NATO-Stoltenberg: Kampf gegen Covid-19 darf nicht zur Vernachlässigung anderer Bedrohungen führen
In einem Videointerview mit dem Portal „Euractiv“ hat sich NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg zu aktuellen Fragen rund um die Corona-Krise und deren potenzielle Auswirkungen auf die internationale Sicherheitsstruktur geäußert. Dabei machte der seit 2016 amtierende oberste Funktionsträger des Militärbündnisses deutlich, dass der Kampf gegen COVID-19 nicht zu einer Vernachlässigung anderer Bedrohungen und Herausforderungen führen dürfe, mit denen die Bündnispartner konfrontiert seien.
NATO und EU arbeiteten eng zur Bekämpfung der Corona-Krise zusammen, betont Stoltenberg, sie ergänzten einander. Deshalb kündigte er auch eine weitere Videokonferenz an, an der Josep Borrell, der EU-Außenbeauftragte, teilnehmen werde. Es gebe eine enge Kooperation auf allen Leitungsebenen.
Stoltenberg: NATO-Infrastruktur auch für zivilen Einsatz gut nutzbar
Die NATO sei ursprünglich darauf ausgerichtet gewesen, sich auf militärische und später auch terroristische Bedrohungen vorzubereiten. Mittlerweile sei auch die zivile Komponente in den Mittelpunkt des Interesses gerückt:
Was wir jetzt sehen, ist, dass diese Fähigkeiten auch sehr nützlich sind, um die zivilen Bemühungen bei der Bekämpfung einer Gesundheitskrise, der Coronavirus-Krise, zu unterstützen.“
Es sei klar geworden, wie die NATO ihre Kommandostruktur und verschiedene Mechanismen nutzen könne, um beispielsweise Schutzanzüge oder medizinische Ausrüstung nach Europa zu transportieren – und so den Bündnispartnern bei der Bewältigung der Krise zu helfen. Auch zur Versorgung und zum Transport von Infizierten in Krankenhäuser habe sich die Infrastruktur des Bündnisses bewähren können.
Außenpolitik-Redakteurin Alexandra Brzozowski, die das Gespräch führte, sprach Stoltenberg auch auf die Maskendiplomatie an, mit der Chinas KP-Regime derzeit versucht, sich als verlässlicher Partner im Kampf gegen das von Wuhan aus verbreitete neuartige Coronavirus zu inszenieren.
„Beste Antwort auf Desinformation sind Fakten“
Daneben hatte auch die Russische Föderation Personal und medizinisches Gerät in besonders stark betroffene NATO-Mitgliedsländer wie Italien geschickt. „Wir müssen jeden Versuch ernst nehmen, diese Gesundheitskrise zu nutzen, um falsche Darstellungen, Desinformation und Propaganda zu vertreiben“, mahnte Stoltenberg.
Die beste Antwort darauf, fügt er hinzu, „ist Wahrheit, sind Fakten“. Deshalb sei man aufseiten der NATO transparent und liefere „Fakten über das, was wir als NATO-Verbündete tun“. Zudem seien eine „freie, unabhängige Presse“ und „Journalisten, die schwierige und unbequeme Fragen stellen“ die beste Antwort auf Desinformation. Die Kernaufgabe des Bündnisses, so Stoltenberg, bestehe darin, „eben jene demokratischen Werte zu schützen, die einer freien Presse die Arbeit ermöglichen“.
Bestehende Missionen und Operationen bleiben aufrecht
Zuletzt machte Stoltenberg noch deutlich, dass es weiterhin jene Gefahren gebe, die bereits vor der Corona-Krise bestanden hätten und die durch diese derzeit in den Schatten gestellt würden – er nennt in diesem Zusammenhang die Bedrohung durch den Terrorismus, Instabilität im Nahen Osten und in Afrika oder Cyber-Bedrohungen.
Ein Problem sei aber auch ein sich verschiebendes globales Kräftegleichgewicht in Richtung China und einer handlungsfähigeren Russischen Föderation, die in Georgien und der Ukraine „weiterhin für eine Verletzung der Souveränität zweier europäischer Nationen“ verantwortlich sei.
Es gelte für das Bündnis jetzt, parallel zum Engagement bei der Bekämpfung von COVID-19 auch die eigene Einsatzbereitschaft aufrechtzuerhalten – und damit auch die bestehenden Missionen und Operationen im östlichen Teil des Bündnisses und im Baltikum. Auch Afghanistan und das Kosovo blieben im Fokus.
„Investitionen in das Militär helfen auch zivilen Anliegen“
Auf die Frage, ob die NATO unter dem Eindruck der zu erwartenden Rezession infolge der Pandemie bereit sei, das Zwei-Prozent-Ziel bezüglich der Verteidigungsausgaben zu überdenken, erklärte Stoltenberg, dass Leben zu retten derzeit das primäre Ziel sei. Allfällige Überlegungen über bündnispolitische Fragen, die darüber hinaus gingen, sollten erst stattfinden, wenn die Krise vorbei sei und ihre Folgen absehbar.
Allerdings seien, wie die Situation zeige, „Investitionen in das Militär nicht nur relevant, um auf eine militärische Bedrohung zu reagieren“. Sie böten auch „der Zivilgesellschaft mehr Fähigkeiten, die in Krisen wie diesen genützt werden können“.
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