als die SPD, sei ebenfalls „eine große Gefahr.“ Nun brauche es starke Persönlichkeiten mit klarer Haltung „gegen rechts“. Zu einer „Verbrüderung“ dürfe es nicht kommen.

Experte: „rechtsextreme, radikalisierte Vereinigung“

Der Politikwissenschaftler Hajo Funke wählte im Interview mit der „Rheinischen Post“ ähnliche Worte. Die AfD sei „von einer wirtschaftsnationalen, gegen die EU gerichteten Partei aus Professoren zu einer rechtsextremen, radikalisierten Vereinigung geworden. Und das von Parteitag zu Parteitag mehr“, sagte Funke.

Er gehe aber nicht davon aus, dass die AfD in den kommenden zehn Jahren an Bedeutung gewinnen werde. „Die AfD wird mit ihrer radikalen Ausrichtung bundesweit im Turm von zehn Prozent plus gefangen bleiben“, erklärte Funke gegenüber der „Rheinischen Post“. Er glaube nicht, dass es der Partei gelingen werde, irgendwo doch noch in Regierungsverantwortung zu kommen. Das gelte auch für Björn Höcke, den Landesvorsitzenden in Thüringen.

Den Zuwachs an Umfragewerten, den die AfD in den vergangenen Monaten erreicht hatte, sieht Funke wenig dramatisch: „Sie war bundesweit schon mal weiter“. Vier von fünf Deutschen seien nach Studien „für das Grundgesetz“ und „für das Recht auf Menschenwürde“ und wollten „nicht in die Nähe einer faschistischen Herrschaft“ kommen.

In den Bundesländern Thüringen, Sachsen-Anhalt und Sachsen sei allerdings „eine strategische Schwäche aller demokratischen Parteien“ auszumachen, von der die AfD profitiere. „Wir beobachten dort, was wir auch beim Verschwinden der Weimarer Republik beobachten konnten – dass Demokraten keine mehrheitsfähigen Optionen mehr haben“, sagte Funke.

Gründung vor zehn Jahren

Die Alternative für Deutschland war am 6. Februar 2013 im hessischen Oberursel nahe Königstein gegründet worden. Zu den Gründungsmitgliedern zählten unter anderem der Volkswirtschaftler Prof. Bernd Lucke, der Journalist Konrad Adam und der Jurist Alexander Gauland. Hauptbeweggrund war die als verfehlt wahrgenommene Eurorettungspolitik von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU). Die Einführung eines dauerhaften europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) hatten damals auch Vertreter der Union und der FDP kritisch gesehen.

Als Vorläufer kann nach Informationen der „Bundeszentrale für politische Bildung“ (bpb) das Mitte 2012 ins Leben gerufene „Bündnis Bürgerwille“ gelten, das unter anderem von Bernd Lucke (bis dato CDU), BDI-Präsident Hans-Olaf Henkel und Beatrix von Storch geschmiedet worden war. Weil es mit der erhofften Zusammenarbeit mit den „Freien Wählern“ unter dem Schlagwort „Wahlalternative 2013“ aber nicht so recht habe funktionieren wollen, entschieden sich Lucke, Adam und Gauland zur Gründung der Alternative für Deutschland als eigenständige Partei, so die bpb.

Auf dem offiziellen Gründungsparteitag in Berlin wurden am 13. April 2013 Prof. Bernd Lucke, Konrad Adam und Frauke Petry zu den drei ersten Sprechern des Parteivorstands gewählt. Schon im Mai desselben Jahres gab es laut bpb in allen Bundesländern Landesverbände. In dieser Anfangszeit habe die AfD Beobachtern noch als „liberal-konservativ“ gegolten.

Totale Ächtung spätestens seit 2015

Nach zahllosen Querelen, Richtungs- und Personalstreitigkeiten in den frühen Jahren der jungen Partei verlagerte sich der politische Schwerpunkt der AfD immer mehr dazu, auch die Migrationspolitik von Kanzlerin Merkel zu kritisieren – insbesondere nach dem Beginn der großen Flüchtlingswelle im Sommer 2015.

