Trumps Kandidat für Oberstes Gericht: „Richter sollen Gesetz anwenden, nicht verändern“

Gestern hat US-Präsident Donald Trump die Nominierung von Neil Gorsuch als Höchstem Richter bekannt gegeben. Eine der potenziell folgenreichsten Entscheidungen des neuen US-Präsidenten: Gorsuch steht für eine konservative Verfassungsauslegung.
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Neil Gorsuch und Donald Trump schütteln sich die Hände bei der Nominierung des Richters für den Supreme Court.Foto: Chip Somodevilla/Getty Images
Epoch Times1. Februar 2017

Die Richter am Supreme Court werden auf Lebenszeit ernannt. Das Gericht hat bei vielen politischen und gesellschaftlichen Streitthemen das letzte Wort. Beobachter werten Gorsuch Ernennung nun als Einlösung eines Trump-Wahlversprechens gegenüber den Konservativen, die einen konservativen Höchstrichter haben wollten.

„Ich bin ein Mann des Wortes“, sagte Trump denn auch bei seinem gemeinsamen Auftritt mit dem Richter am Dienstagabend (Ortszeit) im Weißen Haus. Sein Kandidat zeichne sich durch „herausragende juristische Fähigkeiten“ und einen „brillanten Geist“ aus und genieße parteiübergreifende Unterstützung, so Trump laut „Focus“. An der Qualifikation des Bundesberufungsrichters aus dem US-Bundesstaat Colorado besteht keinerlei Zweifel.

Richter sollen Gesetz anwenden – nicht verändern“

Neil Gorsuch steht für eine Verfassungsauslegung, die nah am ursprünglichen Text der Autoren bleibt und hält nichts von der Idee, dass man die Verfassungsauslegung der modernen Zeit anpassen sollte, berichtete die „Welt“.

Er selbst betonte bei der Nominierung seine Unabhängigkeit in dem er sagte, dass Politik zu machen allein dem US-Kongress vorbehalten sei: „Richter sollten das Gesetz anwenden und es nicht verändern.“ Und: „Ein Richter, der jedes von ihm erreichte Resultat mag, ist sehr wahrscheinlich ein schlechter Richter.“

Falls Gorsuch vom Senat als Höchstrichter bestätigt wird, tritt er die Nachfolge des im Februar 2016 verstorbenen Antonin Scalia an. Dieser galt als „Löwe des Rechts“, war aber wegen seiner Heißblütigkeit berüchtigt.

Befürworter sagen nun, dass Gorsuch ähnlich kompetent und scharfsinnig sei und dazu noch umgänglich und bescheiden auftritt.

Neil Gorsuch gilt als konservativer Intellektueller. Er hat eine juristische Karriere hinter sich, die ihn für das Amt geeignet macht. Noch dazu hat er eine weiße Weste und einen klaren Schreibstil, den jeder versteht. Er studierte an der Columbia Universität, im britischen Oxford und in Harvard, wo er mit Barack Obama an der Law School zum gleichen Jahrgang gehörte.

Seine Mutter Anne Gorsuch Burford war Anfang der 80er unter Reagan die erste Administratorin des Umweltschutz-Ausschusses EPA.

Gorsuch gilt als Abtreibungsgegner, obwohl er bisher kein klares Urteil zum Thema fällen musste. Er veröffentlicht 2006 ein ganzes Buch mit dem Titel „Die Zukunft des assistierten Selbstmords und der Euthanasie.“ Darin spricht er sich gegen Sterbehilfe aus. Und er schrieb auch, dass der Supreme Court Abtreibungen nicht legalisiert hätte, wenn das ungeborene Kind juristisch als „Person“ eingestuft worden wäre. Gleichzeitig gilt Gorsuch als ein Befürworter der Todesstrafe. Es wird erwartet, dass er sich sehr für religiöse Freiheit einsetzen wird. Kritiker sehen in ihm einen Freund der Wallstreet.

Demokraten sehen ihn außerhalb des „Mainstreams“

Der Führer der Demokraten im Senat, Chuck Schumer, meldete umgehend „sehr ernsthafte Zweifel“ an, dass sich Gorsuch innerhalb des „juristischen Mainstreams“ bewege. Er habe bei Konflikten von Unternehmern mit Arbeitnehmern wiederholt auf Seite der Arbeitgeber gestanden, so Schumer in einer Mitteilung. Zudem habe er sich feindselig gegenüber Frauenrechten gezeigt. Außerdem unterstellte Schumer, dass Gorsuch Rechtsprechung mit einem ideologischen Ansatz betrachte.

Ähnliche Vorwürfe macht ihm der demokratische Präsidentschaftskandidat Bernie Sanders, der den Juristen via Twitter aufforderte, dieser müsse „seine Feindseligkeit gegenüber Frauenrechten erklären, seine Bevorzugung von Unternehmen gegenüber Arbeitern und seine Opposition zur Reform der Wahlkampffinanzierung.“

Unterstützung bekam Trumps Kandidat von Obamas ehemaliger Bundesanwalt, Neal K. Katyal. Dieser schrieb in der „New York Times“: „Ich habe keinen Zweifel daran, dass Richter Gorsuch, wenn er bestätigt wird, helfen wird, das Vertrauen in die Rechtsstaatlichkeit wieder herzustellen.“

Er habe jahrelang seine juristische Unabhängigkeit bewiesen, so Katyal. Zudem bringe er für das Amt ein Gefühl für Fairness und Anstand mit und ein Temperament, das zum höchsten Gericht der Nation passe, berichtete die „Welt“.

Kampf im Kongress

Tatsächlich hatte Gorsuch vor rund zehn Jahren für seine Ernennung an das Berufungsgericht die einhellige Zustimmung des Senats bekommen, als er von George W. Bush ernannt worden war.

Und hier liegt das Problem, weswegen es noch Ärger geben dürfte: Trumps Vorgänger Barack Obama hätte eigentlich den Höchstrichter nominieren können und schlug dafür im März 2016 Merrick B. Garland vor. Die republikanische Mehrheit im Senat blockierte die Beratung und Abstimmung über die Nominierung bis zum Ende von Obamas Amtszeit. Deshalb werfen die Demokraten den Republikanern vor, sie hätten ihnen ihren Kandidaten „gestohlen“.

Weil die Demokraten bereits Widerstand gegen Gorsuch angekündigt haben, dürfte es nun zu Verzögerungen und Blockaden kommen.

Aktuell stellen die Republikaner im Senat eine Mehrheit von 52 Stimmen. Will Gorsuch Supreme-Court-Richter werden, muss er 60 Stimmen holen – also auch einige demokratische Senatoren von sich überzeugen, berichtet „n-tv“.



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