SEK-Informant: „Berlin ist voll mit IS-Menschen, aber keiner sieht sie“
Die Debatte um ein mögliches Versagen der Sicherheitsbehörden im Fall Anis Amri hat jetzt auch den Verfassungsschutz erreicht. Überprüft man den Werdegang Amris in Deutschland, ist das Agieren des Verfassungsschutzes und seiner V-Leute im Fall des mutmaßlichen Attentäters zum Teil nur schwer nachvollziehbar.
Das Gefahrenpotenzial, das von dem tunesischen Dschihadisten ausgegangen war, wurde offenbar auf grob fahrlässige Weise unterschätzt, meint „RT“.
Wie unter anderen „n-tv“ berichtet, wurde sein Fall zwischen Februar und November 2016 mindestens sieben Mal im Gemeinsamen Terrorismus-Abwehrzentrum (GTAZ) in Berlin besprochen. In internen Behördenunterlagen, die nur fünf Tage vor der Tat entstanden sein sollen, wird Amris Werdegang beschrieben.
Demnach suchte er bereits im Februar Kontakt zum IS und soll sich als Selbstmordattentäter angeboten haben, im Internet habe er nach Anleitungen für den Bau von Rohrbomben und die Herstellung von Sprengstoffen wie TNT gesucht. Dabei soll man im GTAZ mindestens zwei Mal die Frage diskutiert haben, ob Amri einen konkreten Anschlag in Deutschland plane. Es wurde beide Male als unwahrscheinlich eingestuft.
Wie RT auch berichtet, soll Amris Überwachung schon im September 2016 eingestellt worden sein. Dem Generalstaatsanwaltschaft zufolge hätten die Vorwürfe gegen ihn „keine Hinweise“ erbracht, um “ den ursprünglichen Vorwurf zu verifizieren oder diesen oder einen anderen staatsschutzrelevanten Tatvorwurf zu erhärten“, weshalb es für deren Verlängerung auch keine Grundlage mehr gegeben habe.
Der Weg von Anis Amri in Europa
Europäischen Boden hat Amri zuallererst 2011 in Italien im Zuge des „Arabischen Frühlings“ betreten. Vier Jahre sitzt er in Palermo im Gefängnis wegen Schlägereien und Brandstiftung.
Eine Abschiebung nach Tunesien scheiterte vorher in Italien an der Weigerung seines Heimatlandes, ihn zurückzunehmen, weshalb die Behörden ihn unter der Auflage, Italien zu verlassen, aus der Abschiebehaft entließen. Amri kam dieser Aufforderung nach und stellte in Deutschland unter falschen Angaben zu seiner Identität einen Asylantrag. In Deutschland suchte Amri dann gezielt nach Kontakten in der Islamisten-Szene.
Bereits kurz nach seiner Einreise in 2015 sollen deutsche Sicherheitsbehörden mithilfe ihrer V-Mann-Strukturen auf die radikal-islamistischen Neigungen des Neuankömmlings aufmerksam geworden sein.
Ein Informant des nordrheinwestfälischen LKA soll seine Partner in der Behörde bereits über Amri informiert haben, er soll einen starken Drang zur aktiven Ausübung des „Heiligen Krieges“ gezeigt haben. Medienberichten zufolge, soll er an einem Training für potentielle Syrien-Kämpfer teilgenommen und mehrfach über mögliche Attentate gesprochen haben, so RT.
In NRW knüpft Amri schnell Kontakt in die radikal-salafistische Szene rund um den bekannten Prediger Abu Wallaa. In diesem Netzwerk wurde auch Amri aktiv und war deshalb den Behörden seit Jahren bekannt. Nach Recherchen von „Report München“ sind genau in diesem Netzwerk zwei V-Männer aktiv. Nach einem Aktenvermerk des Düsseldorfer LKA zufolge habe bereits Ende 2015 eine „Vertrauensperson“ Kontakt zu ihm hergestellt und erfahren, dass Amri mittels Kriegswaffen Anschläge in Deutschland begehen wolle.
Später reist Amri mit einem geheimen Informanten des Verfassungsschutzes von Dortmund nach Berlin. Dabei machte er Angaben, „dass sein Auftrag sei, im Sinne von Allah zu töten; „die bringen Muslime um, also muss er die umbringen“, zitiert der „ARD-Brennpunkt“ aus dem Aktenvermerk. In Berlin besucht Amri die als extremistisch geltende Fussilet Moschee und wird durch die Berliner Polizei observiert.
Im März 2016 beginnen die Sicherheitsbehörden Amris Kommunikation zu überwachen und ihn als „islamistischen Gefährder“ verdeckt zu observieren. Das LKA in NRW ermittelte indes gegen ihn wegen des Verdachts der „Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat“. Im Juni erging gegen ihn der erste Abschiebebescheid, zu dieser Zeit fiel Amri auch wegen Drogenverkaufs und Messerstechereien auf. Im September stellten die Behörden die Observierungsmaßnahmen gegen Anis Amri laut „RT“ wieder ein.
Noch am Tag vor dem Terror soll laut dem Kölner „Express“ eine Warnung eines Berliner SEK-Informanten eingegangen sein. Der Verfassungsschutz hätte allerdings erklärt: „Gegenwärtig stellen wir in Berlin keine IS-Strukturen fest.“ Youssefs (Name geändert) Warnung endete mit den Worten: „Sie hatten Zeit, um sich vorzubereiten. Aber sie haben nur Papiere ausgefüllt. Wenn etwas passiert, kann keiner sagen: „Wir haben es nicht gewusst.“ Und weiter: „Berlin ist voll mit IS-Menschen, aber keiner sieht sie.“
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