Obwohl die AfD sich seit ihrer Gründung bemüht hatte, radikale Kräfte in ihren Reihen auszuschließen, brachte ihr das Engagement gegen ungezügelte Masseneinwanderung, für eine kritische Betrachtung des politischen Islam und für eine EU-Reform die endgültige Ächtung durch alle übrigen Parteien und nahezu alle gesellschaftlichen Institutionen wie Kirchen, Medien oder Gewerkschaften als „nationalistisch“, „völkisch“, „rassistisch“ oder „rechtsradikal“ ein.

Umfragen sehen 14 bis 15 Prozent Zustimmung

Trotzdem gelang der AfD 2017 erstmals der Einzug in den Bundestag. Mit 12,6 Prozent der Stimmen war sie die stärkste Oppositionspartei gegen die schwarz-rote Koalition. Im Herbst 2021 verlor die AfD bei der Bundestagswahl allerdings wieder 2,3 Prozentpunkte und ist mit nun 10,3 Prozent nur noch zweitgrößte Oppositionskraft hinter CDU und CSU. Derzeit liegt die AfD nach bundesweiten Umfragen irgendwo zwischen 14 und 15 Prozent.

Seit ihrem Einzug in den Bundestag verwehren ihr die übrigen Fraktionen das Amt eines Bundestagsvizepräsidenten – ein bislang einmaliger Vorgang in der Geschichte des hohen Hauses.

Besonders am umstrittenen AfD-Landesvorsitzenden in Thüringen, dem Geschichtslehrer Björn Höcke, entzündet sich die weit überwiegend scharfe Kritik der AfD-Gegner.

Merkel ließ Wahl wegen AfD-Stimmen „rückgängig“ machen

Mit Höcke hängt auch der vorläufige Höhepunkt der Ausgrenzung zusammen: Bei der Wahl des thüringischen Ministerpräsidenten am 5. Februar 2020 war der FDP-Kandidat Thomas Kemmerich nach Taktieren von Höcke mit den Stimmen der AfD regulär zum Ministerpräsidenten gewählt worden. Das war für Bundeskanzlerin Merkel „unverzeihlich“: Sie verlangte noch am selben Tag während ihres Besuchs in Südafrika, dass die Wahl Kemmerichs „rückgängig gemacht“ werden müsse.

Drei Tage später trat Kemmerich angesichts des politmedialen Drucks zurück. Er räumte seinen Posten zugunsten seines linken Amtsvorgängers Bodo Ramelow. Dessen Versprechen, innerhalb eines Jahres eine Neuwahl durchführen zu lassen, wurde nicht gehalten: Ramelow ist nach wie vor im Amt.

Doppelspitze: Weidel und Chrupalla

In der Bundestagsfraktion haben zurzeit der Malermeister Tino Chrupalla und die Finanzexpertin Alice Weidel das Sagen. Die beiden waren auch als Spitzenkandidaten bei der Bundestagswahl 2021 ins Rennen gegangen. Chrupalla war bereits im November 2019 zum zweiten Bundessprecher neben Jörg Meuthen gewählt worden. Als Meuthen die Partei im Januar 2022 verließ, wurde im Juni 2022 Weidel auf den vakanten Posten gewählt. Seitdem vertreten Weidel und Chrupalla als Doppelspitze die Interessen der heute rund 32.000 Mitglieder zählenden Partei und ihrer Wähler.

Zuletzt machten Sie sich vor allem gegen Gewalt durch Migranten und gegen den Corona-Kurs und die Waffenlieferungen an die Ukraine stark.

Die AfD ist in 15 deutschen Landesparlamenten vertreten. Nur in Schleswig-Holstein gelang es ihr 2022 nicht, die Fünf-Prozent-Hürde zu knacken. Im EU-Parlament ist die AfD in der ID-Fraktion (Identität & Demokratie) mit neun Abgeordneten vertreten.

Verfassungsschutz beobachtet

Die AfD und ihre Jugendorganisation Junge Alternative für Deutschland (JA) werden vom Bundesamt für Verfassungsschutz als Beobachtungsobjekt (Verdachtsfall) eingestuft.



Epoch TV
Epoch Vital
Kommentare
Liebe Leser,

vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.

Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.

Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.


Ihre Epoch Times - Redaktion