Nato-Staaten verabschieden trotz Streits gemeinsame Abschlusserklärung
Trotz vieler Differenzen haben sich die Nato-Staaten bei ihrem Gipfel in Großbritannien am Mittwoch auf eine gemeinsame Abschlusserklärung geeinigt. Darin erneuern die Verbündeten ihre gegenseitige Beistandsverpflichtung und heben auch die Bedeutung der „transatlantischen Bindung zwischen Europa und Nordamerika“ hervor. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und US-Präsident Donald Trump werteten das Treffen als Erfolg.
In der Londoner Erklärung erkennen die Nato-Partner erstmals auch die „Herausforderungen“ durch das stärker werdende China an, ohne dies aber als Bedrohung einzustufen.
Die Allianz sei „mit unterschiedlichen Bedrohungen und Herausforderungen konfrontiert“, heißt es in dem Text. Genannt werden explizit „die aggressiven Aktionen Russlands“ und „der Terrorismus in all seinen Formen“. Mit Russland soll der Dialog aber fortgeführt werden.
Ausgabenhöhe – Vereinbarungen nicht erfüllt
Bei dem internen Streitpunkt Verteidigungsausgaben, bei dem vor allem die USA die Verbündeten zu einem stärkeren Anteil drängen, bekennen sich die Staaten zum Prinzip der Lastenteilung und sehen „gute Fortschritte“. Trump hatte wiederholt insbesondere Deutschland wegen aus seiner Sicht zu niedriger Verteidigungsausgaben kritisiert.
Deutschland kommt nach Nato-Daten 2019 auf 1,38 Prozent. Ziel der Bundesregierung ist es, bis zum Jahr 2024 1,5 Prozent zu erreichen. Trump verlangt, dass alle Nato-Mitglieder bis zum Jahr 2024 „mindestens zwei Prozent“ der Wirtschaftsleistung für Verteidigung ausgeben.
Bei einem Vieraugengespräch mit Merkel brachte Trump seine Kritik am Mittwoch vergleichsweise zurückhaltend vor. Die Deutschen seien bei den Verteidigungsausgaben „ein bisschen unterhalb der Grenze“, sagte der US-Präsident. Er bezeichnete den Nato-Gipfel als „großen Erfolg“. Auch die Kanzlerin betonte: „Das war ein sehr erfolgreiches Treffen.“
Macrons Kritik
Der Gipfel zum 70. Gründungsjahr der Nato hatte am Dienstagabend mit einem Empfang bei der britischen Königin Elizabeth II. begonnen. Belastet war das Treffen von Anfang an unter anderem durch die scharfe Kritik von Frankreichs Präsident Emmanuel Macron, der dem Bündnis wegen fehlender Abstimmung zwischen den USA und der Türkei auf der einen Seite und den Europäern auf der anderen Seite den „Hirntod“ attestiert hatte.
Hintergrund seiner Kritik war der unabgestimmte Abzug der US-Truppen aus Nordsyrien mit dem darauf folgenden, heftig kritisierten Einmarsch der türkischen Armee in der kurdischen Region.
Am Mittwoch verteidigte Macron seine Aussagen. Es sei für ihn wichtig gewesen, auf „Unklarheiten“ hinzuweisen, „die schädlich sein könnten“, sagte der französische Staatschef. Es sei nötig, „eine echte strategische Debatte zu führen“. Er sei froh, dass diese nun begonnen habe.
Mehr Koordination angestrebt
Laut der Londoner Erklärung soll das Vorgehen der Nato-Partner künftig besser koordiniert werden: Ein „zukunftsorientierter Reflexionsprozess“ in der Nato soll eingeleitet werden, um die „politische Dimension“ des Bündnisses zu stärken, wie es in der Londoner Erklärung heißt.
Trump hatte am Dienstag empört auf Macrons Äußerungen reagiert und diese als „sehr respektlos“ und „sehr beleidigend“ für die Bündnispartner bezeichnet. Am Mittwoch kam der US-Präsident am Rande des Nato-Gipfels mit seinem türkischen Kollegen Recep Tayyip Erdogan zu einem bilateralen Gespräch zusammen. Das Treffen sei „sehr produktiv“ verlaufen, teilte ein Sprecher des türkischen Präsidialamts mit.
Derweil zog sich Kanadas Premierminister Justin Trudeau den Zorn des US-Präsidenten zu. Trudeau sei „doppelzüngig“, sagte Trump am Mittwoch. Er reagierte damit auf eine von Kameras festgehaltene Szene vom Vorabend: Trudeau hatte sich dabei zusammen mit den Staats- und Regierungschefs von Frankreich, Großbritannien und den Niederlanden über Trumps längliche Presseauftritte lustig gemacht.
Der US-Präsident sagte nun, Trudeau sei nur unzufrieden gewesen, weil er ihn auf unzureichende Verteidigungsausgaben angesprochen habe. Zugleich deutete der Präsident aber auch an, dass er eine weitere, für den Abschluss angekündigte Pressekonferenz seinerseits ausfallen lassen könnte: „Ich glaube, wir haben schon viele Pressekonferenzen abgehalten.“ (afp)
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