Syriens Staatschef Assad: ARD verdreht Aussagen nach Exklusiv-Interview

Die ARD hat Syriens Staatschef Assad interviewt – und in einem begleitenden Kurzbeitrag eine seiner Hauptaussagen verdreht, die daraufhin von Nachrichtenagenturen übernommen wurde. Es geht um Syriens Souveränität und dessen Beziehung zu Russland und dem Iran.
Titelbild
Ein Plakat in Damaskus wirbt für Unterstützung für Assad. 27. Feb. 2016.Foto: LOUAI BESHARA / AFP / Getty Images
Epoch Times2. März 2016

Die ARD sendete am 1. März ein Exklusiv-Interview mit Syriens Staatschef Baschar al-Assad. Vier Jahre hat der Sender laut eigener Darstellung gebraucht, um den Termin zu bekommen.

Syriens Staatschef erklärte dem Reporter sehr diplomatisch, dass in seinem Land zahlreiche Söldner und Milizen im Auftrag anderer Staaten agieren, die von diesen ausgerüstet und finanziert würden. Syrien habe es „mit mehr als 100 Gruppierungen von Terroristen und mit so vielen weiteren Ländern zu tun“, von denen sie unterstützt werden, so Assad. Er nannte explizit Saudi-Arabien, Katar und „den Westen“ als Kräfte, die seine Regierung absetzen und Syrien umgestalten wollten. Auch sprach er von den "anderen Ländern, die die Terroristen betreuen“.

„Viele Flugzeuge der Amerikaner und ihrer Alliierten (…) verletzen unseren Luftraum.“ Hier könne „man nicht von vollständiger Souveränität sprechen“, so der Politiker, auf die Frage, ob Syrien noch souverän sei.

Die Tagesschau sendete nach dem Interview einen Kurzbeitrag, in dem Interviewer Thomas Aders behauptete, Assad habe ihm gegenüber „zugegeben“ dass die „Souveränität Syriens, mittlerweile nicht mehr vollständig sei, eben durch die Hilfe, durch die Waffenhilfe von Russland, vom Iran und von der libanesischen Hisbollah.“ Diese Interpretation wurde dann von der DPA übernommen.

Auch arbeitete der ARD-Reporter die Aussage heraus: „Ihm geht es darum, dass das System überlebt, das System seines Regimes. Und er wird alles dafür tun, dass das so weitergeht. Er wird jeden Terroristen bekämpfen, das hat er ganz klipp und klar gesagt."

Assad hatte im Interview gesagt: „Mein politisches Schicksal hat nur mit dem Willen des syrischen Volkes zu tun“. Und: „Wenn das syrische Volk will, dass ich diesen Platz räume, dann habe ich das sofort und ohne Zögern zu tun.“ Auf Rufe aus dem Ausland nach seiner Absetzung reagiere er deshalb nicht. 

Man kann das sehr komplexe Interview im Wortlaut auf deutsch auf der Website der ARD und auf englisch bei der syrischen Regierung nachlesen. Assad äußerte sich auch zu möglichen Neuwahlen, einer möglichen neuen syrischen Verfassung und zur Terrormiliz „Islamischer Staat“, die laut ihm eine internationale Bedrohung darstellt. Den Vorwurf, Krieg gegen die eigene Bevölkerung zu führen und Krankehäuser zu bombardieren, weist er zurück.

Das sagte Assad im Wortlaut

Die fragliche Stelle zur Souveränität:

Reporter: „Herr Präsident, können Sie sagen, dass Syrien nach wie vor ein souveräner Staat ist, oder wird Ihre Politik bereits in Teheran bzw. im Kreml gemacht?“

Darauf Assad wörtlich:

„Der Begriff Souveränität ist relativ und verhältnismäßig. Vor der Krise hielt Israel unser Land besetzt, und wir betrachteten unsere Souveränität so lange nicht als vollständig, wie wir unser Land nicht zurückhatten. Und jetzt überschreiten während der Krise zahlreiche Terroristen unsere Grenze, und viele Flugzeuge der Amerikaner und ihrer Alliierten (was man dort als Allianz bezeichnet) verletzen unseren Luftraum. Auch hier kann man nicht von vollständiger Souveränität sprechen. Gleichzeitig ist man allerdings nach wie vor souverän, wenngleich nicht im vollen Umfang des Begriffs, wenn man eine Verfassung hat, wenn die Institutionen funktionieren und wenn der Staat mit seiner Arbeit ein Minimum für das syrische Volk leistet und wenn schließlich das syrische Volk sich keiner anderen Macht zu unterwerfen hat, was sicher das Wichtigste von allem ist.“

Zur Flüchtlingskrise und Rolle Deutschlands

Der ARD-Reporter fragte Assad auch zur Flüchtlingskrise: „Schätzt die syrische Regierung die Rolle Deutschlands, das so viele Syrer aufnimmt?“ fragte Aders.

Assad antwortete: „Aus humanitärer Sicht natürlich. Wie könnten wir es nicht gut finden, wenn Flüchtlinge aufgenommen werden, die ihr Land auf Grund der herrschenden Not verlassen? Aber wäre es nicht noch humanitärer, diesen Menschen ein Verbleiben in ihrem Land zu ermöglichen? Denn wen immer Sie auch fragen mögen, Sie werden hören, dass alle zurück möchten in ihr Land. Also wäre es doch weniger kostspielig, eine klügere und vorsichtigere Politik im Hinblick auf den Syrienkonflikt anzunehmen oder zu verfolgen, damit diese Menschen weiterhin in ihrem Land leben können. Dazu sollte man gegen den Terrorismus angehen und sich für Stabilität einsetzen und sich nicht in Angelegenheiten des Landes einmischen. Das wäre aus humanitärer Sicht besser.“

Deutschland spiele mit der stärksten Wirtschaft vermutlich in der EU „nicht nur wirtschaftlich sondern auch politisch die führende Rolle“, so Assad. Bei der Beilegung des Syrienkonfliktes sehe er „eine solche Rolle allerdings noch nicht, da dies den entsprechenden Willen voraussetzt und der Wille mit Unabhängigkeit zu tun hat.“

(rf)

Quelle: http://www.tagesschau.de/ausland/assad-interview-101.html



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