Weltweite Militärausgaben erneut auf Höchststand: So rivalisieren die großen Strategen

Die weltweiten Militärausgaben erreichten letztes Jahr einen neuen Höchststand von 2,24 Billionen US-Dollar. Europa verzeichnete den stärksten Anstieg der Rüstungsausgaben seit 30 Jahren.
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Auch in Deutschland laufen die Geschäfte der Rüstungsindustrie gut – auch wegen des Leopard-2-Panzers.Foto: über dts Nachrichtenagentur
Von 24. April 2023

Weltweit sind die Militärausgaben im letzten Jahr auf einen neuen Höchststand von 2,24 Billionen US-Dollar gestiegen. Das sind umgerechnet 2,04 Billionen Euro. Inflationsbereinigt ist das ein Anstieg um 3,7 Prozent im Vergleich zu 2021. Das schreibt das Stockholmer Friedensforschungsinstitut SIPRI in seinem „Global Military Expenditure-Rapport“, der am heutigen Montag veröffentlicht wurde.

In Europa stärkster Anstieg seit 30 Jahren

Die Militärausgaben in Europa verzeichnen dabei den stärksten Anstieg seit mindestens 30 Jahren, schreibt das Institut weiter. Weltweit sind die Rüstungsausgaben im achten Jahr in Folge angestiegen. Das schwedische Institut rechnet mit weiter steigenden Ausgaben in den nächsten Jahren. „Wir leben in einer stetig unsicherer gewordenen Welt“, kommentiert der leitende Forscher des SIPRI-Programms, Nan Tian, das Ergebnis. „Die Staaten stocken ihre militärische Stärke als Reaktion auf eine sich verschlechternde Sicherheitslage weiter auf. Und sie rechnen nicht damit, dass diese Situation sich in naher Zukunft verbessern wird“, so Tian weiter.

Die fünf Staaten mit dem größten Militärbudget waren im vergangenen Jahr die USA, China, Russland, Indien und Saudi-Arabien, die zusammen 63 Prozent der weltweiten Rüstungsausgaben zustande brachten.

In Europa habe sich der Angriff Russlands auf die Ukraine ausgewirkt. Hier ist der mit Abstand größte Anstieg der Rüstungsausgaben mit 13 Prozent zu verzeichnen. Laut SIPRI habe es so eine Aufrüstungswelle seit den Zeiten des Kalten Krieges nicht mehr gegeben. Allerdings sieht das Friedensforschungsinstitut die Ursachen für den Anstieg nicht nur im Krieg zwischen Russland und der Ukraine. Es habe schon seit 2014, dem Jahr nach der Annexion der Krim durch Russland, einen Anstieg der Militärausgaben gegeben. Darauf weist in der veröffentlichten Meldung des Instituts der SIPRI-Experte für Militärausgaben und Rüstungsproduktion, Lorenzo Scarazzato, hin. Viele der ehemaligen Ostblockstaaten hätten seither ihre Militärausgaben mehr als verdoppelt.

Polen möchte Europas stärkste Armee werden

So hat gerade erst Polens Verteidigungsminister Mariusz Blaszczak auf einer Wahlveranstaltung in der Stadt Wolomin angekündigt, dass sein Land in den nächsten zwei Jahren die stärkste Armee Europas aufbauen werde, sollte seine Partei „Recht und Gerechtigkeit – PiS“ bei der Parlamentswahl im Herbst bestätigt werden. Die polnische Nachrichtenagentur PAP zitiert den Verteidigungsminister mit den Worten:

Wenn die Wähler, wenn das Volk uns eine weitere Amtszeit geben, dann können wir uns in zwei Jahren wieder hier in Wolomin treffen und dann kann ich Ihnen zeigen, dass die polnische Armee die stärkste Landarmee Europas sein wird.“

Ukraine: Anstieg um 640 Prozent

Mit dem Blick auf die Ukraine haben sich laut SIPRI die Militärausgaben des Landes im vergangenen Jahr auf 44 Milliarden Dollar belaufen. Damit haben sie sich stark den Ausgaben von Deutschland (55,8 Mrd. Dollar) und Frankreich (53,6 Mrd. Dollar) angenähert. Würde man laut SIPRI die Militärhilfe hineinrechnen, die mehr als 20 Staaten der Ukraine geleistet hätten, dann kämen noch einmal rund 30 Milliarden Euro hinzu. Das entspräche nach SIPRI-Schätzungen 2022 mehr als vier Fünftel des Militärbudgets Russlands.

In seiner 57-jährigen Geschichte hat SIPRI noch nie eine höhere Steigerungsrate der Rüstungsausgaben in einem Land errechnet als im letzten Jahr in der Ukraine. So ermittelte das Institut einen Anstieg von 640 Prozent im Vergleich zu 2021. Vergleicht man die Zahlen beispielsweise mit dem Jahr 2013, dann wäre das sogar ein Anstieg um 1.661 Prozent. SIPRI hat sich in diesem Zusammenhang auch die Belastung der Wirtschaft im Zusammenhang mit den Ausgaben angesehen: Der Anteil der Militärausgaben am Bruttoinlandsprodukt der Ukraine schnellte demnach von 3,2 Prozent 2021 auf 34 Prozent im Jahr 2022 hoch.

Auch NATO-Staaten rüsten auf

Die Rüstungsausgaben in Europa sind aber auch durch die NATO-Norderweiterung stark gestiegen. Finnland und Schweden haben ihre Militärausgaben im Jahr 2022 signifikant erhöht, um sich auf ihre Mitgliedschaft vorzubereiten. Finnland erhöhte seine Ausgaben um 36 Prozent und Schweden um 12 Prozent.

Für alle Nato-Mitglieder zusammen berechnete SIPRI die Rüstungsausgaben mit einem Plus von 0,9 Prozent im Vergleich zum Jahr 2021 auf 1.232 Milliarden Dollar. Das sind 55 Prozent der weltweiten Ausgaben. Der größte Anteil fällt hier mit 877 Milliarden Dollar auf die USA.

Chinas Ausgaben steigen im 28. Jahr

Neben Europa ist es der Indopazifik-Raum der zweite geopolitische Spannungspunkt, die sich in den Militärbudgets niedergeschlagen hat. Für die Länder Asiens – ohne den Nahen und Mittleren Osten – und Ozeaniens beliefen sich diese Budgets 2022 auf zusammen 575 Milliarden Dollar, ein Viertel der weltweiten Ausgaben.

75 Prozent der Ausgaben wurden hierbei von China, Indien und Japan geleistet. Chinas Militärausgaben stiegen im 28. Jahr in Folge um diesmal 4,6 Prozent auf 296 Milliarden Dollar. SIPRI schätzt Chinas Militärausgaben auf etwa ein Drittel der US-Ausgaben.

SIPRI-Forscher Xiao Lian beobachtet in Japan einen tiefgreifenden Wandel der Militärpolitik. Die Ausgaben stiegen um 5,9 Prozent auf 46 Milliarden Dollar, was 1,1 Prozent des BIP entspricht. Japan plant eine Erhöhung auf 2 Prozent bis 2027, um auf die Bedrohung durch China, Nordkorea und Russland zu reagieren.

SIPRI erwartet in den nächsten Jahren einen regelrechten Boom bei den Militärausgaben aufgrund der bereits vorgelegten Pläne vieler Länder – einschließlich Deutschland – für die nächsten fünf bis zehn Jahre.



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