Brutale Polizeieinsätze bei Protesten im Irak: 1.000 Verletzte und 26 Tote

Korruption und hohe Arbeitslosigkeit trieben im Irak die Menschen auf die Straßen. Die Polizei beendete die Proteste mit Waffengewalt und Tränengas, 19 Menschen kamen ums Leben. Um die Situation unter Kontrolle zu bekommen, verhängte die Regierung in Bagdad eine Ausgangssperre.
Titelbild
19 Menschen sind nach heftigen Anti-Korruptionsproteste im Irak getötet worden. Nun hat die irakische Regierung eine Ausgangssperre verhängt, um der Lage im Land Herr zu werden. Bagdad 2. Oktober 2019.Foto: AHMAD AL-RUBAYE/AFP via Getty Images
Epoch Times3. Oktober 2019

Newsticker

Update 03.10.2019, 20.15 Uhr

Landesweit wurden mindestens 26 Demonstranten und zwei Polizisten getötet. Zudem wurden mehr als tausend Menschen verletzt.

Die Behörden verhängten in der Nacht eine Ausgangssperre für Bagdad und mehrere Städte im mehrheitlich schiitischen Südirak. Der sunnitische Norden ist bisher nicht von den Protesten erfasst. In weiten Teilen des Landes ist das Internet unterbrochen, über das die Aufrufe zu den Protesten verbreitet worden waren. Der Ausfall des Internets erschwerte den Demonstranten die Koordination und den Austausch von Informationen.

In der Hauptstadt Bagdad feuerte die Polizei in die Luft, um dutzende Demonstranten auf dem zentralen Tahrir-Platz zu vertreiben, wie ein AFP-Reporter berichtete. „Wir haben hier geschlafen, damit die Polizei den Platz nicht einnimmt“, sagte ein Demonstrant, bevor er von der Polizei in eine Seitenstraße abgedrängt wurde. „Wir werden weitermachen, bis die Regierung stürzt“, sagte ein anderer Demonstrant.

Die UN-Sondergesandte für den Irak, Jeanine Hennis-Plasschaert, traf einige der Demonstranten und rief anschließend zu einem „direkten Dialog“ mit der Regierung auf. „Die Fähigkeit, das Demonstrationsrecht zu bewahren, ist ein Zeichen politischer und demokratischer Reife“, sagte sie. Der Einsatz von Gewalt schüre nur die Wut. „Es braucht dringend Deeskalation.“

Auch die EU rief zu Zurückhaltung auf. Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International beklagte den brutalen Einsatz der Polizei, die von Militärfahrzeugen aus mit automatischen Waffen auf Demonstranten schoss.

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Update 03.10.2019, 14.25 Uhr

Trotz der Verhängung einer Ausgangssperre in mehreren irakischen Städten halten die gewaltsamen Proteste dort weiter an: Bei neuen Zusammenstößen im Süden des Irak wurden am Donnerstag fünf weitere Demonstranten erschossen, womit die Opferzahl auf 19 stieg. Die seit drei Tagen anhaltenden Demonstrationen richten sich gegen die verbreitete Korruption, die chronischen Stromausfälle und die hohe Arbeitslosigkeit. (afp)

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Angesichts der heftigen Proteste im Irak hat Regierungschef Adel Abdel Mahdi eine Ausgangssperre in der Hauptstadt Bagdad verhängt. Die Ausgangssperre für „Fahrzeuge und Menschen“ trete am frühen Donnerstagmorgen in Kraft und gelte bis auf Weiteres, erklärte die Regierung in der Nacht.

Ausgenommen seien lediglich Mitarbeiter von Rettungsdiensten sowie Reisende auf dem Weg zum Flughafen. In der Nacht wurde die stark gesicherte Grüne Zone von mehreren Explosionen erschüttert.

Zuvor waren irakische Sicherheitskräfte in der Hauptstadt Bagdad erneut mit Gewalt gegen Proteste vorgegangen und haben mindestens 9 Menschen getötet und über 200 weitere verletzt.

Ein Demonstrant hält Patronenhülsen in der Hand. Die irakische Polizei tötete bei den Anti-Korruptionsprotesten im Land 9 Menschen. 2. Oktober 2019, Bagdad. Foto: AHMAD AL-RUBAYE/AFP via Getty Images

Polizisten setzten Waffen und Tränengas gegen Demonstranten ein

In mehreren Teilen der Stadt, aber auch in anderen Provinzen des Landes, hatte erneut Tausende gegen Korruption und politischen Stillstand demonstriert. Demnach versuchten Sicherheitskräfte mit Tränengas und Schüssen in die Luft, die Proteste aufzulösen. Auf Bildern des TV-Senders Al-Sharqiya war zu sehen, wie Demonstranten eine Straße sperrten und Reifen anzündeten.

Der Anti-Korruptionsprotest in Bagdad eskalierte, nachdem die Polizei anfing, gewalttätig gegen die Demonstranten vorzugehen. 2. Oktober 2019. Foto: AHMAD AL-RUBAYE/AFP via Getty Images

Demonstranten stürmten in fünf Provinzen des Landes laut Augenzeugen einige Gebäude und legten Feuer. In den Provinzen Nasirija und Dhi Kar wurde ab 20.00 Uhr geltende Ausgangssperre verhängt.

In Bagdad erreichten die Protestler trotz einer anfänglichen Blockade durch Sicherheitskräfte den zentralen Tahrir-Platz, weitere versammelten sich später am Flughafen. In der sogenannten Grünen Zone, in der neben irakischen Regierungsgebäuden auch mehrere Botschaften liegen, waren verstärkt Sicherheitskräfte im Einsatz.

In der Nacht zum Donnerstag wurden aus der Grünen Zone mindestens zwei Explosionen gemeldet. Der Sender Al-Arabiya sprach von Raketenangriffen, ohne weitere Details zu nennen.

Ein Demonstrant wäscht seine Augen nach dem Tränengaseinsatz der Polizei. 2. Oktober 2019, Bagdad. Foto: AHMAD AL-RUBAYE / AFP) (Photo by AHMAD AL-RUBAYE/AFP via Getty Images

Trotz Ölreichtum: Energiemangel und Arbeitslosigkeit sorgen für Frust in der Bevölkerung

Im Irak herrscht in der Bevölkerung unter anderem wegen der schlechten Infrastruktur und Arbeitslosigkeit großer Frust. So gehört das Land zu den größten Ölproduzenten der Welt, leidet aber unter einem Energiemangel. Viele Gebiete sind nach dem Kampf gegen die Terrororganisation Islamischer Staat (IS) noch immer zerstört.

Schon am Dienstag waren in Bagdad und in anderen Städten des Landes Proteste gegen die politische Führung des Landes ausgebrochen, gegen die die Sicherheitskräfte mit Gewalt vorgingen.

Die Regierung ordnete eine Untersuchung an. Ministerpräsident Mahdi, der sein Amt vergangenen Oktober angetreten hatte, rief zur Ruhe auf.

Die irakische Regierung ist seit Jahren immer wieder mit Protesten gegen die verbreitete Korruption und die chronischen Engpässe bei der Strom- und Wasserversorgung konfrontiert.

Die Vereinten Nationen und die US-Botschaft in Bagdad zeigten sich angesichts der Gewalt besorgt und riefen zur Zurückhaltung auf. Jeder habe das Recht, frei zu sprechen, erklärte die UN-Gesandte im Irak, Jeanine Hennis-Plasschaert. (afp/dpa)



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